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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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der letzten Regierung führte, von uns gestreut wurde«, sagte Holtzman. Jack blickte ihn nur stumm an. Selbst ein »Kein Kommentar« wäre unter diesen Umständen ein vielsagender Kommentar gewesen.
»Das hat Goto die erste Chance gekostet, Ministerpräsident zu werden. Er war als nächster dran, das werden Sie doch wissen?«
»Na ja, jetzt hat er noch mal eine bekommen. Seine Geduld wird belohnt«, gemerkte Ryan. »Falls er eine Koalition zusammenbekommt.«
»Erzählen Sie mir doch nicht so was!« Hunter beugte sich zum Spiegel vor, um die letzten Reste der Schminke von der Nase zu wischen. »Sie wissen genauso gut wie ich, was er vor Journalisten geäußert hat. Er kriegt ein Kabinett zusammen, und Sie wissen auch, mit welchen Argumenten er gearbeitet hat.«
»Geredet wird viel, besonders in der Branche«, sagte Jack. Er hatte noch nicht ganz kapiert, daß er jetzt selbst zu »der Branche« gehörte. »War vermutlich bloß ein Aussetzer. Wieder mal ein Politiker, der ein bißchen zuviel getrunken hat, nachdem er im Amt oder im Wahlkreis Ärger hatte ...«
»Oder im Geishahaus«, warf Kris Hunter ein. Sie wischte sich die letzte Schminke ab, setzte sich auf die Kante des Schminktisches und zündete sich eine Zigarette an. Kristyn Hunter war eine Reporterin der alten Schule. Obwohl sie noch nicht fünfzig war, war sie gerade in die Leitung der Auslandsredaktion der Chicago Tribune berufen worden. Ihre Stimme klang rauh. »Vor zwei Jahren hat dieser Mistkerl sich an mich rangemacht. Seine Ausdrücke hätten einen Seemann erröten lassen, und seine Vorschläge waren, sagen wir mal, ausgefallen. Ich nehme doch an, daß Sie Erkenntnisse über seine persönlichen Gewohnheiten haben, Dr. Ryan?«
»Kris, sofern wir überhaupt persönliches Material über ausländische Politiker haben, werde ich darüber niemals reden, aber auch nicht einmal.« Jack überlegte. »Moment. Er spricht doch gar nicht Englisch, oder?« Ryan schloß die Augen und versuchte sich zu erinnern, was seine Unterlagen darüber sagten.
»Wußten Sie das nicht? Er kann, wenn er will, aber wenn er nicht will, tut er's nicht. An dem Tag wollte er nicht. Er hatte eine Dolmetscherin, ungefähr siebenundzwanzig. Sie ist noch nicht mal rot geworden.« Hunter lachte böse. »Ich war natürlich schockiert. Was halten Sie davon, Dr. Ryan?«
Ryan hatte kaum Zweifel an den Erkenntnissen, die die Operation SANDALWOOD zutage gefördert hatte. Trotzdem war es ganz angenehm, dies von einer völlig unabhängigen Quelle bestätigt zu bekommen. »Ich denke mal, daß er Blondinen mag«, sagte Jack leichthin.
»Man hört so was. Es heißt auch, er habe jetzt eine neue.«
»Jetzt mal im Ernst, Kris«, bemerkte Holtzman. »Das ist doch nichts Ungewöhnliches.«
»Goto läßt die Leute gern merken, was für ein Ekel er ist. Er kann richtig widerlich sein, wenn die Gerüchte stimmen.« Kris Hunter machte eine Pause. »Ich bin überzeugt, daß sie stimmen.«
»Ehrlich?« fragte Ryan in aller Unschuld. »Weibliche Intuition?«
»Seien Sie nicht sexistisch«, warnte ihn Hunter, allzu ernst für die momentane Stimmung.
Ryans Stimme wurde ernst. »Bin ich gar nicht. Meine Frau kann Menschen viel besser beurteilen als ich. Vielleicht auch deshalb, weil sie Ärztin ist. Ehrlich.«
»Dr. Ryan, ich weiß, daß Sie was wissen. Ich weiß, daß das FBI sich in der Gegend von Seattle ganz diskret umgehört hat.«
»Tatsächlich?«
Kris Hunter ließ sich nicht beirren. »Solche Dinge bleiben nicht geheim, nicht, wenn man wie ich Freunde im Bureau hat, und nicht, wenn eines der vermißten Mädchen die Tochter eines Polizeihauptmanns ist, der Tür an Tür mit dem Stationschef des FBI in Seattle wohnt. Muß ich noch mehr sagen?«
»Warum rücken Sie dann nicht damit raus?«
Kris Hunter warf dem Nationalen Sicherheitsberater einen zornigen Blick zu. »Das will ich Ihnen sagen, Dr. Ryan. Ich bin als Studentin vergewaltigt worden. Ich dachte, der Scheißkerl bringt mich um. Ich habe dem Tod ins Auge gesehen. So was vergißt man nicht. Wenn hier was schiefläuft, werden das Mädchen und andere wie sie womöglich umgebracht. Eine Vergewaltigung kann man verwinden - ich bin der Beweis. Den Tod verwindet man nicht.«
»Danke«, sagte Ryan leise. Seine Augen und sein Nicken sagten noch mehr. Ja, ich verstehe Sie, und Sie wissen, daß ich Sie verstehe.
»Und so einer übernimmt dort die Regierung.« Kris Hunters Blicke wurden jetzt noch eindringlicher. »Er haßt uns, Dr. Ryan. Ich habe ihn interviewt.

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