0775 - Lady Luzifer
umklammert.
Sie wollte die Waffe haben. Mit beiden Händen und auf dem Boden liegend grapschte sie nach der Waffe. Ihre Hände fanden auch das Gelenk, rutschten daran ab, und da die Finger leicht gekrümmt waren, hinterließen die Nägel blutige Streifen. Den Revolver bekam sie nicht.
Dafür rollte sich die Taft zur Seite.
Sie fluchte, sie transpirierte, und Jane hatte das Gefühl, als würde Schwefeldampf aus den Poren dringen.
Sie warf sich auf die Taft!
Die bockte im gleichen Augenblick. Jane bekam ihren Rücken zu spüren, prallte mit der Kinnspitze auf die Schulter und faßte dann mit beiden Händen nach dem rechten Arm, um den Revolver abzulenken.
Es klappte nicht so ganz. Jane mußte feststellen, daß die Taft mit fast schon übermenschlichen Kräften ausgerüstet worden war. Der Teufel persönlich hatte sie stark gemacht.
Während Jane auf dem Rücken der Person hing, richtete die sich wiederum halb auf. Aus ihrem jetzt offenstehenden Mund drang ein wölfisches Knurren. Lady Luzifer spannte alle ihre Muskeln an, um die Last loszuwerden.
Dieser Kraftakt blieb Jane nicht verborgen. Unter sich spürte sie den gespannten Körper und auch einiges von der Kraft, die in ihm steckte. Sie würde sich nicht mehr lang halten können, dann wurde sie abgeschüttelt wie ein welkes Blatt.
Die Taft drehte sich. Zum Glück nach links, wo die Tür nicht allzuweit entfernt war. Jane wußte, daß sie keine Chance mehr hatte, rechtzeitig genug an die Waffe heranzukommen. Sie umfaßte den Arm nur mehr mit der rechten Hand. Mit der linken schlug sie in den Nacken der Frau, wo die Handkante wie auf einem Trampolin abfederte und Jane keinen Erfolg erzielen konnte.
Es war für sie furchtbar. Je länger sie kämpften, um so stärker wurde die Person unter ihr. Der Teufel schien ihr seinen Atem einzuhauchen, und er ließ nicht locker.
Jane hörte das harte Lachen. Eine Vorfreude auf das Kommende, denn plötzlich kam Schwung in die Gestalt. Mit einem Ruck und dem gleichzeitigen Durchdrücken des Körpers wollte die Taft Jane Collins zur Seite schleudern, damit sie endlich die Chance hatte, an sie heranzukommen.
Jane fiel auch, aber sie rollte sich über den Boden, und das mehrmals, damit sie in die Nähe der Tür geriet.
Bevor die Frau schießen konnte, war Jane Collins mit einem Hechtsprung über die Schwelle geflogen. Sie landete im Flur, zog sofort die Beine an, um kein Ziel mehr zu bieten und in den toten Winkel zu gelangen, denn nun kam es auf Sekunden an.
Wieviel Zeit ihr blieb, konnte sie nicht sagen. Hoffentlich war es nicht zu wenig.
Jane stand nicht auf, sie flog hoch, und sie sah vor sich den Beginn der Treppe wie einen schräg nach unten führenden Tunnel, der in die Düsternis des Flurs einmündete. Da unten mußte sie hin, denn dort befand sich die Haustür. Jane mußte es gelingen, eine Scheibe im Parterre einzuschlagen, um andere Menschen aufmerksam zu machen.
Jane tat das einzig Richtige in ihrer bedrängten Situation - sie holte noch einmal tief Luft und sprang.
Über den Rand der obersten Stufe hinweg glitt sie, prallte danach auf die zweite, knickte dort zusammen, rutschte der dritten und vierten Stufe entgegen und wußte plötzlich, als sie auf der fünften angelangt war, daß sie sich nicht mehr fangen konnte.
Nicht, wenn sie sich nicht festhielt. Bevor sie kippte und kopfüber die Treppe hinabstürzte, schlug ihre Hand nach links, und sie bekam den Handlauf des Geländers zu fassen. Eisern hielt sie sich daran fest, sie merkte das Ziehen in ihrem Arm, als sollten die Muskeln gesprengt werden, und der Schwung ließ sie noch ein Stück vorrutschen, ehe sie sich wieder fangen konnte.
Jane mußte aufstehen, um die Treppe normal hinablaufen zu können, und sie wollte sich auch nicht umdrehen, nur keine Sekunde verlieren. Jane freute sich, als sie endlich auf den Beinen stand und mit der linken Hand das Geländer festhielt. Dann lief sie.
Und sie kam genau drei Stufen weiter, befand sich jetzt auf der Treppenmitte, als der Schuß hinter ihr aufpeitschte. Sie hörte das Geräusch und rechnete mit dem harten, alles vernichtenden Schlag in ihren Rücken, doch dieser Treffer blieb aus.
Statt dessen sah sie, wie dicht vor ihr an der linken Seite ein Teil des Geländers regelrecht wegspritzte, als die Kugel dort einschlug, ein Loch und eine Schramme zugleich hinterließ. Ein heller Fetzen blieb zurück, das war alles.
Und das Lachen in Janes Rücken.
Geifernd und widerlich, gleichzeitig auch siegessicher
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