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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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fünfhunderttausend Aktien der First National City Bank of New York zu dreiundachtzig Dollar, zwei volle Punkte unter der Notierung, offensichtlich ein Zug, um möglichst schnell aus der Aktie herauszukommen. Es war ein guter, attraktiver Preis, und der Markt zögerte kurz, bevor er zugriff, und dann zu »zweieinhalb«.
Computer verfolgten auch die Umsätze der Händler, weil diese sich selbst nicht ganz trauten, den Überblick zu behalten. Schließlich konnte es ja passieren, daß jemand am Telefon war und etwas übersah, und deshalb wurden die großen Institutionen weitgehend von Computern gemanaged, genauer gesagt von der Software, die in ihnen steckte, und die war wiederum geschrieben worden von Leuten, die bestimmte Überwachungskriterien festgelegt hatten. Die Computer verstanden den Markt natürlich genausowenig wie diejenigen, die sie programmiert hatten, aber sie hatten ihre Befehle: Wenn »A« passiert, dann tue »B«. Die Programme der neuen Generation, wegen ihrer technischen Raffinesse zusammenfassend als »Expertensysteme« bezeichnet (das klang gefälliger als »Künstliche Intelligenz«), wurden täglich mit den aktuellen Werten von bestimmten Referenzpapieren gefüttert, aus denen sie elektronisch den Gesundheitszustand ganzer Marktbereiche ableiteten. Vierteljahresberichte, Branchentrends, Veränderungen in der Unternehmensleitung, das alles bekam bestimmte numerische Werte zugeordnet und wurde in die dynamischen Datenbanken aufgenommen, und die Expertensysteme untersuchten diese Daten und zogen daraus ihre Schlüsse, ganz ohne das sachkundige Zutun von menschlichen Bedienern.
In diesem Fall veranlaßte der rasche und tiefe Sturz der Citibank-Aktie die Computer, Verkaufsorders bezüglich anderer Bankaktien in die Wege zu leiten. Die Chemical Bank, der es, wie die Computer sich erinnerten, in der letzten Zeit ziemlich dreckig gegangen war, hatte vorige Woche ebenfalls ein paar Punkte nachgegeben, und bei den drei Institutionen, die dasselbe Programm benutzten, wurden elektronisch Verkaufsorders ausgegeben, woraufhin diese Aktie augenblicklich um anderthalb Punkte nachgab. Dieser Verkauf von Chemicalbank-Aktien lenkte zusammen mit dem Kurssturz der Citibank sofort die Aufmerksamkeit anderer Expertensysteme auf sich, die zwar andere Referenzbanken, aber dieselben Verfahrensprotokolle hatten, wodurch der Effekt zwangsläufig auf die ganze Branche übergriff. Manufacturers Hanover war die nächste bedeutende Bankaktie, die nachgab, und nun begannen die Programme in ihren internen Protokollen danach zu forschen, was aus einem Wertverlust von Bankaktien als nächste Abwehrmaßnahme in anderen wichtigen Branchen folgte.
Mit dem durch die Verkäufe von Schatzanweisungen realisierten Geld begann Columbus Gold zu kaufen, sowohl in Form von Aktien wie auch in Form von Gold-Futures, und startete damit einen Trend, aus den Währungen und in die Edelmetalle zu gehen. Deren plötzlicher Anstieg ging ebenfalls über die Agenturen hinaus und wurde von den Händlern, menschlichen ebenso wie elektronischen, vermerkt. Die Analyse war in allen Fällen so ziemlich dieselbe: Ein Ausverkauf von Staatspapieren plus ein jäher Anstieg des Diskontsatzes plus ein Run auf den Dollar plus ein rasanter Absturz bei Bankaktien plus ein Anstieg bei Edelmetallen - das alles zusammen deutete auf eine bedenkliche Inflation hin. Inflation war immer schlecht für den Aktienmarkt. Man brauchte keine Künstliche Intelligenz, um das zu begreifen. Noch spielten die Computerprogramme und die menschlichen Händler nicht verrückt, aber alle verfolgten gespannt die Agenturmeldungen auf sich anbahnende Trends hin, und alle wollten schneller sein als der Trend, um die eigenen Anlagen und die ihrer Kunden besser zu schützen.
Der Rentenmarkt war inzwischen schwer durcheinandergeraten. Eine halbe Milliarde Dollar, zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt geworfen, hatte weitere Verkäufe in Höhe von zehn Milliarden Dollar ausgelöst. Die Eurodollar-Manager, die man in ihre Büros zurückgerufen hatte, waren eigentlich nicht sonderlich fit, um rationale Entscheidungen zu treffen. Angesichts der internationalen Handelssituation hatten sie in den letzten Tagen und Wochen viele Überstunden leisten müssen, und als sie nun einer nach dem anderen eintrudelten, fragten sie sich, was zum Teufel da los war. Sie mußten zur Kenntnis nehmen, daß sehr kurzfristig eine Riesenmenge von US-Schatzanweisungen verkauft worden war und daß der Trend anhielt, nun noch

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