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0786 - Angst vor der Hexe

0786 - Angst vor der Hexe

Titel: 0786 - Angst vor der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hervor, was die Tiere nicht aufhielt. Keine Ratte störte sich an ihren Wunden, jede wollte so schnell wie möglich hinaus in die Kälte.
    Die Flammen stiegen höher, sie kriegten mehr Sauerstoff.
    Weg, nur weg!
    Ein letzter Pfiff, schon mehr ein Schrei, drang aus dem gespitzten Mund der Hexe.
    Er trieb die Vierbeiner noch einmal an und scheuchte sie hinaus in den tiefen Schnee. Dort wühlten sie sich weiter, zogen Spuren in die weiße Masse und verschwanden zwischen den düsteren Bäumen des Waldes, wo sie ihre eigentlichen Verstecke hatten.
    Die Hexe entspannte sich.
    Sie senkte den Kopf. Mit einer schlaffen Handbewegung gab sie Oleg zu verstehen, dass er die Tür schließen sollte. Der Alte ging hin und hämmerte sie zu.
    Als er sich umdrehte, lehnte Olinka am Tisch. Sie machte keinen glücklichen Eindruck, zudem schien es ihr nicht gutzugehen. Obwohl sie sich abstützte, schwankte sie leicht von einer Seite zur anderen, und sie holte krampfhaft Luft.
    Erst jetzt wagten die Kinder es, in ihr Gesicht zu schauen, das sich abermals verändert hatte. Es zeigte nicht mehr den dicken Schleim, sondern war wieder normal geworden. Eine faltige Haut, die an altes Holz erinnerte, normale Augen, doch in ihnen stand so etwas wie eine dumpfe Furcht.
    Um die Kinder kümmerten sich beide nicht. Oleg war misstrauisch geworden. Er ging auf seine Partnerin zu, fasste sie an. Olinka ließ es geschehen, sie drehte nur den Kopf und schaute die Geschwister an. »Wer?«, flüsterte sie, »wer befindet sich im Wald?«
    Amy und Davy merkten zuerst nicht, dass die Frage ihnen gegolten hatte. Sie schüttelten die Köpfe, legten die Stirnen in Falten und hoben zugleich die Schultern.
    »Wer?«
    »Was… was meinen Sie?«
    »Ich will wissen, wer sich im Wald befindet, Junge?«
    »Das haben wir nicht gesehen.«
    Olinka konnte ein Kichern nicht unterdrücken. »Kann ich mir denken, dass ihr es nicht gesehen habt. Aber es ist jemand da, das spüre ich genau, das weiß ich auch. Es kommt jemand. Sie sind dabei, euch zu suchen. Aber ich habe ihnen die Ratten entgegengeschickt, so dass sie sich wundern werden. Die Ratten und meine Schakale. Zuerst werden sie getötet werden, zerbissen, zerfetzt…« Sie sprach nicht mehr weiter und krümmte sich. Ihre Augen nahmen einen glasigen Ausdruck an. Sie starrte in Fernen und sah dort etwas, das nur für sie erkennbar war. »Diese … diese Leute wollen mich finden …«
    »Daddy?« Amy hatte nur dieses eine Wort gesagt. Leise und auch klagend war es über ihre Lippen gedrungen, und genau darauf hatte die Hexe gelauert.
    »Ja, dein Vater, euer Vater. Er wird es versuchen. Er muss es versuchen, denn er ist euer Vater. Er wird die Ratten sehen, er wird sich ihnen auch entgegenstellen oder es versuchen, aber er wird dabei keine Chance haben. Sie sind besser…« Ihre Stimme versickerte, und sie schien selbst nicht daran zu glauben, denn ihr war eingefallen, dass es noch andere Männer gab.
    Darüber dachte sie ebenfalls nach, senkte den Kopf und drehte sich Oleg zu. »Wir sollten sehr aufpassen.«
    Der Mann zerrte an den Rändern seiner Mütze. »Aber… sollen wir alles aufgeben? Was ist mit den beiden hier?«
    »Die werden wir opfern.«
    »In den Ofen?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Gleich.«
    Der Mann gab sein Einverständnis durch ein Nicken bekannt. »Ich könnte noch einmal kräftig nachlegen.«
    »Nein, Oleg, es wird reichen.«
    Beide Kinder hatten zuhören müssen, und beide konnten das Grauen kaum fassen. Es war so unwahrscheinlich und auch märchenhaft, was man da gesagt hatte. Das Haus war nicht mehr das Haus, es war zu einem großen Grab geworden, in dessen Mitte eine Feuerstelle stand, um sie zu verbrennen. Die Ahnung hatte sich zur Gewissheit verdichtet, und Davy wunderte sich darüber, dass er trotz des Grauens noch sprechen konnte, denn er stieß ein leises »Warum?« hervor.
    Olinka reagierte zunächst nicht. Sie wischte aus ihrem Gesicht die letzten Schleimreste, aber Oleg hatte die Frage genau gehört. Er senkte den Kopf und trat in die Nähe des Tisches, wo er leise reden konnte, um verstanden zu werden.
    Im Kamin zerknackte Holz. Es hörte sich an, als wäre dort etwas explodiert. »Warum, hast du gefragt? Das will ich dir gerne sagen, Kleiner. Ja, ich sage es dir. Es gibt hier Dinge, die ein normaler Mensch nicht sehen kann. Im tiefen Wald sind die großen Geheimnisse der Welt verborgen. Für viele ist die Natur ein Rätsel, und nur wenige haben sich aufgemacht, um die Rätsel zu lösen. Dazu

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