0786 - Ort ohne Wiederkehr
unerklärliche Gefühl von Vertrautheit, der Eindruck, die Kleine zu kennen. Und sie tot vor sich liegen zu sehen, erfüllte ihn mit einer Trauer, wie er sie beim Tod eines Lieben empfunden hätte.
Ein furchtbares Gefühl, das er leider schon viel zu oft hatte verspüren und verarbeiten müssen… Vor allem in den letzten Wochen und Monaten!
In der kläglichen Hoffnung, es könnte doch noch Leben in dem kleinen Körper sein, beugte Zamorra sich darüber, suchte nach dem Puls des Mädchens, dem Herzschlag. Vergebens…
Das Mädchen war tot.
Weil es ihm widerstrebte, das Kind auf der Straße liegen zu lassen, schob Zamorra seine Arme unter die Leiche, um sie anzuheben. Er war gerade dabei, sich mit seiner leichten Last aufzurichten, als zweierlei geschah: Er hörte einen Ruf, der wie »Dima!« klang.
Und das Amulett begann an der Kette um seinen Hals zu vibrieren. Für den Bruchteil einer Sekunde nur.
Dann schlug es zu!
***
Asmodis verstand die Welten nicht mehr. Er sah zwei Dinge, die nicht sein konnten!
Denn sowohl die Rasse der Dämonensauger als auch seine Tochter Dima waren tot - und das schon seit langer, seit sehr langer Zeit…
Die Dämonensauger waren vor Jahrtausenden in der Hölle aufgetaucht. Niemand wusste genau, woher sie kamen. Am wahrscheinlichsten war, dass sie von den Mächten des Lichtes gesandt wurden, um die Hölle von innen heraus zu zerstören oder wenigstens zu sabotieren und zu schwächen. Denn die Dämonensauger waren den Vampiren verwandt, mit dem Unterschied jedoch, dass sie sich von schwarzem, also dämonischem Blut ernährten.
Viele Höllenkreaturen waren ihnen zum Opfer gefallen. Bis er, Asmodis, als Fürst der Finsternis einen konzertierten Vernichtungsschlag gegen sie geführt hatte, den keiner dieser elenden Schmarotzer überlebt hatte. Man hatte nie wieder von dieser verdammten Brut gehört. Inzwischen waren sie so gut wie vergessen.
Und Dima?
Ihr Tod lag noch nicht ganz so lange zurück, aber doch schon etliche hundert Jahre. Sie war einer kurzen Liaison entsprungen, die Asmodis mit einer Teufelsbuhlerin eingegangen war, deren Rufen er nach Jahren endlich erhört hatte. Da dieses Weib durch und durch verderbt war, wurde ihre mit dem Satan gezeugte Tochter selbst zur Dämonin und verhielt sich auch dementsprechend. Was dazu geführt hatte, dass Dima nicht sehr alt wurde… Dämonenjäger, die es zu fast jeder Zeit unter den Menschen gegeben hatte, machten ihr den Garaus, noch ehe sie körperlich zur Frau gereift war.
Asmodis hatte damals nichts dagegen unternommen, obwohl Dima ihm durchaus lieb gewesen war. Ein, in Teufelsaugen jedenfalls, sehr wohlgeratenes Kind. Fast hatte er ihren Verlust seinerzeit ein wenig bedauert.
Umso erfreuter war er, sie jetzt wiederzusehen!
Auch wenn es gar nicht angehen konnte…
Ein ebensolches Unding war die Anwesenheit des Dämonensaugers.
Und dass sich beide zugleich an einem Ort befanden, war eine absolute Unmöglichkeit!
Nicht einmal ein Zeitsprung zurück in die Vergangenheit konnte als Erklärung dienen. Schließlich waren die Dämonensauger längst ausgerottet gewesen, als Dima geboren wurde.
Aber nach einer Lösung dieses Rätsels zu suchen, dafür war später noch Zeit.
Jetzt hatte Asmodis erst einmal nichts anderes im Sinn, als seine Tochter aus den Fängen dieses widerwärtigen Wesens zu retten.
Er zögerte nicht länger und schlug zu!
***
Merlins Stern reagierte »klassisch«. Und so rasend schnell, dass Zamorra kaum mitbekam, was eigentlich geschah.
Außer Frage stand lediglich, dass das Amulett auf eine schwarzmagische Präsenz ansprach - und diesmal keine Zicken machte hinsichtlich seiner Verlässlichkeit.
Es hüllte Zamorra in ein grünlich waberndes Energiefeld, das ihn vor der feindlichen Magie schützte. Da er das tote Mädchen auf den Armen trug, umfloss das Leuchten auch ihren Leichnam.
Zugleich schossen silberne Blitze aus dem Amulett, die dorthin jagten, von wo Zamorra vor einer Sekunde den Ruf eines Fremden gehört hatte. Die Blitze blendeten ihn, sodass er weder sah, gegen wen Merlins Stern vorging, noch, ob der offenbare Feind getroffen wurde.
So schnell, wie der ganze Zauber begonnen hatte, war er auch wieder vorbei.
Der andere, den Zamorra hinter dem silbernen Flirren der Blitze nur schemenhaft hatte ausmachen können, war verschwunden. Ob geflohen oder getötet, konnte Zamorra nicht sagen. Jedenfalls sah er keinen zu Boden rieselnden Staub oder etwas in dieser Art, was auf die Vernichtung eines
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