08 - Ehrenschuld
Uns geht's gut. Tschüs.« Oreza drückte die Clear-Taste. »Wo ist das Problem, Pete?«
»Mann, was denken Sie sich eigentlich? Meinen Sie vielleicht, Sie könnten mich als blöden Touristen verarschen?«
»Himmel, ich brauche ein Bier.« Oreza machte den Kühlschrank auf und holte sich eine Dose heraus. Daß es eine japanische Marke war, spielte im Moment keine Rolle. Er warf seinem Gast eine Dose rüber. »Pete, meinen Sie, ich wüßte nicht, was hier los ist? Falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten: Wir haben mindestens ein Bataillon Soldaten gesehen, dazu Kettenfahrzeuge und Jagdflieger. Und der Arsch am Kai hat sich ganz genau nach meinen Funkgeräten auf dem Boot erkundigt. Warum wohl?«
»Stimmt schon.« Burroughs machte sein Bier auf und tat einen langen Zug. »Aber jetzt mal Klartext. So ein Ding kann angepeilt werden.«
»Wie soll ich das verstehen?« Er kramte in seinem Gedächtnis, und dann ging ihm ein Licht auf. »Ach, richtig!«
Es ging hektisch zu beim Stab des Oberbefehlshabers Pazifik, des Commander in Chief Pacific. CINCPAC war ein Navy-Kommando, eine Tradition, die auf Admiral Chester Nimitz zurückging. Im Moment hastete alles durcheinander. Man sah fast nur Uniformen. An Wochenenden hatten die Zivilangestellten in der Regel frei, und die meisten hätte man ohnehin nicht rechtzeitig herbeirufen können. Die allgemeine Stimmung konnte Mancuso schon an den mißmutigen Gesichtern der Sicherheitsleute ablesen, die ihre Aufgabe hastig verrichteten, um sich der bedrückenden Atmosphäre einer Dienststelle zu entziehen, die völlig in Aufruhr war. Niemand ließ sich gern vom Sturm überraschen.
»Wo ist Admiral Seaton?« fragte der ComSubPac den nächsten
Verwaltungsoffizier. Mancuso ging den beiden anderen voran. »Wo zum Teufel haben Sie gesteckt?« wollte CINCPAC wissen, als sie
sein Amtszimmer betraten.
»SOSUS, Sir. Admiral, Sie kennen Captain Chambers, meinen
Einsatzoffizier. Das ist Dr. Ron Jones ...«
»Der Sonarmann, mit dem Sie immer so geprahlt haben?« Admiral
David Seaton gestattete sich eine knappe, freundliche Bemerkung. »Richtig, Sir. Wir waren gerade drüben bei SOSUS und haben die Daten
von den ...«
»Keine Überlebenden, Bart. Tut mir leid, aber die S-3-Besatzung
sagt ...«
»Sir, sie wurden getötet«, unterbrach Jones, der Präliminarien
überdrüssig. Seine Äußerung traf alle wie ein Schlag.
»Was meinen Sie, Dr. Jones?« fragte CINCPAC.
»Ich meine, daß Asheville und Charlotte von japanischen
Unterseebooten mit Torpedos beschossen und versenkt wurden, Sir.« »Momentjunger Mann. Soll das heißen, auch Charlotte?« Seaton
wandte sich an Mancuso. »Bart, was höre ich da?« Der SubPac bekam keine
Gelegenheit zur Antwort.
»Ich kann es beweisen, Sir.« Jones hielt das Bündel Papiere hoch, das er
unterm Arm hatte. »Ich brauche einen Tisch mit einer Lampe drüber.« Mancuso blickte verbissen drein. »Sir, Jonesy scheint recht zu haben.
Das waren keine Unfälle.«
»Meine Herren, in der Einsatzzentrale sind fünfzehn japanische
Offiziere gerade dabei, zu erklären, wie die Feuerleitung auf ihren
Zerstörern funktioniert, und ...«
»Sie haben hoffentlich Marines, Sir?« fragte Jones eiskalt. »Und die
sind bewaffnet, oder?«
»Kommen Sie her und zeigen Sie mir, was Sie haben.« Dave Seaton
deutete auf seinen Schreibtisch.
Jones erläuterte CINCPAC die Ausdrucke, und wenn Seaton nicht gerade ein ideales Publikum war, so war er zumindest ein stilles. Eine eingehende Prüfung der SOSUS-Spuren hatte sogar die Überwasserschiffe und die zur U-Boot-Bekämpfung bestimmten Mark-5O-Torpedos nachgewiesen, die die Hälfte der Flugzeugträger der Pazifikflotte gelähmt
hatten. Das neue Lauschsystem vor Kure war schon toll, dachte Jones. »Beachten Sie die Zeit, Sir. Das alles geschah innerhalb von zwanzig
Minuten. Sie haben draußen zweihundertfünfzig tote Seeleute, und es war
kein Unfall.«
Seaton schüttelte den Kopf wie ein Pferd, das lästige Insekten loswerden
will. »Moment, mir ist nichts bekannt, hm, ich meine, wir gehen von
keinerlei Bedrohung aus. Es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür,
daß ...«
»Jetzt gibt es sie, Sir.« Jones ließ nicht locker.
»Aber ...«
»Verdammt, Admiral!« fluchte Jones. »Hier ist es, schwarz auf weiß,
okay? Weitere Kopien davon gibt's drüben im SOSUS-Gebäude, es gibt
eine Bandaufzeichnung, und ich kann es Ihnen auf einem verdammten
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