0778 - Draculas blutige Brautnacht
»Ja, er ist zu einem Vampir geworden. Da seht ihr mal, was geschehen kann, wenn man sich keine Sicherheit gönnt.« Er hatte zu ihnen gesprochen wie ein Vater zu seinen Söhnen. Beide schwiegen. Sie waren einfach zu überrascht und auch zu nachdenklich, um einen Kommentar abzugeben. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass hier nicht alles so abgelaufen war, wie es hätte ablaufen sollen. Zwischen den drei Männern hatte sich so etwas wie ein Spannungsfeld aufgebaut.
Von Marek wollte ich wissen, was geschehen war. Er setzte sich auf die Tischkante. »Die beiden wollten nicht mehr mitspielen und einfach aus Petrila verschwinden.«
Ich sah die Männer an, die ihre Köpfe gesenkt hatten. Sie spürten beide die Furcht, das konnten sie einfach nicht verbergen, und der Uniformierte rieb nervös seine Hände gegeneinander.
Marek gab mir einen Bericht. Er klärte mich auch über die Funktion seiner Schützlinge auf. Ich erfuhr von Brancos Flucht, wie er sich zusammen mit Krishan durchgeschlagen hatte, ohne allerdings ein zweites Mal auf eine Blutsaugerin getroffen zu sein. Eine Begegnung hatte den beiden Männern gereicht.
»Sie sind also im Wald gewesen. Sie haben den Wagen überfallen, kamen in den Ort, und jetzt treiben sie sich hier in Petrila herum«, fasste ich zusammen.
»Wobei du einen erledigt hast.«
»Zu wenig, Marek.«
Er grinste. »Die Nacht ist ja noch lang, keine Sorge. Wir müssen uns auf den Weg machen und die vier Frauen suchen.« Bei den letzten Worten war seine Stimme leiser geworden. Er schluckte auch, atmete scharf ein und hatte Mühe weiterzusprechen. »Weißt du, John, sie haben ja für einige Zeit hier gelebt. Wenn ich daran denke, dass ich sie töten muss, wenn ich ihnen gegenüberstehe, geht mir das schon sehr nahe. Da muss ich über den eigenen Schatten springen. Im Laufe der Zeit sind sie mir auch irgendwie vertraut geworden. Ich kann mir noch immer nicht vorstellen, sie als Blutsauger zu sehen.«
»Das kann ich verstehen. Nur fällt mir keine andere Lösung ein. Allerdings ist mir auch ein seltsamer Gedanke gekommen, als ich auf dem Weg zu dir war.«
Er schaute hoch. »Ja? Welcher denn?«
»Sind diese vier Monstren nur nach Petrila gekommen, um das Blut der Menschen zu trinken?«
Marek wunderte sich. »Weshalb denn sonst? Tut mir Leid, ich kann deinem Gedankengang nicht folgen.«
»Ist auch nicht schlimm. Ich nenne ihn selbst verrückt. Aber lass mich weitererzählen. Ich gehe davon aus, dass sich Dracula II an die vier Frauen herangemacht hat. Er kidnappte sie, er hat sie angefallen, er hat sie zu Vampiren gemacht. Er hat sie nicht mitgenommen, sondern sie jetzt wieder nach Petrila zurückgeschickt. Warum tat er das? Einfach nur so, weil es ihm Spaß machte, oder verfolgte er damit einen bestimmten Plan? Hat Mallmann etwas mit Petrila vor? Will er diese Stadt zu seinem Stützpunkt machen? Will er hier Akzente setzen?«
»Für was, John?«
»Das ist die Frage.«
Marek konnte mir nicht zustimmen. Er lehnte meine These allerdings auch nicht ab. Dafür hob er die Schultern. Ein Zeichen, dass er keine Meinung hatte.
»Ein Plan, Frantisek«, sagte ich.
»Welcher?«
Ich blieb auch weiterhin nicht konkret. »Ein Plan, den unser Freund Mallmann gestrickt hat.«
Der Pfähler rutschte von der Tischkante und lief im Raum auf und ab, verfolgt von unseren Blicken. »Keiner hat ihn in der letzten Zeit hier gesehen, John. Er hielt sich immer zurück. Er war derjenige, der aus dem Hintergrund heraus agierte. Er…«
»Es ist nicht sicher, Frantisek. Ich habe eben nur laut gedacht.«
»Oder von deinem Gefühl gesprochen«, orakelte der Pfähler. Er lächelte, als er sich übers Haar strich.
»Wir können hier reden, was wir wollen, wir werden immer wieder auf den einen Punkt treffen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als dieses Haus hier zu verlassen und tatsächlich wie zwei Marshals den Weg durch den Ort zu nehmen. Was immer auch passieren wird, wir müssen uns innerhalb kürzester Zeit darauf einstellen. Und die beiden lassen wir hier bei dir.«
»Die können sich auch verteidigen, sollte es zu einem Überfall kommen. Ich habe ihnen Kreuze und auch Pfähle gegeben.« Marek sprach mit den Männern. Er redete ihnen ins Gewissen, und er machte ihnen noch einmal klar, dass sie hinter diesen Wänden relativ sicher waren. Der Pfähler hörte allerdings auf zu reden, als er die dumpfen Schläge hörte, die als Echos durch den Raum hallten.
Da stand jemand vor der Tür!
Sofort nahm Marek
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