08-Die Abschussliste
dass sie die beiden im Blick hatte. Zwei gegen zwei. Ich zog die zweite Telefonnotiz heraus und gab sie ihr: Laut Polizei Green Valley ist Mrs. K. gegen zwei Uhr verstorben. Sie faltete den Zettel auseinander, las die Mitteilung, legte ihn wieder zusammen und gab ihn mir zurück. Ich steckte ihn wieder unters Telefon. Dann fragte ich Vassell und Coomer erneut nach der Tagesordnung für Irwin und stellte fest, dass ihre Einstellung sich veränderte. Sie wurden nicht etwa auskunftsfreudiger, aber da jetzt eine Frau anwesend war, verzichteten sie auf offene Feindseligkeit und ersetzten sie durch selbstgefällige, gönnerhafte Höflichkeit.
»Das sollte eine reine Routinesache sein«, erklärte Coomer. »Bloß eines unserer regelmäßigen Palaver. Nichts wirklich Wichtiges.«
»Was erklärt, weshalb Sie dann doch nicht hingeflogen sind«, sagte ich.
»Natürlich. Wir haben’s für angebracht gehalten, hier zu bleiben. Sie wissen schon, wegen der Umstände.«
»Wie haben Sie von Kramers Tod erfahren?«
»Das XII. Korps hat uns angerufen.«
»Aus Deutschland?«
»Dort steht das XII. Korps, junger Mann«, antwortete Vassell.
»Wo haben Sie gestern übernachtet?«
»In einem Hotel«, sagte Coomer.
»In welchem?«
»Im Jefferson. In Washington, D. C.«
»Privat oder mit Militärgutscheinen?«
»Das Hotel ist für Stabsoffiziere zugelassen.«
»Wieso hat General Kramer nicht dort übernachtet?«
»Weil er andere Vereinbarungen getroffen hatte.«
»Wann?«
»Wann was?«, fragte Coomer.
»Wann hat er diese anderen Vereinbarungen getroffen?«
»Vor einigen Tagen.«
»Das Ganze war also kein plötzlicher Einfall?«
»Nein.«
»Wissen Sie, was er vereinbart hatte?«
»Offensichtlich nicht«, entgegnete Vassell. »Sonst würden wir Sie nicht fragen, wo er gestorben ist.«
»Sie dachten nicht, er besuche vielleicht seine Frau?«
»Hat er’s getan?«
»Nein«, sagte ich. »Wozu müssen Sie wissen, wo er gestorben ist?«
Nun entstand eine lange Pause. Ihre Einstellung änderte sich erneut. Die Selbstzufriedenheit fiel von ihnen ab und machte einer Art gewinnender Offenheit Platz.
»Wir müssen’s nicht wirklich wissen«, sagte Vassell. Er beugte sich nach vorn und sah kurz zu Summer, als wünschte er sich, sie wäre nicht anwesend. Als sollte diese neue Intimität nur von Mann zu Mann, nur zwischen uns beiden gelten. »Und obwohl wir keinerlei spezifische Informationen oder direkte Kenntnis besitzen, sind wir besorgt, General Kramers private Vereinbarungen könnten im Licht der Begleitumstände potenziell zu Peinlichkeiten führen.«
»Wie gut haben Sie ihn gekannt?«
»Auf beruflicher Ebene zweifellos sehr gut. Auf privater ungefähr so gut, wie jeder seine Offizierskameraden kennt. Also vielleicht doch nicht gut genug.«
»Aber Sie haben einen ganz allgemeinen Verdacht, wie seine Vereinbarungen ausgesehen haben könnten.«
»Ja«, sagte er. »Das haben wir.«
»Es war also keine Überraschung, dass er nicht im Hotel übernachtet hat?«
»Nein«, sagte er.
»Und es war keine Überraschung, als er Ihnen erzählt hat, er besuche nicht seine Frau?«
»Keine völlige, nein.«
»Sie konnten sich also ungefähr denken, was er vorhatte, aber Sie wussten nicht, wo.«
Vassell nickte. »Ungefähr.«
»Wussten Sie, mit wem er’s tun wollte?«
Vassell schüttelte den Kopf.
»Genaueres ist uns nicht bekannt«, meinte er.
»Okay«, sagte ich. »Ist nicht weiter wichtig. Sie kennen die Army bestimmt gut genug, um zu wissen, dass wir bei unseren Ermittlungen alles vertuschen würden, was potenziell zu Peinlichkeiten führen könnte.«
Nun entstand eine lange Pause.
»Sind sämtliche Spuren beseitigt worden?«, fragte Coomer. »Wo immer es sich abgespielt hat?«
Ich nickte. »Wir haben seine Sachen sichergestellt.«
»Gut.«
»Ich brauche die Tagesordnung für Irwin«, wiederholte ich.
Wieder eine Pause.
»Es hat keine gegeben«, erklärte Vassell.
»Garantiert hat’s eine gegeben«, sagte ich. »Wir sind in der Army. Nicht in einer Schauspielschule. Wir machen kein Improvisationstheater.«
»Es hat nichts Schriftliches gegeben«, sagte Coomer. »Die Tagung war wie gesagt keine große Sache, Major.«
»Womit haben Sie den heutigen Tag verbracht?«
»Mit der Verfolgung von Gerüchten über den General.«
»Wie sind Sie von Washington hergekommen?«
»Das Pentagon hat uns einen Wagen mit Fahrer zur Verfügung gestellt.«
»Sie wohnen nicht mehr im Jefferson?«
»Nein.«
»Also befindet
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