0798 - Der Hausmeister
»Dann sind wir beide geschiedene Leute. Verstehst du?«
Er schwieg.
Anne aber sprach weiter. »Niemand wird dann noch seines Lebens froh werden, darauf kannst du dich verlassen. Und ich denke nicht, dass es bei deinen Kollegen anders sein wird.«
»Das stimmt, Mrs. Cavendish«, pflichtete ich ihr bei. »Und weil dies so ist, haben wir uns abgesichert.«
»Gibt es die perfekte Absicherung?«
»Die fast perfekte.«
»Das ist mir zu wenig, Mister Sinclair.«
»Haben Sie denn einen anderen Vorschlag?«, fragte Suko. »Einen, der besser ist?«
Anne Cavendish schüttelte den Kopf und fing wieder an zu weinen. »Nein, den habe ich nicht. Ich weiß ja, dass dieses verdammte Monstrum uns immer auf der Spur sein wird. Ich weiß auch, dass wir es packen müssen, aber dass gerade meine Tochter der Mittelpunkt ist, das gefällt mir überhaupt nicht.«
Uns ebenfalls nicht. Und doch gab es keinen anderen Weg. Als ich wenig später dem Mädchen mein Kreuz umhängte und es unter seinen Pullover schob, da strahlte es wie ein Engel…
***
Die Tür zur Wohnung des Hausmeisters war noch verriegelt gewesen, aber Suko hatte die Erlaubnis, dieses Siegel zu brechen. Er öffnete eine Tür, die so quietschte, als wäre sie der Eingang zu einem finsteren Gewölbe oder einer Gruft.
Und wie in einer Gruft roch es auch in der Wohnung. Schal, muffig und abgestanden. Irgendwie auch klebrig und übel. Sie strafte die Tatsache Lügen, dass es im Winter keine Fliegen gab. Ein halbes Dutzend summte in der Küche, die für Suko nicht mehr als eine Abfallhalde war, in der nie gesäubert wurde und alles kreuz und quer stand. Wo sich auch das Geschirr wie ein Berg in der Spüle hochtürmte.
Dieser Ewald Trigger hatte nicht gewohnt, sondern gehaust, und er schien sich hier sehr wohl gefühlt zu haben.
Suko hatte zuerst die Küche betreten, war dann in den kleinen Wohnraum gegangen, wo ein Fernseher, ein Tisch, ein alter Schrank und zwei Stühle standen. An der Seite, dem Schrank gegenüber, stand ein altes Metallbett. Er warf auch einen Blick ins Bad und hielt die Luft an. Rasch schloss er die Tür wieder hinter sich.
Er betrat wieder die Küche, wo ihn die Fliegen summend begrüßten. Auch die Fensterscheibe war schmutzig, es fiel besonders jetzt auf, wo die Strahlen der Sonne gegen das Viereck schienen und die Scheibe in eine Nebelwand verwandelten. Sie wirkte wie ein helles Filmbild, auf dem die Figuren verschwunden waren.
Suko stellte sich vor das Fenster. Es lag hoch, er konnte auf den hinteren Teil des Schulhofs blicken, wo die Kinder in der ersten Pause tobten.
Völlig unbefangen bewegten sich die Kleinen. Sie hatten lange gesessen und waren froh, endlich rennen zu können. Einige aßen dabei ihre Pausenmahlzeit, es war wie immer, sie fühlten sich gut, und nichts deutete auf eine Gefahr hin.
Da dachte Suko anders.
Zwar hatte er den Geist des Hausmeisters nicht gesehen, doch er konnte sich vorstellen, dass er zurückkehrte. Er wollte das Kind, es saß hier in der Schule, und auch seine Eltern waren gekommen.
In einem Nebenraum des Sekretariats hatte man sie untergebracht, während John Sinclair wie ein unruhiger Geist durch die Schule tigerte und ebenfalls nach Spuren des Hausmeisters suchte.
In der Hausmeister-Wohnung war es nicht still. Dafür sorgte schon das Summen der fetten, glänzenden Schmeißfliegen, die ihre Landeplätze auf den eingetrockneten Essensresten fanden.
Neben dem Fenster war Platz. Suko lehnte sich dort an die Wand, schaute auch weiterhin in den Hof und holte sein Sprechfunkgerät hervor. Er nahm mit John Sinclair Verbindung auf.
»Ich bin jetzt oben, John.«
»Und?«
»Nur Dreck. Da hat niemand geputzt, auch keiner gespült. Ich bin umgeben von fetten Fliegen. Macht richtig Spaß. Ich werde nach der Pause mal lüften.«
»Tu das.«
»Wo steckst du?«
Er hörte die Stimme des Geisterjägers, als würde dieser direkt neben ihm stehen. »Ich halte mich außerhalb der Schule auf und beobachte die Kinder in der Pause.«
»Hast du was gesehen?«
»Nichts Verdächtiges, John. Es läuft alles normal ab.«
»Stimmt, das kann ich von hier oben erkennen. Was ist mit dem Mädchen?«
»Dinah fühlte sich wohl.«
»Hast du dich auch in der ersten Etage umgeschaut?«
»Habe ich. Das Filmteam von Moviestar ist eingetroffen. Die wollen heute Morgen drehen.«
Suko lachte. »Kommen die sich denn nicht gegenseitig ins Gehege.«
»Anscheinend nicht. Der Schulbetrieb wird nicht gestört. Das kann schon
Weitere Kostenlose Bücher