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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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nächsten liege, und um mir mitzuteilen, wo der Aktenkoffer aufbewahrt werde - für den Fall, dass ich jemanden vorbeischicken wolle, um ihn abholen zu lassen.

12
    Summer lenkte das Humvee, das ich vor dem Gebäude am Randstein geparkt zurückgelassen hatte. Wir wollten keine Zeit damit verlieren, uns eine Limousine zu besorgen. Das beeinträchtigte ihren Fahrstil etwas. Humvees sind große, langsame Trucks, die für alles Mögliche taugen - aber schnelles Fahren
auf asphaltierten Straßen gehört nicht dazu. Hinter dem Steuer sah Summer winzig aus. Im Wageninneren herrschte ein Höllenlärm. Der Motor röhrte, und die grobstolligen Reifen jaulten. Es war kurz vor sechzehn Uhr an einem trüben Wintertag, und draußen wurde es schon fast dunkel.
    Wir waren nach Norden zu Kramers Motel unterwegs, bogen an der Kleeblattkreuzung kurz nach Osten ab und fuhren auf der I-95 wieder nach Norden. Nach fünfzehn Meilen passierten wir eine Raststätte und begannen, Ausschau nach dem Dienstgebäude der State Police zu halten. Wir fanden es zwölf Meilen weiter. Es war ein langer eingeschossiger Klinkerbau mit einem Wald von hohen Funkantennen auf dem Dach. Das Gebäude war schätzungsweise vierzig Jahre alt. Die Klinkersteine sahen schmutzig beige aus. Ob sie ursprünglich gelb gewesen und in der Sonne ausgebleicht oder weiß gewesen und von Autoabgasen schmutzig geworden waren, ließ sich nicht mehr feststellen. Aus Edelstahl gefertigte Buchstaben einer Art-déco-Schrift bildeten die Wörter North Carolina State Police, die sich über die gesamte Gebäudefront zogen.
    Wir bogen von der I-95 ab und parkten vor der zweiflügligen Glastür des Haupteingangs. Summer stellte den Motor ab, wir blieben noch einen Augenblick sitzen und stiegen dann aus. Überquerten einen schmalen Gehsteig und betraten das Gebäude. Es war ein typischer Polizeibau: rein funktional und mit Linoleum ausgelegt, das jeden Abend, ob nötig oder nicht, gebohnert wurde. Die Innenwände wiesen zahlreiche Schichten glatter Wandfarbe auf, die direkt auf Hohlblocksteine aufgetragen war. Die Luft fühlte sich heiß und trocken an und roch schwach nach einer Mischung aus Schweiß und abgestandenem Kaffee.
    Hinter der Empfangstheke saß ein Mann in Uniform. Da wir im Kampfanzug erschienen und unser Humvee durch die Glastür sichtbar war, stellte er sofort eine Verbindung her. Er verlangte keinen Ausweis und fragte auch nicht nach dem Grund unseres Besuchs. Er wollte auch nicht wissen, weshalb General Kramer nicht selbst gekommen war. Er musterte mich nur kurz,
betrachtete Summer etwas länger, bückte sich dann und holte den Aktenkoffer unter der Theke hervor. Das Ding steckte in einer durchsichtigen Plastikhülle. Nicht in einer Klarsichthülle für Beweismittel. Nur in der Tragetasche irgendeines Ladens, dessen Name rot aufgedruckt war.
    Der Aktenkoffer selbst passte genau zu Kramers Kleidersack. Das gleiche Material, die gleiche Farbe, das gleiche Design, das gleiche Alter, der gleiche Abnutzungsgrad, kein Monogramm. Ich öffnete ihn und sah hinein. In dem Aktenkoffer lag eine Geldbörse, ein Umschlag mit Flugtickets, ein Reisepass, ein von einer Büroklammer zusammengehaltener dreiseitiger Reiseplan und ein Hardcoverbuch.
    Aber keine Tagesordnung einer Konferenz.
    Ich klappte den Deckel zu und legte den Aktenkoffer auf die Theke. Ich war enttäuscht, aber nicht überrascht.
    »Befand er sich in der Plastiktüte, als der Trooper ihn gefunden hat?«, fragte ich.
    Der Mann hinter der Theke schüttelte den Kopf. Er hatte nur Augen für Summer, nicht für mich.
    »Ich habe ihn selbst reingesteckt«, antwortete er. »Damit er nicht schmutzig wird. Ich wusste nicht, wann jemand kommen würde, um ihn abzuholen.«
    »Wo genau ist er gefunden worden?«
    Er hörte auf, Summer anzustarren, und ließ seinen dicken Zeigefinger das Diensttagebuch hinuntergleiten bis zu einem Code, der einen bestimmten Streckenabschnitt bezeichnete. Dann drehte er sich um und fuhr mit demselben Zeigefinger eine Wandkarte entlang. Auf dieser Karte, die einem langen, fünfzehn Zentimeter breiten Band glich, war in kleinem Maßstab der durch North Carolina verlaufende Teil der I-95 dargestellt. Sie zeigte jede einzelne Meile des Highways zwischen South Carolina und Virginia. Der Finger des Typs schwebte einen Augenblick über der Karte, dann tippte er nachdrücklich auf einen Punkt.
    »Hier«, sagte er. »Auf dem Bankett in Richtung Norden, eine
Meile nach der Raststätte, ungefähr elf Meilen

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