0775 - Lady Luzifer
Buchstaben durcheinander, ohne daß sie es schafften, sich zu finden.
Sie bekam ihren Atem unter Kontrolle. Sie mußte es einfach tun, sie durfte jetzt nicht den Überblick verlieren. Rational kam sie zu keinem Ergebnis. Wenn es überhaupt eine Erklärung gab, dann, so sagte sie sich, ist der Computer beeinflußt worden.
Von wem?
Jane beugte sich vor, um besser sehen zu können. Noch immer wirbelten die Zahlen und Buchstaben durcheinander, als sollte die Betrachterin verhöhnt werden. Manchmal zuckten Blitze auf, die wie kleine Kometen schweife wirkten und den Monitor von verschiedenen Seiten her in mehrere Stücke aufteilten.
Mit beiden Händen umklammerte sie die Stuhllehnen. Sie war erregt, sie rechnete mit einer Botschaft, doch die blieb aus. Plötzlich war der Bildschirm dunkel. All die Bewegungen waren von einer Sekunde zur anderen in einen tiefen Schacht gefallen, und die Finsternis drückte sich über das Viereck hinweg.
Es war vorbei?
War es das wirklich? Vor ihren Augen flimmerte es noch immer, wenn Jane sie schloß. Sie hatte das Gefühl, von mehreren Seiten umklammert zu sein. Die Luft wurde ihr knapp.
Dann stand sie auf.
Das Zimmer hier oben zeigte keine Verfremdung mehr. Alles sah so normal aus, aber das Fremde steckte jetzt in ihr, denn dieser Vorgang war für Jane mehr als unheimlich gewesen. Er hatte etwas zu bedeuten. Da hatte ihr jemand etwas mitteilen wollen, ohne jedoch richtig durchgekommen zu sein.
Was hatte sich hier abgespielt? Von wem wurde sie manipuliert? Hing es doch mit Deborah Taft zusammen?
Hatte sich Jane mit ihr freiwillig ein Kuckucksei ins Nest gelegt?
Das wollte sie nicht hoffen, gleichzeitig war sie nicht bereit, es abzustreiten.
Mit diesen Gedanken ging sie zur Tür, um den Dachraum zu verlassen. Sie hatte die Schwelle kaum überschritten, als sie wieder stehenblieb, denn da hörte sie die Geräusche.
Ihr Körper zog sich zusammen, denn die von irgendwoher stammenden Laute waren unheimlich und obszön. Sie vernahm ein schwülstiges Stöhnen ebenso wie leise Schreie der Ekstase. Dazwischen hörte sie das heftige Atmen, auch ein leises, aber schrill klingendes Kichern oder ein Schmatzen und Hecheln.
Das alles stimmte, es entsprach den Tatsachen, nur gelang es ihr nicht, herauszufinden, woher die Laute kamen. Sie waren einfach da und schienen aus den Wänden zu fließen, um sie zu umhüllen wie ein akustischer Mantel.
Und das in ihrem Haus!
Fremde und böse Kräfte waren eingedrungen und hatten von ihm Besitz ergriffen. Jane fühlte sich bedroht, die Geräusche waren schlimm, sie zeigten ihr an, daß nicht sie die Herrin war, sondern…
Deborah!
Es blieb nur diese Frau. Obwohl Jane keinen Beweis hatte, glaubte sie daran, daß es die Taft war, die sich dafür verantwortlich zeigte. Sie mußte irgendwo herumgeistern und die Geräusche produzieren oder zumindest etwas damit zu tun haben.
Jane Collins war keine ängstliche Frau, auch wenn sie jetzt die Furcht spürte, die in ihr hochstieg.
Sie ging den Dingen immer auf den Grund, und das sollte sich auch jetzt nicht ändern. Wenn Deborah etwas damit zu tun hatte, wollte sie die Frau fragen, wollte sich ihr stellen und Antworten haben.
Deshalb lief sie die Treppe hinab und beeilte sich sogar. Ihre Handfläche rutschte über das Geländer. Sie wollte sich festhalten und hatte plötzlich den Eindruck, das Holz wäre weich geworden. Sie blieb hinter der Treppe stehen, um ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen.
Die Geräusche waren noch da, aber sie hatten sich verändert zu einem Winseln und Wimmern. Jane kam es vor, als würden kleine Kinder gequält und gefoltert.
Woher kamen die Laute?
Hinter Deborahs Tür war es ruhig, aber das hatte nichts zu bedeuten. Sie wollte und mußte sich ein eigenes Bild machen und legte zunächst das Ohr gegen das Holz.
Nichts - Stille.
Auch keine Atemzüge. Es war ruhiger geworden, das Wimmern hatte sich zurückgezogen. Es schien wieder in die Wände des Hauses hineingeflossen zu sein.
Jane bewegte die Klinke vorsichtig nach unten. Sie wollte sich auf keinen Fall zu schnell erwischen lassen, und ebenso behutsam öffnete sie die Tür spaltbreit.
Sie schaute hinein.
Zuerst merkte sie die Stille. Oder auch die Ruhe eines Schlafenden, denn Deborah lag im Gästebett.
Sie hatte sich auf die Seite gedreht, der Umriß des nackten Körpers zeichnete sich schwach ab, weil durch das zur Straße führende Fenster das Licht einer Straßenlaterne in den Raum hineinglitt.
Keine Gefahr! Kein
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