0777 - Phantom aus der Vergangenheit
blicken.
Vor der Tür blieb die einsame Frau stehen. Jedes Mitglied aus der Gruppe besaß einen Schlüssel, natürlich auch Doris, aber den setzte sie nicht ein, denn sie hatte erkannt, dass die Tür nicht verschlossen war. Sie umklammerte die eiserne Metallklinke und zerrte daran.
Die Tür schwang auf.
Sie schleifte noch über den Boden, ruckte hier und da, aber sie ließ sich öffnen und gab den Blick frei in eine düstere, dunkle und unheimliche Welt.
Die Welt der Schatten, der Magie, des Bösen. Die andere Atmosphäre, die so ungewöhnlich aufgeladen war, weil sie einzig und allein von IHM durchdrungen wurde.
Eine böse Welt…
Doris ging mit schleifenden Schritten vor. Sie wusste genau, dass sie es in der Dunkelheit nicht aushalten konnte. Sie musste einfach das Licht einschalten, denn die Finsternis hätte sie sonst gefressen wie das Maul eines Monstrums.
Sie hatten an alles gedacht, als die Scheune renoviert worden war, natürlich auch an das Licht. Man konnte mit Hilfe des Dimmers sogar seine Stärke einstellen, das musste so sein, um die richtige Atmosphäre zu schaffen.
Die Scheune bestand aus einem einzigen Raum. Das flache Dach wurde durch kantige Balken gestützt, eine Tenne war nicht vorhanden, darauf konnten die Freunde verzichten.
Die Lichtschalter befanden sich an den Pfosten. Simple Schalter, die nur nach unten geschoben zu werden brauchten. Kleinigkeiten des Alltags, die der Frau plötzlich so ungewöhnlich vorkamen, als wäre sie dabei, diese Dinge neu zu entdecken.
Den Grund dafür konnte sie nicht nennen, und sie hielt zunächst einmal inne.
Irgendwas stimmte nicht, das war selbst in der Dunkelheit zu merken. Es hatte sich etwas verändert. Etwas war nicht mehr so wie beim letzten Besuch hier.
Aber was?
Im Dunklen drehte sie sich auf der Stelle um, doch das eigentliche Gefühl verging nicht. Es saß in ihrem Magen wie eine bohrende Lanze.
War es der Geruch?
Sie bewegte die Nase, konzentrierte sich, und sie merkte den Schauer auf ihrem Rücken. Der Geruch störte sie. Er war nicht nur anders, er war auch schrecklich.
Doris suchte nach einem Begriff. Sie wollte ihn zumindest vor sich selbst erklären.
Faulig vielleicht?
Ja, das konnte stimmen, traf aber nicht hundertprozentig zu, denn da war noch etwas.
Auch ein Geruch…
Nein, schon mehr ein Gestank!
Er widerte sie an, denn sie wusste nicht, woher er kam, wo seine Quelle lag. Doris schaffte es, sich zu konzentrieren, und sie senkte dabei den Kopf.
Der Geruch drang aus dem Boden…?
Zumindest aus dieser Richtung. Einen kleinen Schritt ging sie nach vorn. Dabei hatte sie das Gefühl, von diesem modrigen Aroma umfangen zu werden. Wenn sie atmete, drang der Geruch nicht nur durch Mund und Nase, sondern durch jede Pore ihres Körpers ein.
Übelkeit wühlte sich hoch.
Doris dachte an Flucht. In dieser Dunkelheit kam sie sich wie von nicht sichtbaren Feinden umstellt vor. Es würde nicht lange dauern, dann schlugen sie zu, dann…
Sie machte Licht!
Es geschah mehr aus einem Reflex heraus, als aus dem inneren Drang, es einfach tun zu müssen.
Der Dimmer tat seine Pflicht. Mehrere in der Scheune gut verteilte Lampen gaben nur allmählich ihren Schein ab und legten ihn wie eine rötlichgelbe Decke über den Raum.
Sie reichte aus, um den Schrecken zu erkennen.
Doris Clinton glaubte plötzlich, wahnsinnig zu werden!
***
Sie bewegte sich nicht und stand wie festgefroren auf der Stelle.
Hinter der dünnen Haut an der Stirn zuckte es ebenso wie an den Wangen. Der Anblick, der sich der jungen Frau bot, war so fürchterlich und schlimm, dass selbst die grausamsten Albträume nicht ausreichten, um so etwas zu erleben.
Die Scheune, vielmehr das Innere der Scheune war zu einem Haus der Toten geworden.
Sie konnte nicht mehr sprechen, nicht mehr denken und auch kaum noch atmen. Ihr Körper war ein einziges Kraftfeld, das von wuchtigen Stromstößen durchschossen wurde. Auf ihrer Haut lag das Eis wie kleine Kieselsteine, und als sie endlich die Arme bewegte und sie anhob, da kam sie sich vor, als hätte eine Fremde das getan und nicht sie selbst.
Es war nicht zu fassen…
Sie wollte nicht schauen, sie hielt sich die Augen zu, und sie spürte nur den Schweiß der Handflächen auf ihren Wangen. Doris Clinton wusste auch nicht, wie lange sie regungslos auf dem Fleck gestanden hatte, da konnten Minuten oder Stunden vergangen sein, der widerliche Geruch verschwand nicht.
Er konnte zudem nicht verschwinden, denn er wurde von den fünf
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