0775 - Lady Luzifer
Schreien, Stöhnen, Wimmern oder Winseln. Deborah Taft schlief, als hätte sie ein gutes Gewissen.
Jane kam sich etwas lächerlich vor, als sie darüber nachdachte, wie sehr sie die Frau verdächtigt hatte. Davon war nichts eingetroffen, alles war ein Schuß in den Ofen gewesen.
Sie schlich trotzdem in das Gästezimmer hinein, hütete sich davor, das Licht einzuschalten und schaute sich in dieser grauen nächtlichen Dämmerung um, ob sie nicht doch einen Hinweis entdecken konnte.
Das war nicht der Fall.
Jane verließ den Raum wieder, schloß die Tür, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und dachte darüber nach, daß sie sich die verdammten Geräusche nicht eingebildet hatte. Die waren vorhanden gewesen, daran gab es keinen Zweifel.
Sie schüttelte den Kopf. Es war müßig, nach einer Erklärung zu suchen, sie mußte die Veränderung zunächst hinnehmen, aber sie würde nachforschen, das stand fest.
Mit diesem Vorsatz ging sie wieder zurück in ihre kleine Wohnung. Sie konnte auf der Etage bleiben und würde eine erneute Unruhe schnell mitbekommen.
Schlafen? Es war beinahe ein Uhr am Morgen, schon längst Zeit für einen Menschen mit normalem Lebensrhythmus, aber Jane wußte, daß sie nicht einschlafen konnte. Es war in der letzten Zeit Unheimliches passiert, und das Gefühl, in einer Falle zu stecken, wollte einfach nicht von ihr weichen.
Das Haus lebte. Die Wände strahlten nicht mehr die Ruhe und Sicherheit aus wie sonst. Etwas Fremdes, nicht Erklärbares war zu ihr gekommen, ohne Warnung, schleichend, ein kaltes böses Etwas mit tausend Armen.
Ihr fielen die Augen zu. Es war nur ein leichter Schlaf, durchdrungen von schweren Träumen, die sie beunruhigten. So manches Mal warf sie sich von einer Seite auf die andere, die Unruhe nahm zu, die Detektivin stöhnte auch auf - und schreckte irgendwann hoch.
Sofort war sie hellwach!
Jane saß im Bett, umgeben von einem Eisblock, doch es war nur die Gänsehaut auf ihrem Körper.
Sie drehte mühsam den Kopf, um auf die Uhr schauen zu können.
Genau vier Uhr!
Eine Zeit, wo die meisten Menschen schliefen. Aber was hatte sie geweckt?
Jane wußte es nicht. Sie lauschte in die Stille hinein, die ihr so drückend vorkam, und sie sehnte sich förmlich nach einem Geräusch. Auch wenn es nur die Stimme ihres Gastes war.
Sie hörte nichts!
Finsternis wie zäher Schlamm - weich und fließend, bestehend aus unzähligen Armen, die sie umfaßten und an allen möglichen und unmöglichen Stellen des Körpers in die Höhe glitten, um alles auszuprobieren. Das Luftholen fiel ihr schwer, sie gierte nach dem Sauerstoff, doch er erfrischte sie nicht.
Der Knall!
Sie zuckte zusammen. Die Haare wollten sich querstellen. Ihre Augen weiteten sich noch mehr.
Stille.
Und die blieb auch. Jane traute sich nicht, das Bett zu verlassen. Statt dessen lehnte sie den Oberkörper zurück und ließ sich wieder in das Kissen fallen.
Eine unheimliche, eine rätselhafte Nacht. Etwas kratzte gegen ihr Fenster, sie drehte erschreckt den Kopf. Dunkle, dünne Totenarme winkten ihr zu. Dabei waren es nur die Zweige der nahestehenden Bäume, die der Wind geschüttelt und bis gegen ihr Fenster geschlagen hatte. Tief atmete sie durch und schalt sich eine Närrin, daß sie bei einem so völlig normalen Vorgang so übersensibel reagiert hatte.
Ihre Nerven waren eben nicht die besten in den letzten Stunden. Es war viel geschehen, nur war sie nicht in der Lage, es zu begreifen. Sie ahnte jedoch, daß etwas auf sie zukam. Jane selbst sah sich als kleines Wesen, das auf der Innenfläche einer gewaltigen behandschuhten Hand stand, die dabei war, sich langsam zur Faust zu schließen, um sie, die Kleine, zu zerdrücken…
***
Der andere Morgen!
Erfüllt von einem grauen Licht, das seinen Weg durch das Fenster in Janes Zimmer fand und es mit seinem Schleier erfüllte. Es war kein fröhlicher Morgen, dafür ein grauer und ohne Sonnenschein, wo sich der Herbst von seiner traurigen Seite zeigte.
Die Detektivin war wach. Sie saß auf dem Bettrand und hatte ihre Hände links und rechts gegen den Kopf gelegt. In ihrem Schädel breitete sich ein dumpfes Gefühl aus. Der Kopf schien mit Watte gefüllt zu sein, und sie selbst fühlte sich wie gerädert.
Wenig Schlaf, zuwenig Schlaf. Sie war zwar irgendwann eingenickt, dann aber von schrecklichen Träumen geplagt worden, an dessen Einzelheiten sie sich nicht mehr erinnern konnte, weil sich alle Traumfragmente miteinander vermischt hatten. Es waren
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