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0783 - Der Tunnel

0783 - Der Tunnel

Titel: 0783 - Der Tunnel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wieder normal gab. Im Licht meiner Stableuchte kam seine sich heftig bewegende Gestalt endlich zur Ruhe.
    »Was hat dich so erschreckt?«, fragte ich ihn.
    »Du hast den Sessel?«
    »Ja – ich…«
    »Ihn kann nur jemand besitzen, der auch… aber du hast ja das Kreuz. Ich habe es bisher nicht glauben wollen. Es war ein Gerücht, mehr ein Gedanke, der durch die Jahrhunderte wehte, aber ich weiß jetzt Bescheid, ja, es gibt ihn. Es ist alles so geschehen, wie man es mir sagte.«
    »Was sagte man dir?«
    »Man kann mich vernichten, aber ich werde trotzdem nicht so gestorben sein, wie es sich die anderen gern wünschen.«
    »Wer sagte das?«
    Erstaunen schwang in seiner nächsten Frage mit. »Weißt du das tatsächlich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Es war Jacques de Molay, der mir das sagte…«
    Obwohl es mir wie Schuppen von den Augen fiel, schloss ich sie.
    Plötzlich klärte sich alles auf. Mir war, als hätte jemand einen gewaltigen Vorhang zur Seite gerissen. Ich wusste nun, wer diese Gestalt gewesen war, aus dem sich der Sessel geformt hatte oder von anderen geformt worden war.
    Jacques de Molay, der letzte Großmeister der Templer!
    ***
    Die Zeit war zu einem gewaltigen Fluss geworden, der alles mit sich zerrte, was sich ihm in den Weg stellte und sich ihm nicht widersetzen konnte. Auch ich gehörte dazu. Ich schwamm mit, ich hatte meine Umwelt vergessen, ich saß wie auf einer Insel, die von der Strömung fortgerissen wurde.
    Ich fühlte mich auch wie ein Sandkorn in der Unendlichkeit der Wüste, aber dieses Korn wuchs, es überragte sehr bald alle anderen und stieg während eines plötzlichen Windstoßes aus ihnen hervor, was mein Denken wieder an die Oberfläche riss.
    Ich saß noch immer in der Höhle, hielt noch immer die Stableuchte fest, doch der Strahl fiel gegen den Boden. Er erreichte Lomenius nicht mehr, den ich nun im Halbschatten sah.
    Es dauerte etwas, bis ich meine ungewöhnliche Trance überwunden hatte. Das Wissen aber blieb. Mir war jetzt bekannt, wem der Körper gehört hatte, aus dem später der Sessel gebildet worden war.
    Ohne dass ich Lomenius dazu hätte auffordern müssen, begann er mit seiner Erklärung. »Ich habe dich überrascht gesehen. Ich weiß, dass du einer von uns bist, ich kann dir mein volles Vertrauen schenken, und ich will dir sagen, dass de Molay genau gewusst hat, dass nach seinem Tod etwas mit ihm passiert. Es war ähnlich wie bei mir, nur eben doch anders. Sein Fleisch ist verbrannt, seine Knochen nicht. Sie widerstanden dem Feuer, denn der Großmeister war ein Kenner der Mystiken. Er hatte mich und auch sich gut vorbereitet, denn er wollte, dass auch noch nach seinem Tod etwas in Bewegung blieb, und er war davon überzeugt, dass er an die richtige Stelle gelangen würde. Er hat mir nie etwas Genaues gesagt, doch ich erinnere mich gut an einige seiner Worte. Er wusste, dass nach seinem Tod etwas mit ihm geschehen würde, dass es dann eine Veränderung gab, und er hoffte nur, dass seine Feinde dies nicht merkten. Sie haben es nicht getan, und der Sessel hat seine Bestimmung gefunden.«
    »Ja, das hat er«, flüsterte ich und fühlte mich dabei wie von einem langen Kampf erschöpft. »Leider wussten seine Feinde doch über ihn Bescheid, denn Baphomet und seine Diener haben versucht, den Sessel in ihre Gewalt zu bringen. Es gelang ihnen nicht, doch darüber möchte ich nicht reden. Ich weiß, wo er steht, er ist bei den Templern von Alet-les-Bains gut aufgehoben.«
    »Und bei dir.«
    »Ich denke schon.«
    »Damit kannst du einiges beginnen, John.«
    Ich lächelte. »Ja, er wird mich nach Avalon bringen können. Die Kraft ist nicht vergangen.«
    »Und genau dort möchte ich hin.« Er starrte mich flehend an, als ich mich aus meiner sitzenden Position erhob. »Bitte, sorge du dafür, dass ich hier nicht mehr zu sein brauche. Gib mir die Chance, das Land meiner Träume zu sehen.«
    »Dazu müsste ich dich töten.«
    »Tötest du denn einen Menschen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Nein, du tötest keinen Menschen. Es gibt eine Möglichkeit, wie du es schaffen kannst.«
    »Welche ist das?«
    »Nimm meine Waffe. Sie ist sehr scharf, wie du sicherlich weißt. Du kannst mir damit den Schädel abschlagen.« Er brachte seine dürren Hände zusammen, über die Spitzen hinweg schaute er mich flehentlich an. »Es ist kein Mord, John Sinclair. Du brauchst dein Gewissen damit nicht zu belasten.«
    Ich atmete schwer. Viele Gedanken durchzuckten meinen Kopf.
    War es

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