0777 - Phantom aus der Vergangenheit
geschieht immer in der Nacht oder am Abend. Nie tagsüber. Diese Typen sind eine schlimme Clique, die wissen nicht, was sie Anständiges mit ihrer Zeit anfangen sollen. Das war früher anders.«
»Haben die da nur gefeiert?«
»Keine Ahnung. Aber man kann zu bestimmten Dingen ja auch das Wort feiern sagen.«
»Da haben Sie Recht. Wie gut, dass es Leute wie Sie gibt, die sich Gedanken machen.«
Er fühlte sich geschmeichelt und war genau in der richtigen Stimmung, um sich noch mehr zu öffnen. »Nun ja, Mister, ich meine, man muss eben mit offenen Augen durch die Welt gehen, sonst wird man überall nur reingelegt, denke ich.«
»Klar, da haben Sie Recht. Mich interessierte noch etwas. Ich habe davon gehört, dass die Scheune auf einer bestimmten Stelle steht, die nicht ganz geheuer sein soll.«
Der Mann knetete seine Nase und hob die Schultern. »Was heißt geheuer? Einige Spinner haben herausgefunden, dass mit diesem Platz etwas los ist, mehr nicht.«
»Was soll denn los sein? Könnten Sie da nicht etwas deutlicher werden, Mister?«
»Nicht geheuer eben.« Er schüttelte den Kopf. »Es waren Spinner, die mal hierher kamen. Typen in komischen Gewändern. Sie haben irgendetwas gemessen und auch einige Nächte an diesem Ort verbracht. Da haben Sie gesungen und getanzt. Ich weiß auch nicht, was sie da beschwören wollten.«
»Aber die Kraft gibt es?«
»Ein Märchen.«
»Könnten Sie es trotzdem erzählen?«
»Ungern«, gab er zu. »Sie würden mich doch nur auslachen.«
»Ich verspreche Ihnen, dass ich es nicht tue.«
Dann hörte ich die Geschichte von einer heidnischen Opferstätte, wo vor langer Zeit junge Mädchen ihr Leben unter den scharfen Messern eines Hohepriesters gegeben hatten. »Das ist wohl wie bei den Mayas gewesen. Das Blut der Mädchen hat die heidnischen Altare und die Erde getränkt.«
»Interessant«, murmelte ich.
»Nein, eine Legende.«
»Und wann ungefähr hat sich diese Legende ereignet. Können Sie das in Jahre fassen?«
»Auch nicht. Es muss sehr, sehr lange gewesen sein. Hunderte von Jahren oder so. Aber das kann ich Ihnen nicht genau sagen.«
»Ich bedanke mich trotzdem.«
»Habe ich Ihnen denn geholfen, Mister?«
»Und ob Sie das getan haben. Sie waren toll, Sie waren großartig, wenn Sie verstehen.«
»Nicht genau, aber ich bin auch kein Polizist. Am besten ist es, wenn Sie die ganze Bude da ausräuchern. Wir wollen die Typen nicht mehr bei uns haben.«
»Haben die Ihnen etwas getan?«
»Das nicht. Allein ihre Anwesenheit passt irgendwie nicht hierher, wenn Sie verstehen.«
»Ich denke zumindest darüber nach. Und vielen Dank für die Wegbeschreibung.«
»War mir ein Vergnügen.«
Als ich zu Suko zurückkehrte, empfing er mich leicht brummig.
»Du hast dich ja ziemlich lange bei dem Knaben aufgehalten.«
»Stimmt. Dafür konnte ich auch einiges in Erfahrung bringen, was uns wohl weiterhelfen wird.«
»Was denn?«
»Fahr mal los, dann erzähle ich es dir.«
»Und wohin, bitte sehr?«
»Das sage ich dir auch noch.«
»Sehr wohl, der Herr.« Suko hörte dann schon zu, als ich das wiedergab, was ich erfahren hatte. Wenn wir die Legende mit einbezogen, dann erschien uns der Platz, auf dem die Scheune errichtet worden war, in einem völlig anderen Licht. Aus Erfahrung wussten wir, dass es Orte gab, wo sich das Böse halten konnte, auch über Jahrhunderte hinweg, und erst dann richtig zuschlug, wenn die Zeit reif war.
Das schien heute der Fall zu sein.
Wir verließen die Straße an einer Kreuzung und rollten hinein in das flache, durch braune Wolken düster gemachte Gelände, in dem es kaum Häuser oder Orte gab.
Aber wir sahen die Scheune.
Sie hob sich in der klaren Luft ab. Aus der Distanz gesehen, wirkte sie wie eine überdimensionale Picknickhütte oder ein Blockhaus, das des Öfteren Ziel einer Landpartie war.
»Sehr nett«, sagte Suko. »Und so gar nicht magisch.«
»Wie meinst du das denn?«
»Da parkt sogar ein Wagen vor dem Haus. Anscheinend sind wir nicht die Einzigen.«
»Mal schauen.«
Suko lenkte den BMW über den Feldweg und schimpfte über den Matsch, der gegen das Fahrzeug spritzte. Obwohl der Mini vor dem Bau stand, machte die Scheune auf uns einen doch sehr ungewohnten Eindruck. Dieses Haus hatte man mitten in die Landschaft gestellt und vergessen.
Rechts neben dem Mini hielten wir an und stiegen aus. Der Wind wehte über das flache Haus und wühlte sich in unsere Gesichter.
Erst jetzt sahen wir das ungewöhnliche Licht hinter den
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