0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne
du mir sogar glauben?«
»Ja – denn ich weiß genau, dass hier einige Punkte zusammenkommen und sich verdichten. Ich bin der festen Überzeugung, dass du zwischen den Grenzen der verschiedenen Welten pendeln kannst. In dir steckt eine enorme Kraft, wobei ein anderer versucht hat – eben Dubbs – sie für sich und seine finsteren Pläne auszunutzen. Er sorgte dafür, dass es zu dieser Katastrophe kam, wobei er sich überschätzte, denn die Toten haben sich schrecklich an ihm gerächt.«
Anina nickte sehr langsam. Sicherlich erinnerte sie sich an die Szene im Haus der Aldrins, als der gefährliche Spiritist von den Totengeistern geholt worden war.
Sie hob die Schultern. »Das ist es gewesen, John. Zumindest der erste Teil. Ich bin gespannt, was uns im Kloster erwartet, wie meine ehemaligen Mitschwestern darüber denken.«
Das war ich auch. Beide stiegen wir wieder in den Wagen, wobei sich meine Gedanken mit Anina beschäftigten. Dass sie außergewöhnliche Kräfte besaß, wusste ich. Sie hatte es mir bewiesen, als sie ihren Körper auflöste und ihn als feinstoffliches Wesen in den meinen hineinschob. Da waren dann aus zwei Personen eine geworden.
Eine Tatsache, die mich noch immer grübeln ließ. Anina verfügte über außergewöhnliche Fähigkeiten. Ich konnte mir vorstellen, dass sie andere Personen damit schon in Verlegenheit gebracht hatte. Sicherlich auch die Äbtissin Virginia, die so gar nicht auf ihrer Seite stand.
»Wohin?«, fragte ich.
»Geradeaus.«
»In den Himmel, nicht?«
»Oder in die Hölle«, erwiderte sie düster…
***
Reverend Peters hatte den Turm verlassen und war wieder in seine Kirche gegangen. Hier fühlte er sich wohler, hier war auch seine Angst etwas zurückgedrängt worden, denn die dicken Mauern und das Innere der Kirche gaben ihm einen gewissen Schutz.
Er konnte diese Erscheinung einfach nicht vergessen. Sie war so unerklärbar und so anders gewesen, dazu weit entfernt, aber das musste nichts zu sagen haben. Der Pfarrer hatte trotzdem das Gefühl, mit ihr noch in Kontakt zu treten. Grundlos jagte sie nicht als Gespenst durch die Gegend.
Er hatte auch keine Vorstellung davon, wer oder was sie sein konnte. Nur wenn er an sie dachte, dann spürte er die Angst. Er traute sich auch kaum, die Kirche zu verlassen und die wenigen Schritte hinüber bis zu seinem Pfarrhaus zu gehen, denn dann hätte er ein Stück der feindlichen Umwelt durchqueren müssen.
Stattdessen betrat er die kleine Sakristei, wo eine große Anrichte mit zwei breiten Türen stand. Das Möbelstück enthielt zahlreiche Gegenstände, die für die Messe gebraucht wurden, unter anderem auch dicke Wachskerzen. Die Dochte standen noch jungfräulich aus den oberen Kerzenenden hervor, und der Pfarrer klemmte sich einige von ihnen unter den linken Arm. Mit ihnen betrat er die Kirche und verteilte sie an gewissen Stellen. Es war ihm einfach zu düster zwischen den Mauern, und hinter den Fenstern lauerte ebenfalls die Dunkelheit, wobei hellere Schatten hindurchwischten, wenn er schräg in die Höhe schaute und den Himmel betrachtete.
Da jagte der Wind die Wolken vor sich her, und wie ein Gejagter fühlte er sich auch. Er konnte der Furcht nicht Herr werden, sie wuchs von Minute zu Minute, was sich auch äußerlich bemerkbar machte. Je mehr Dochte er anzündete, umso stärker zitterten seine Hände.
Schließlich hatte er es doch geschafft, in der Kirche durch die Flammen ein neues Gesicht zu schaffen.
Sie schufen andere Muster. Sie ließen ihren Widerschein über Boden und Wände huschen. Manchmal entstanden Schattengestalten, als hätte sich das Gestein geöffnet, um schlimme Geister zu entlassen, die dort eingeschlossen waren.
Peters ging auf den Altar zu. Er war sehr schlicht. Das Kreuz stand über ihm. Bisher hatte es ihm immer Hoffnung gegeben, nun aber begann er zu zweifeln. Der Pfarrer fühlte sich zwar nicht verlassen, aber seine Sicherheit hatte gelitten. Er hatte eine Erscheinung mit den eigenen Augen gesehen, es war im Prinzip kein schreckliches Bild gewesen, dennoch hatte es ihm Furcht eingejagt, wahrscheinlich deshalb, weil er keine Erklärung wusste.
Nicht einmal beten konnte er. Das erschreckte den Mann. Er schaffte es, darüber nachzudenken und dachte daran, dass er einfach zu durcheinander war, um die entsprechenden Worte zu finden. In seinem Kopf liefen die Gedanken und Vermutungen kreuz und quer.
Die Lichter gaben nicht nur Wärme ab, auch der Wachsgeruch breitete sich in der Kirche aus. Das
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