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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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mein Bruder. Er will immer, dass ich einen Plan mache.«
    »Alles wird sich ändern.«
    »Cops werden immer benötigt.«
    »Cops, die sich unerlaubt von der Truppe entfernen?«
    »Wir brauchen nur einen Erfolg«, erwiderte ich. »Mrs. Kramer oder Carbone. Oder vielleicht Brubaker. Drei Mordfälle, drei Chancen.«
    Sie schwieg.
    »Locker bleiben«, sagte ich. »Wir haben uns für achtundvierzig Stunden ausgeklinkt. Die sollten wir genießen. Sorgen bringen uns nicht weiter. Wir sind in Paris.«

    Sie nickte. Ich beobachtete sie. Beobachtete, wie sie damit fertig zu werden versuchte. Im Kerzenschein wirkten ihre Augen sehr ausdrucksvoll.
    »Trinken Sie einen Schluck Wein«, forderte ich sie auf. »Amüsieren Sie sich.«
    Meine Hand lag auf dem Tisch. Sie griff danach, drückte sie und hob dann ihr Glas.
    »North Carolina kann uns niemand nehmen«, sagte sie.
     
    Wir bestellten beide das dreigängige Menü von der Speisekarte und verbrachten zwei Stunden damit, es uns einzuverleiben und noch mehr Rotwein zu trinken. Dienstliche Themen klammerten wir bewusst aus und sprachen stattdessen über persönliche Dinge. Sie fragte nach meiner Familie. Ich erzählte ihr ein wenig über Joe und nicht viel über meine Mutter. Sie berichtete mir von ihren Eltern und Geschwistern und so vielen Cousins und Cousinen, dass ich bald den Überblick verlor. Aber hauptsächlich war ich damit beschäftigt, ihr Gesicht im Kerzenschein zu betrachten. Das Ebenholzschwarz ihres Teints war mit einem Kupferton unterlegt. Ihre Augen glichen Kohlestücken. Ihr Unterkiefer wirkte zart wie dünnes Porzellan. Für eine Soldatin war sie unwahrscheinlich klein und sanft. Aber dann erinnerte ich mich an ihre Scharfschützenabzeichen. Mehr als ich besaß.
    »Werde ich Ihre Mom kennen lernen?«, fragte sie.
    »Wenn Sie wollen«, antwortete ich. »Aber sie ist sehr krank.«
    »Der Beinbruch ist also nicht alles?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie hat Krebs«, sagte ich.
    »Schlimm?«
    »Schlimmstmöglich.«
    Summer nickte. »So was hab ich mir schon gedacht. Seit Ihrem letzten Parisbesuch waren Sie ganz durcheinander.«
    »Tatsächlich?«
    »So was belastet einen natürlich.«
    »Mehr als ich gedacht hätte.«

    »Haben Sie sie denn nicht gern?«
    »Doch, sogar sehr gern. Aber … Sie wissen ja, niemand lebt ewig. In der Theorie kommen solche Dinge nicht überraschend.«
    »Ich glaube, es wäre unpassend, wenn ich mitkäme. Sie sollten mit Joe hingehen. Nur die beiden Jungs.«
    »Sie lernt gern neue Leute kennen.«
    »Vielleicht fühlt sie sich nicht gut.«
    »Das sollten wir erst mal abwarten. Möglicherweise will sie zum Mittagessen ausgehen.«
    »Wie sieht sie aus?«
    »Schrecklich.«
    »Dann wird sie keine neuen Leute sehen wollen.«
    Wir saßen eine Zeit lang schweigend da, dann ließen wir uns die Rechnung bringen. Wir legten unser Geld zusammen, zahlten jeder die Hälfte und gaben noch ein anständiges Trinkgeld dazu. Den gesamten Rückweg ins Hotel hielten wir uns an den Händen. Das erschien uns als die natürlichste Sache der Welt. Wir waren auf einem Meer von Problemen allein, die teils beruflicher, teils privater Natur waren. Der Mann mit dem Zylinder hielt uns die Tür auf und wünschte uns bonne nuit. Wir fuhren mit dem Aufzug hinauf, ohne uns zu berühren. Als wir oben ankamen, musste Summer nach links, ich nach rechts. Ein etwas peinlicher Moment. Wir schwiegen beide. Ich spürte deutlich, dass sie zu mir wollte, und hätte nichts lieber getan, als mit ihr zu gehen. Ich stellte mir ihr Zimmer vor, die blassgelben Wände, den Parfümduft, das Bett. Ich malte mir aus, wie ich ihr den neuen Pullover über den Kopf streifte. Den Reißverschluss ihres neuen Rocks aufzog, der mit Seide gefüttert sein und leise rascheln würde, wenn er zu Boden fiel.
    Ich wusste, dass das nicht recht gewesen wäre. Aber wir hatten uns bereits unerlaubt von der Truppe entfernt, saßen tief in der Scheiße. Ganz abgesehen davon, was es sonst hätte sein können, wäre es ein Trost, eine Wohltat gewesen.
    »Wann ist morgen Wecken?«, fragte sie.

    »Ich muss früh raus«, antwortete ich. Muss um sechs am Flughafen sein.«
    »Ich komme mit. Leiste Ihnen Gesellschaft.«
    »Danke.«
    »Nichts zu danken. Dann müssen wir gegen vier Uhr aufstehen.«
    »Vermutlich«, sagte ich. »Gegen vier.«
    »Schön, dann gute Nacht«, sagte sie.
    »Schlafen Sie gut.«
    Ich wandte mich nach rechts, sah mich nicht noch einmal um. Hörte, wie ihre Tür geöffnet und kurz nach meiner

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