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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nichts.«
Cathy lachte bloß über den Witz. »Warum ist sie nicht oben in der
Lounge?«
»Dort ist fast nur Fernmeldetechnik. Der Präsident geht gern rauf und
unterhält sich mit der Besatzung, aber es sind hauptsächlich Cryppies, die
dort arbeiten.«
»Cryppies?«
»Fernmeldetechniker«, erläuterte Jack und geleitete seine Frau wieder
zu ihren Sitzen zurück. Sie hatten einen sandfarbenen Lederbezug, waren
extra breit und extra weich, und vor kurzem waren sie zusätzlich mit einem
schwenkbaren TV-Bildschirm, einem persönlichen Telefonanschluß und
anderen Features ausgestattet worden, die Cathy nach und nach registrierte,
bis hin zum Siegel des Präsidenten auf den Gurtschnallen.
»Jetzt weiß ich, was erste Klasse wirklich bedeutet.«
»Der Flug dauert immerhin elf Stunden«, bemerkte Jack und machte es
sich gemütlich. Wenn er Glück hatte, würde er die meiste Zeit schlafen
können.
    Die vom Fernsehen übertragene Erklärung des Präsidenten vor seiner Abreise folgte ihrem eigenen Ritual. Stets wurde das Mikrofon so aufgestellt, daß die Air Force One im Hintergrund zu sehen war, um allen ins Gedächtnis zu rufen, wer er war, und das durch das Vorzeigen seines persönlichen Flugzeugs zu beweisen. Roy Newton sah eigentlich nur zu, weil es ihm um das Timing ging. Solche Erklärungen waren meistens nichtssagend, und nur C-SPAN brachte sie vollständig, obwohl auch die anderen Sender stets mit ihren Kameras zur Stelle waren für den Fall, daß die Maschine beim Abflug explodieren sollte. Nach den letzten Worten nahm Durling seine Frau Anne am Arm und ging mit ihr auf die Treppe zu, wo ein Sergeant salutierte. An der Luke des Flugzeugs drehten der Präsident und die First Lady sich um und winkten ein letztes Mal, so als befänden sie sich bereits auf Wahlkampftour - tatsächlich war diese Reise als ein Teil des nahezu ununterbrochenen Werbens um die Wähler zu verstehen; dann gingen sie hinein. C-SPAN schaltete zurück in den Plenarsaal des Repräsentantenhauses, wo zweitrangige Abgeordnete kurze Reden hielten, die speziellen Weisungen folgten. Der Präsident würde, wie Newton wußte, über elf Stunden in der Luft sein, mehr Zeit, als er benötigte.
    Es war Zeit, an die Arbeit zu gehen.
Das alte Sprichwort stimmte wirklich, dachte er, während er seine Notizen ordnete. Wenn mehr als einer informiert war, war es kein Geheimnis mehr. Das galt um so mehr, wenn beide nur einen Teil des Geheimnisses kannten und zugleich wußten, wer die fehlenden Informationen hatte, denn dann konnte man zusammen essen gehen und durchblicken lassen, daß man eingeweiht war, und der andere würde dann denken, daß man völlig im Bilde sei, und die Dinge ausplaudern, die man noch nicht kannte. Man brauchte nur an den richtigen Stellen zu lächeln, zu nicken oder verständnisvoll zu brummein und mit Bedacht ausgesuchte Stichwörter fallen zu lassen, um die Quelle weitersprudeln zu lassen, bis alles auf dem Tisch lag. Newton dachte, daß Spione es eigentlich nicht schwer hatten. Vielleicht hätte er einen guten Spion abgegeben, aber es brachte nicht mehr ein als seine frühere Abgeordnetentätigkeit - noch nicht einmal soviel, wenn er genau war -, und er hatte längst beschlossen, seine Talente so zu nutzen, daß er anständig verdiente.
Was dann noch folgte, war sehr viel einfacher. Man brauchte die Information nur dem Richtigen zuzuspielen, und um den Richtigen herauszufinden, brauchte man nur die Washingtoner Zeitungen aufmerksam zu lesen. Jeder Reporter hatte sein Spezialthema, bei dem er aufhorchte, an dem er brennend interessiert war; in dieser Hinsicht waren Reporter einfach allzu menschlich. Wenn man wußte, welche Saite man anspielen mußte, konnte man jeden manipulieren. Wie schade, daß es mit den Leuten in seinem Wahlbezirk nicht ganz so geklappt hatte, dachte Newton, hob den Hörer ab und tastete die Nummer ein.
»Libby Holtzman.«
»Hi, Libby, hier ist Roy. Wie steht's?«
»Wenig los«, antwortete sie, gespannt darauf, ob ihr Mann Bob von der Moskaureise im Gefolge des Präsidenten eine gute Story mitbringen würde.
»Wie wär's, wenn wir zusammen essen gingen?« Er wußte, daß ihr Mann nicht da war.
»Worum geht's?« fragte sie. Ihr war klar, daß es ihm nicht um ihre Person ging. Newton war ein Drahtzieher, und gewöhnlich hatte er etwas Interessantes auf Lager.
»Es lohnt sich bestimmt«, versprach er. »Jockey Club, halb acht?«
»Ich komme.«
Newton lächelte. Eigentlich war es doch nur gerecht, oder nicht? Er

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