08 - Ehrenschuld
er müsse jetzt sein Wissen zeigen.
»Das Cobra-Dane-Radar auf Shemja funktioniert noch. Ebenso die DSPS-Satelliten. Wenn es soweit kommt, bekommen wir eine Abschußwarnung und eine Zielvorhersage. Dr. Ryan, haben wir irgend etwas als Antwort auf ihre Bedrohung?«
»Die Air Force hat Marschflugkörper, die von Flugzeugen aus gestartet werden. Sie würden von B-1-Bombern getragen werden. Wir haben auch die Option, Tomahawk-Marschflugkörper mit W-80-Sprengköpfen zu bestücken und sie von U-Booten oder Schiffen aus zu starten. Die Russen wissen, daß wir diese Option wählen könnten, und werden keinen Einspruch erheben, solange wir es geheimhalten.«
»Das wäre eine Eskalation«, warnte Cook. »Damit sollten wir sehr vorsichtig sein.«
»Was ist mit ihren SS-19?« fragte der andere Offizier behutsam.
»Sie glauben, sie brauchen sie. Es wird nicht leicht sein, sie davon abzubringen.« Cook blickte auf dem Tisch herum. »Denken Sie dran, wir haben schon mal Atombomben auf ihr Land geworfen. Es ist ein sehr heikles Thema, und wir haben es mit Leuten zu tun, die sich verfolgt fühlen. Ich empfehle Vorsicht auf diesem Gebiet.«
»Ist notiert«, sagte Ryan, als er aufstand. »Ihr wißt, was ich will, Leute. An die Arbeit.« Es war halbwegs angenehm, so eine Anweisung geben zu können, aber nicht so angenehm, sie geben zu müssen, und noch weniger, sich die Antworten auszumalen, die er erhalten würde. Aber irgendwo mußte man anfangen.
»Wieder ein harter Tag?« fragte Nomuri.
»Ich hatte geglaubt, wenn Yamata weg wäre, würde es leichter«, sagte
Kazuo. Er schüttelte den Kopf und lehnte sich gegen den schmalen
Holzrand des Zubers. »Ich hab' mich getäuscht.«
Die anderen nickten kurz ihre Zustimmung zur Bemerkung ihres
Freundes, und sie alle vermißten jetzt Taokas frivole Geschichten. Sie
brauchten die Abwechslung, aber nur Nomuri wußte, warum es vorläufig
keine geben konnte.
»Also was ist los? Jetzt sagt Goto, wir brauchen Amerika. Letzte Woche
waren sie unsere Feinde, und jetzt sind wir wieder Freunde? Das ist einem
einfachen Menschen wie mir zu kompliziert«, sagte Chet, rieb sich die geschlossenen Augen und fragte sich, ob sie den Köder schlucken würden. Seine Beziehung zu diesen Männern herzustellen war nicht leicht gewesen, weil sie und er so verschieden waren und zu erwarten gewesen war, daß er sie beneidete und sie ihn. Er war ein Unternehmer mit seiner eigenen Firma, dachten sie, und sie die leitenden Angestellten großer Unternehmen. Sie waren abgesichert, er unabhängig. Von ihnen erwartete man jederzeit Überstunden, er bestimmte sein Tempo selbst. Sie hatten mehr Geld, er
weniger Streß. Und nun wußten sie etwas und er nicht.
»Wir haben Amerika die Stirn geboten«, sagte einer.
»Soviel weiß ich. Ist das nicht sehr gefährlich?«
»Kurzfristig ja«, sagte Taoka und ließ das kochend heiße Wasser seine
streßverkrampften Muskeln lockern. »Obwohl ich glaube, wir haben schon
gewonnen.«
»Aber was haben wir gewonnen, mein Freund? Ich habe das Gefühl, ich
sehe einen Krimi, der schon halb vorbei ist, und alles, was ich weiß, ist, daß
ein hübsches, geheimnisvolles Mädchen im Zug nach Osaka sitzt.« Er
spielte auf eine japanische Gattung von Krimis an, die auf der Pünktlichkeit
der japanischen Eisenbahnen basierten.
»Also, mein Boß sagt, es bedeutet mehr Unabhängigkeit für unser
Land«, erklärte ein anderer Angestellter.
»Sind wir nicht schon unabhängig?« fragte Nomuri mit offenem
Erstaunen. »Es sind doch kaum noch amerikanische Soldaten hier, um uns
zu ärgern.«
»Und die stehen jetzt unter Arrest«, bemerkte Taoka. »Sie begreifen es
nicht. Unabhängigkeit bedeutet nicht nur Politik. Sie bedeutet auch
wirtschaftliche Unabhängigkeit. Es bedeutet, daß wir nicht mehr von
anderen kaufen müssen, was wir zum Überleben brauchen.«
»Es bedeutet das Nördliche Rohstoffgebiet, Kazuo«, sagte ein anderer
aus der Gruppe und sagte damit zuviel, wie er an der Art erkannte, mit der
zwei Augenpaare sich warnend öffneten.
»Ich wünschte, es bedeutete kürzere Arbeitszeiten und daß man zur
Abwechslung mal rechtzeitig nach Hause kommt und nicht jede Woche
zwei- oder dreimal in einer verdammten Hotelwabe schlafen muß«, sagte
einer der reaktionsschnelleren, um die Unterhaltung in eine andere Richtung
zu lenken.
Taoka ächzte. »Genau, wie soll man denn da ein Mädchen reinkriegen?«
Das darauffolgende Prusten klang gezwungen, fand Nomuri.
»Ihr Angestellten mit euren Geheimnissen! Ha!«
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