0794 - Das Zauber-Zimmer
langen Schritten lief ich auf die Tür der Werkstatt zu und riss sie auf…
***
Die Melodien schienen mir zusammen mit der kalten Luft entgegenzuwehen. Es war jetzt dunkel geworden, aber nicht so finster, als dass ich nichts hätte sehen können. Der Schnee lag auf dem Boden, hinzu kam der blanke Himmel, der einen matten Glanz abgab.
Wenn ich nach vorn schaute, sah ich das freie Land, aber die Musik erreichte mich von der Seite.
Ich drehte den Kopf nach links.
Hinter mir hörte ich Schritte. Harry Stahl drängte sich in meine Nähe. »Siehst du was?«, fragte er.
»Noch nicht. Was ist mit Fuhrmann?«
»Er ist nicht gegangen. Steht in einer Ecke und… nun ja, wir werden sehen.«
Auch Harry war durcheinander. Obwohl die Musik normal klang, gingen wir davon aus, dass es keine normalen Musiker waren, die uns ein Ständchen bringen wollten.
Ich stand nicht günstig. Wir hörten die Klänge zwar, aber wir sahen die Gestalten nicht. Sie befanden sich wahrscheinlich hinter dem Haus, und zwar an der linken Seite, denn vor uns bewegte sich nichts. Ich ging deshalb einige Schritte vor und konnte dadurch um den hohen Holzstapel herumschauen.
Harry Stahl war mir gefolgt. Als unser Blick frei lag, da konnten wir sie sehen.
Sie waren zu dritt, aber nur zwei spielten. Das Klavier stand noch im Hotel.
Derjenige, den ich dort gesehen hatte, war einige Schritte vorgegangen. Die beiden Geiger standen hinter ihm, und im ersten Moment sahen sie in ihrer schwarzen Kleidung aus wie Vogelscheuchen. Mir war allerdings nicht nach Lachen zumute, denn die drei Musiker machten auf mich schon einen unheimlichen Eindruck.
Ihre graubleichen Gesichter hatten ungefähr die gleiche Farbe wie der alte Schnee. Sie stachen von der Kleidung ab, und während sie spielten, bewegten sich ihre lappigen Lippen, ohne dass sie jedoch ein Wort sprachen.
Harry Stahl hatte sich auf das Musikstück konzentriert. »Mein Gott«, sagte er leise, »das hört sich ja direkt unheimlich an, das geht unter die Haut. Da bin ich…«
»Wir werden zu ihnen gehen.«
Harry nickte. Er ging nicht auf meine Bemerkung ein, sondern fragte: »Sind sie denn tot?«
Ich hob die Schultern.
Harry Stahl ließ nicht locker. »Zombies?«
»Nein«, murmelte ich, »das können keine Zombies sein, denn ich habe sie verschwinden sehen.«
»Aber jetzt sind sie da.«.
»Und nicht ohne Grund.«
Ich bekam noch die zuckende Bewegung des Arms mit, als ich vorging, aber der Kommissar schaffte es nicht, mich zurückzuhalten. Ich wollte endlich wissen, was mit diesen Gestalten los war.
Und ich würde bei ihnen die Probe aufs Exempel machen. Noch einmal sollten sie meinem Kreuz nicht entkommen.
Sehr genau behielt ich sie im Blick, als ich auf die beiden zuschritt.
Sie spielten weiter, als wäre nichts geschehen. Andere, knirschende Geräusche erreichten meine Ohren, und mir fiel etwas spät auf, dass es Schnee war, der von meinen Schuhsohlen zusammengedrückt wurde. Auch wenn sie mich sahen, diese drei Gestalten nahmen mich kaum zur Kenntnis. Zwei von ihnen spielten weiter, der Dritte stand vor den beiden und drehte ihnen den Rücken zu.
Noch etwas hielt mich auf. Es war Fuhrmanns Stimme, die durch die Dunkelheit hallte. Der Schreiner stand in der offenen Tür der Werkstatt und hatte den Arm ausgestreckt. »Das ist die Melodie des Todes. Wir haben sie oft gehört. Sie wurde immer im Hotel gespielt…« Sein letztes Wort endete in einem Schluchzen.
Ich schaute nicht mehr zurück. Einmal hatte ich mich ablenken lassen, jetzt wollte ich zu den drei Gestalten, die mich kommen ließen und nichts taten.
Die Entfernung schrumpfte zusammen. Dicht vor dem ersten blieb ich stehen. Ich hätte jetzt mein Kreuz ziehen und es ihm entgegenhalten müssen, warum ich das nicht tat, war mir selbst ein Rätsel.
Möglicherweise ließ ich mich da von meinem Gefühl und gleichzeitig dem Unterbewusstsein treiben, denn diese Gestalten waren auch in der Lage, mir den Weg zu ebnen.
Ich schaute den ersten an.
Sein bleiches Gesicht zeigte ein schiefes Grinsen. Der Blick war auf mich gerichtet, gleichzeitig aber verlor er sich auch in der Ferne.
War er ein Zombie, war er keiner?
Ich musste mich selbst überwinden, um ihn anzusprechen. »Wer sind Sie?«, fragte ich.
Er öffnete seinen Mund. Fauliger Gestank strömte mir entgegen, als wäre dieser Mann innerlich vermodert. »Es ist unsere Musik«, hörte ich ihn sprechen.
»Für wen spielen Sie die Melodie?«
»Für die Gäste…«
»Aber die sind
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