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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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über den Weg gelaufen war. Es war ein nie endender Drill, und so ermüdend er auch war, hatte John doch ein zu teures Lehrgeld bezahlen müssen, um sich darüber hinwegzusetzen. Zweimal schaute er unauffällig auf seine Uhr, dann noch einmal, bevor er sich erhob. Er ließ genau den Betrag auf dem Tisch, den er für den Drink schuldete; Russen waren nicht als große Trinkgeldgeber bekannt.
    Auf der Straße war noch viel los, trotz des vorgerückten Abends. Clark hatte den Schlummertrunk im Laufe der letzten Woche zu einer festen Einrichtung gemacht, und jeden zweiten Abend pflegte er durch die Geschäfte des Viertels zu streifen. Heute entschied er sich zuerst für einen Buchladen mit langen, unregelmäßigen Regalen. Die Japaner waren ein lesefreudiges Volk. In dem Laden waren immer Leute. Er stöberte herum, entschied sich für eine Nummer des Economist, schlenderte dann ohne feste Absicht weiter, bis er hinten das Regal mit den Bildromanen entdeckte, vor dem einige Männer standen und blätterten. Größer als sie, stellte er sich direkt hinter sie, nah, aber nicht zu nah. Nach rund fünf Minuten ging er wieder nach vorn und bezahlte die Zeitschrift, die der Kassierer ihm freundlicherweise einpackte. Dann begab er sich in einen Elektronikladen, wo er sich ein paar CD-Player anschaute. Diesmal stieß er mit zwei Männern zusammen, die er jeweils höflich um Verzeihung bat, eine Wendung, die zu erlernen er sich in Monterey besondere Mühe gegeben hatte. Danach ging er auf die Straße hinaus und zurück zum Hotel, wobei er sich fragte, wieviel von den letzten fünfzehn Minuten wohl totale Zeitverschwendung gewesen sein mochte. Nichts, sagte sich Clark, nicht eine Sekunde.
    Im Zimmer angekommen, warf er Ding die Zeitschrift hin. Der musterte sie eingehend, um dann zu fragen: »Haben sie nichts in Russisch?«
»Sie bringen einen guten Bericht über die Probleme zwischen Japan und Amerika. Lies und lerne. Verbessere deine Sprachkenntnisse.«
Das gibt's nicht, dachte Chavez, der die Worte richtig deutete. Sie haben uns echt aktiviert. Jetzt würde er mit dem Magister nie fertig werden. Vielleicht wollten sie ihm einfach nicht das höhere Gehalt geben, auf das er nach den Bestimmungen der CIA mit einem akademischen Grad Anspruch hatte.
Clark hatte anderes zu tun. Das von Nomuri überbrachte Paket enthielt eine Computerdiskette und ein Zusatzgerät für einen Laptop. Er schaltete ihn ein und schob dann die Diskette ins Laufwerk. Die Datei, die er öffnete, enthielt nur drei Sätze. Kaum hatte Clark sie gelesen, löschte er die Diskette. Dann begann er etwas zu schreiben, was praktisch auf einen Korrespondentenbericht hinauslief.
Der Computer war ein verbreitetes japanisches Modell in russischer Version mit all den kyrillischen Buchstaben, und was Clark zu schaffen machte, war die Tatsache, daß er zwar wie ein waschechter Russe Russisch las und sprach, daß er aber nur auf einer englischen Tastatur (leidlich) zu tippen gelernt hatte. Die russische Tastatur machte ihn wahnsinnig, und er fragte sich manchmal, ob dieser Schwachpunkt seiner Tarnung nicht irgendwann jemandem auffallen würde. Er brauchte über eine Stunde für das Tippen des Berichts und nochmals dreißig Minuten für den wichtigeren Teil. Nachdem er beides auf die Festplatte gespeichert hatte, schaltete er die Maschine aus. Er drehte sie um, nahm hinten das Modem aus dem Steckplatz und ersetzte es durch das neue, das Nomuri gebracht hatte.
»Wie spät ist es jetzt in Moskau?« fragte er müde.
»Wie immer sechs Stunden später als hier.«
»Ich schicke es auch nach Washington.«
»Prima«, brummelte »Tschechow«. »Tolle Idee, Iwan Sergejewitsch.«
Clark stöpselte die Telefonleitung in seinen Computer und wählte über diesen die Glasfaserverbindung nach Moskau an. Die Übertragung des Berichts war eine Sache von Sekunden. Er wiederholte den Vorgang in bezug auf die Interfax-Redaktion in der amerikanischen Hauptstadt. Es ging wie geschmiert, dachte John. Bevor die Verbindung zwischen den beiden Modems zustande kam, ertönte ein Geräusch, das wie statisches Rauschen klang, und das war es auch. Die Kennung war bloß ein häßliches Zischgeräusch, wenn man nicht einen speziellen Chip hatte, und er wählte niemand anderen an als russische Presseagenturen. Daß das Büro in Washington möglicherweise vom FBI angezapft wurde, stand auf einem anderen Blatt. Als er fertig war, speicherte er eine Datei und löschte die andere. Wieder einen Tag im Dienst seines

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