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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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das verringerte meine Chancen auf ungefähr fünfzig zu fünfzig. Aber ich ließ mich von ihnen in den Wagen schieben. Später fragte ich mich, was passiert wäre, wenn ich in diesem Augenblick das Weite gesucht hätte. Manchmal wünschte ich mir, ich hätte es getan.
    Der Wagen war ein ehemals weißer Chevrolet Caprice gewesen, bevor die Army ihn olivgrün umgespritzt hatte. Innen im Türrahmen war die ursprüngliche Farbe noch zu sehen. Er hatte Kunstledersitze und Fensterkurbeln statt elektrischer Fensterheber. Dies war die zivile Polizeiausführung. Ich rutschte über den Rücksitz, bis ich hinter dem Beifahrersitz angelangt war. Einer der beiden W 3 zwängte sich neben mich auf den Rücksitz, der andere setzte sich ans Steuer. Der W 4 saß vorn auf dem Beifahrersitz. Keiner von uns sprach ein Wort.
    Wir brausten auf dem Washington Beltway nach Osten in Richtung Innenstadt. Joe mit seinem Taxi hatte nur ungefähr fünf Minuten Vorsprung. Dann bogen wir nach Südosten ab und fuhren durch Tysons Corner. Jetzt wusste ich genau, wohin wir unterwegs waren. Einige Meilen später entdeckte ich die ersten Wegweiser nach Rock Creek, einer Kleinstadt etwas über zwanzig Meilen nördlich von Fort Belvoir und ungefähr vierzig Meilen nordöstlich des Marine-Corps-Stützpunkts in Quantico - zumindest auf dem Papier mein ständiger Dienstort; denn dort war das 110th Special Unit stationiert. Somit war klar, wohin wir unterwegs waren. Aber ich hatte keine Ahnung, weshalb.
    Das Stabsgebäude des Hundertzehnten enthielt nur Büros und Versorgungseinrichtungen, keine Haftzellen. Keine aufwändig gesicherten Räume. Also sperrten sie mich in einen Vernehmungsraum. Warfen einfach meinen Seesack auf den Tisch und schlossen die Tür ab. Dies war ein Raum, in dem ich früher selbst Kerle eingesperrt hatte. Also wusste ich, wie so etwas lief. Einer der W 3 würde auf dem Korridor Wache halten. Vielleicht
sogar beide. Also kippte ich den einfachen Holzstuhl nach hinten, legte die Füße auf den Tisch und wartete.
    Ich wartete eine Stunde; fühlte mich unbehaglich, war hungrig und durstig. Hätten sie das gewusst, hätten sie mich vermutlich zwei Stunden oder noch länger warten lassen. So kamen sie nach ziemlich genau einer Stunde zurück. Der W 4 trat als Erster ein und bedeutete mir mit einer Kinnbewegung, aufzustehen und ihm zu folgen. Die beiden W 3 schlossen sich uns an. Ich wurde zwei Stockwerke höher geführt. Dort durch kahle graue Korridore nach links und wieder nach rechts. Nun wusste ich bestimmt, wohin wir unterwegs waren: zu Leon Garbers Dienstzimmer. Aber ich wusste nicht, weshalb.
    Sie ließen mich vor seiner Tür Halt machen. Auf dem gerippten Glas des Türeinsatzes stand in goldenen Buchstaben KOMMANDEUR. Durch diese Tür war ich schon oft gegangen, aber noch nie als Festgenommener unter Bewachung. Der W 4 klopfte an, wartete, öffnete die Tür und trat zur Seite, um mich eintreten zu lassen. Dann schloss er die Tür hinter mir und blieb mit seinen Leuten draußen auf dem Flur.
    Hinter Garbers Schreibtisch saß ein Mann, den ich noch nie gesehen hatte. Ein Oberst im Kampfanzug. Auf seinem Namensschild stand Willard, U.S. Army. Er hatte eisgraues, wie bei einem Schuljungen gescheiteltes Haar, das dringend hätte geschnitten werden müssen. Er trug eine Nickelbrille. Sein Gesicht sah fahl und aufgedunsen aus. Er war klein und relativ stämmig, und die Art und Weise, wie seine Schultern den Kampfanzug nicht ausfüllten, zeigte mir, dass er nichts tat, um in Form zu bleiben. Er konnte nicht stillsitzen, rutschte nach links und zupfte an seiner Hose, wo sie sich über dem rechten Knie spannte. Bevor ich zehn Sekunden im Raum war, hatte er seine Haltung dreimal verändert. Vielleicht litt er an Hämorrhoiden. Vielleicht war er nervös. Er besaß weiche Hände. Abgekaute Fingernägel. Kein Ehering. Bestimmt geschieden. Keine Frau hätte ihn mit solchen Haaren herumlaufen lassen. Und keine Frau hätte dieses Herumrutschen und -zappeln ausgehalten. Jedenfalls nicht lange.

    Ich hätte Haltung annehmen und zackig grüßen sollen: »Sir, Major Reacher meldet sich zur Stelle.« In der Army machte man das so. Aber der Teufel sollte mich holen, wenn ich das tat. Ich sah mich nur in aller Ruhe um und blieb vor dem Schreibtisch stehen, ohne Haltung anzunehmen.
    »Ich verlange Erklärungen von Ihnen«, sagte der Kerl namens Willard.
    Er rutschte erneut auf seinem Stuhl herum.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich.
    »Das können Sie selbst

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