0791 - Diondra - einfach mörderisch
seinem Mantel griff, stand plötzlich seine Frau neben ihm. »Willst du es dir nicht noch einmal überlegen, Robert?«, fragte sie leise.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Rebecca, nein. Ich habe es mir schon überlegt. Ich habe lange nachgedacht und alle Möglichkeiten durchgewälzt. Aber es ist…«
»Bitte!«
Er schüttelte den Kopf. »Ich muss zu ihr, Rebecca. Verstehst du das denn nicht? Ich muss endlich wissen, was mit dieser Person los ist. Ich kann zwar mit meinen Erlebnissen oder auch Halluzinationen leben, aber ich will herausfinden, welchen Ursprung sie haben. Woher sie gekommen sind. Es muss ein Motiv geben.«
»Dabei stimme ich dir zu.« Sie legte ihr Gesicht in sorgenvolle Falten. »Nun weißt du auch, dass ich Angst um dich habe. Du begibst dich meiner Ansicht nach auf ein Parkett, das zu glatt für dich ist. Du bist dafür nicht geschaffen.«
»Meinst du?«
»Ja. Wir haben beim Frühstück lange genug darüber geredet. Wir beide sind zwar verheiratet, trotzdem aber sehr unterschiedlich. Ich sehe die Welt anders als du. Ich bin gefühlsbetont, du bist mehr der Realist, und ich möchte nicht, dass du dabei in ein tiefes Loch stürzt und möglicherweise darin umkommst.«
»Keine Sorge, ich habe alles überstanden.«
»Bisher. Das war das Vorspiel, Robert. Ich behaupte, dass du diese Frau gar nicht kennst. Du weißt, dass sie eine blendende Mathematikerin ist, ein Genie, aber was weißt du denn wirklich von ihr? Von ihrer Herkunft, von ihrer Seele, von ihren Träumen meinetwegen. Denn das ist bei einem Menschen wichtig. Es ist die Basis, aus der sich alles andere einfach entwickelt.«
»So denkst du.«
»Du solltest es ebenfalls tun.«
Der Professor seufzte auf und legte seine Hand auf die Klinke der Haustür. »Wenn du mich jetzt noch lange aufhältst, wird es dunkel. Du möchtest auch nicht, dass ich in der Finsternis fahre – oder?«
»Ich will, dass du hier bei mir bleibst.«
»Sie wird mich schon nicht fressen.« Palmer erschrak selbst über seine Bemerkung, denn er dachte an die Szene, die er gesehen hatte.
Da hatte Diondra einen Arm in der Hand gehalten. Er schüttelte sich und öffnete hastig die Tür.
Wind war aufgekommen und erfasste ihn. Dieses Haus lag relativ einsam und auch ziemlich deckungslos. Zwar in einer kleinen Mulde, und zwar zur Westseite, von einem Stein, auf dem eine Hecke wuchs, umgeben, aber wenn der Wind es wollte, fauchte er in jede Ecke hinein, das war auch jetzt der Fall.
Der Professor duckte sich und lief auf seinen Wagen zu. Rebecca hatte ihm erst folgen wollen, überlegte es sich anders und blieb vor der Tür auf der Außentreppe stehen. Sie spürte den Wind in ihrem Gesicht, sie spürte auch das Brennen in ihren Augen und wusste, dass es Tränen waren, die sie einfach nicht hatte zurückhalten können.
Ihr Mann stieg ein. Er schnallte sich an, er startete den Motor. Alles völlig normale Vorgänge. Nicht aber für Rebecca. Ihr kam es vor, als sähe sie die zum letzten Mal.
Palmer fuhr an. Er hatte dabei seinen Kopf nach rechts zum Haus gedreht, wo Rebecca stand. Langsam rollte er an der Treppe vorbei und hob die Hand zum Gruß.
Die Frau winkte matt zurück. Noch immer musste sie weinen und ärgerte sich dabei über sich selbst. Sie schluckte, aber das Brennen wollte aus dem Hals nicht verschwinden.
Rebecca hatte viel über Vorahnungen gelesen. Bisher war dieses Gebiet für sie reine Theorie gewesen, heute aber dachte sie anders darüber, denn auch sie war von einer Vorahnung überrascht worden. Es konnte durchaus möglich sein, dass sie ihren Mann zum letzten Mal sah, denn sein Ziel empfand Rebecca als gefährlich und unmenschlich. Sie kannte Diondra nicht, aber diese Person flößte ihr Angst ein. Robert hatte oft genug von ihr berichtet und über sie eigentlich nichts Menschliches gesagt. Diese Frau war eine Maschine, und sie war gleichzeitig ein Rätsel. In ihr steckten zahlreiche Geheimnisse. Es würde schwer sein, sie an die Oberfläche zu holen, und wenn sie einmal dort waren, dann würde es noch schwerer sein, sie zu begreifen.
Manchmal konnten Geheimnisse auch tödlich sein…
Dieser Gedanke ließ die Frau schaudern. Sie drehte sich hastig um und ging wieder zurück ins Haus. Dort stellte sie sich in den Wohnraum und schaute mit leeren Blicken aus dem Fenster. In der Ferne sah sie das Meer, doch Trost konnte ihr der wogende Wasserteppich auch nicht geben. Im Gegenteil, sein Grau kam ihr vor wie eine finstere Drohung…
***
Urplötzlich war
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