0775 - Lady Luzifer
Es würde mich in gewisser Weise nur beruhigen.«
Er schaute mich von der Seite her an. »Tatsächlich?«
»So ungefähr.«
Uns war bekannt, wie wir den hinteren Hof erreichen konnten. Dazu mußten wir durch eine schmale Einfahrt gehen, die allerdings lag ein Stück weiter entfernt. Sie bildete einen Einschnitt in der Front der unterschiedlich aussehenden Stadthäuser.
Hier hatten die Bewohner zusammengelegt und den Innenhof sanieren lassen, damit alle etwas davon hatten. So etwas wie ein kleiner Park war entstanden. Mit grünen Inseln, mit Bäumen, Bänken und rötlichem Pflaster auf dem Boden. Sandkästen gab es ebenso wie Ruhezonen unter den Bäumen und zwei Grillstände.
Um diese Zeit waren wir allein auf dem Hof. Es spielten auch keine Kinder. Das sah im Sommer natürlich anders aus, doch nicht bei diesem Wetter.
Wie viele Häuser war auch das der Sarah Goldwyn gestrichen worden. In einer hellen, leicht beige schimmernden Farbe, und es hob sich etwas von dem dunkleren Nachbarhaus ab. In der Nähe des Goldwynschen Hauses wuchsen die Bäume hoch bis zum Dach, und sie breiteten ihre Äste oder Zweige wie Arme aus, deren Enden an einigen Stellen schon die Hauswand erreichten oder erst dicht vor den Fensterscheiben endeten. Bei starken Windstößen kratzten sie über die Scheiben hinweg.
Jeden Herbst ließ Sarah die Bäume schneiden, in diesem Jahr war es noch nicht geschehen.
Wir blieben vor der Hintertür stehen, und Suko probierte, ob sie offen war. Kopfschüttelnd kehrte er zurück. »Geschlossen.«
Ich nickte nur und schaute auch weiterhin an der Rückseite hoch. In der ersten Etage hatte sich Jane Collins ihre kleine Wohnung eingerichtet.
Sosehr wir auch schauten, es gab nichts für uns zu entdecken. Keine Bewegung hinter den Scheiben, nicht der Umriß einer Person, die durch den Raum schritt.
»Sie sind beide nicht im Haus«, sagte Suko. »Da kannst du suchen, wie du willst.«
»Ja, ich weiß.«
»Du bist trotzdem nicht beruhigt.«
»Leider. Ich komme selbst nicht zurecht, Suko. Ich weiß nicht, was es ist. Okay, das Telefon. Die Leitung ist gestört, ist gekappt worden oder noch mehr. Alle anderen Anschlüsse sind dagegen okay. Warum ist dann der eine tot?«
»Also doch Einbrecher?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Ha, ha, ich kenne dich, John. Ich weiß ziemlich genau, was in deinem Kopf vorgeht.«
Ich wischte über meine Stirn und fragte: »Ist es denn ein Einbruch, wenn dies bei Bekannten oder Freunden geschieht?«
»Dem Gesetz nach schon. Oder siehst du irgendwelche Probleme für die beiden?«
»Nein.«
»Dann ist es keine Notsituation.«
Ich preßte die Lippen zusammen. Suko hatte ja so verdammt recht. Es war keine Notsituation. Noch einmal schaute ich an der Rückfront hoch und konzentrierte mich auf die Fenster in der ersten Etage. Sie lagen ziemlich hoch.
Ich sah das Licht!
Zuerst schüttelte ich den Kopf, weil ich an eine Täuschung glaubte. Suko hatte es nicht gesehen, er interessierte sich mehr für den Hof, mir aber war es aufgefallen.
Es flackerte, es huschte, und es war dort entstanden, wo Janes größtes Zimmer lag. Ein unruhiges Licht, kein elektrisches, wie ich schon beim ersten Anblick erkannt hatte, sondern eine sich bewegende Flamme, die hochgezuckt und dann wieder verschwunden war.
Feuer vielleicht?
Ich machte Suko darauf aufmerksam, der mich zuerst anschaute wie jemand, der ihm eine schlimme und unglaubliche Nachricht überbracht hatte und dann fragte: »Bist du dir sicher?«
»Ja.«
»Okay, was willst du tun?«
»Bevor ich hier eine Scheibe einschlage, versuche ich es über den Baum. Ich klettere hoch.«
Er lachte, doch es erstickte sehr bald, denn da hatte Suko ebenfalls den huschenden Schein gesehen, der wie eine lange Welle hinter der Scheibe auslief. »Spielt da jemand mit Feuer?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.«
»Doch, John, aber wer?«
Ich gab keine Antwort, schaute wieder hin und mußte feststellen, daß wieder alles normal war. Keiner von uns entdeckte einen dritten Flammengruß.
Was also tun?
Für mich stand fest, daß ich der Wohnung einen Besuch abstatten würde. Ich deutete den Baum hoch. »Das ist der Weg, Suko.«
Er sagte nichts, weil er wußte, daß etwas getan werden mußte. Denn was in Janes Wohnung vorging, war nicht normal…
***
Das Feuer huschte auf die Detektivin zu. Es kam ihr vor wie eine Flammenkette, die sie umfangen wollte, doch im letzten Augenblick abdrehte und dicht über ihr Gesicht hinwegstrich. Jane spürte
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