08 - Ehrenschuld
wirklich gewollt zu haben,
hatte er sein Bestes getan, und bis vor wenigen Tagen war sein Bestes gar
nicht so schlecht gewesen.
28 / Übermittlungen
Die Boeing 747-400 der United Airlines setzte dreißig Minuten zu früh auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo auf. Noch immer blies über dem Atlantik starker Wind. Ein Kurier mit Diplomatenpost stieg als erster aus, geleitet von einem Steward. Am Ende des Ganges zeigte er seinen Diplomatenpaß, und ein Zollbeamter verwies ihn an einen Mann von der amerikanischen Botschaft, der ihm die Hand schüttelte und ihn durch die Halle führte.
»Kommen Sie. Wir haben sogar eine Eskorte.« Der Mann lächelte angesichts des Irrsinns der Ereignisse.
»Ich kenne Sie nicht«, sagte der Kurier mißtrauisch und blieb stehen. Normalerweise waren seine Person und sein Diplomatenkoffer unverletzlich, aber an dieser Mission war alles ungewöhnlich, und seine Neugier war geweckt.
»In Ihrer Tasche ist ein Laptop, mit gelbem Klebeband zugeklebt. Sonst haben Sie nichts dabei«, sagte der Chef der CIA-Station Moskau, weshalb ihn der Kurier auch nicht kannte. »Der Codename Ihrer Mission ist STEAMROLLER .«
»Okay.« Der Kurier nickte, als sie zum Ausgang gingen. Ein Wagen der Botschaft erwartete sie - eine verlängerte Lincoln-Limousine, die aussah wie der Wagen des Botschafters. Außerdem ein Begleitfahrzeug, das sich außerhalb des Flughafengeländes mit Blaulicht vor sie setzte, um die Fahrt in die Stadt zu beschleunigen. Der Kurier hielt das Ganze für einen Fehler. Sie hätten besser in einem russischen Wagen fahren sollen. Woraus sich weitere Fragen ergaben. Warum hatte man ihn ohne jede Vorwarnung mit einem verdammten Computer nach Moskau geschickt? Wenn alles so verdammt geheim war, warum steckten die Russen mit drin? Und wenn es so verdammt wichtig war, warum hatte man dann auf einen Linienflug gewartet? Als langjähriger Angestellter des Außenministeriums wußte er, daß es sinnlos war, über die Logik von Regierungsaktionen nachzudenken. Er war eben eine Art Idealist.
Der Rest der Fahrt zur Botschaft im Westen des Moskauer Stadtzentrums, direkt am Fluß gelegen, verlief normal. In dem Gebäude gingen die beiden Männer in den Funkraum, wo der Kurier seinen Koffer öffnete, den Inhalt übergab und wieder ging, um zu seiner Dusche und seinem Bett zu kommen. Er wußte, niemand würde je seine Fragen beantworten.
Den Rest der Arbeit hatten die Russen mit bemerkenswerter Geschwindigkeit erledigt. Die Telefonleitung zu Interfax führte weiter zum RWS, von da über eine Glasfaserleitung der Armee nach Wladiwostok, von wo aus eine ähnliche, von der japanischen Telefongesellschaft gelegte Leitung zur Hauptinsel Honshu lief. Der Laptop hatte ein eingebautes Modem, das an die neu eingerichtete Verbindung angeschlossen und eingeschaltet wurde. Dann kam typischerweise die Zeit des Wartens, obwohl alles andere so schnell wie möglich ausgeführt worden war.
Es war ein Uhr dreißig, als Ryan in Peregrine Cliff ankam. Er hatte auf seinen Regierungsfahrer verzichtet und lies sich statt dessen von seinem Leibwächter Special Agent Robberton, nach Hause fahren, dem er sein
584 Gästezimmer zeigte, bevor er sein eigenes Schlafzimmer aufsuchte. Er war nicht überrascht, daß Cathy noch wach war.
»Jack, was ist los?«
»Mußt du morgen nicht arbeiten?« war seine erste Ausflucht. Cathy rieb sich im Dunkeln die Augen. »Vormittags habe ich nichts.
Morgen nachmittag muß ich einen Vortrag über das neue Lasersystem für ein paar ausländische Besucher halten.«
»Von wo?«
»Japan und Taiwan. Wir verkaufen ihnen die Lizenz für die Feineinstellung, die wir entwickelt haben, und - was ist denn los?« fragte sie, als ihr Mann ihr ruckartig den Kopf zuwandte.
Es ist bloß Verfolgungswahn, sagte sich Ryan. Nur ein blöder Zufall, mehr nicht. Kann nichts anderes sein. Aber er verließ ohne ein Wort das Zimmer. Robberton zog sich gerade aus, als er ins Gästezimmer trat, der Achselgurt mit seiner Pistole hing am Bettpfosten. Die Erklärung dauerte nur wenige Sekunden, dann nahm Robberton den Hörer ab und rief die Zentrale des Secret Service an, die zwei Straßen entfernt vom Weißen Haus ihren Sitz hatte. Ryan hatte nicht mal gewußt, daß seine Frau einen Codenamen besaß.
» SURGEON « - sehr treffend, dachte Ryan - »braucht morgen einen Freund ... an der Johns-Hopkins-Universität ... ja, die ist genau richtig. Bis dann.« Robberton legte auf. »Gute Agentin, Andrea Price. Ledig, lockeres braunes
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