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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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ständig zur Verfügung zu halten und konnte sich den Vergnügungen widmen, von denen er immer geträumt hatte. Das war das persönliche Ziel eines jeden, der in einem Unternehmen wie diesem arbeitete. Gescheit waren sie alle, doch nur wenige hatten den Mumm, es wirklich zu probieren. Und auch von denen, die es probierten, scheiterten die meisten, dachte Winston, aber er war der lebende Beweis, daß es möglich war. Realistisch und zynisch, wie sich diese Investmentprofis gaben, hatten sie im Grunde alle denselben Traum, einen Menge Geld zu machen und dann zu gehen, weg von dem unglaublichen Streß, den es bedeutete, in Stößen von Papierberichten und Analysen Anlagemöglichkeiten zu entdecken, einen Report zu machen, Leute und ihr Geld aufzutun, Gutes für sie und für sich selbst zu tun und dann - den Abschied zu nehmen. Das große Geld war in dem Regenbogen, und am Ende gab es einen Ausgang. Ein Segelboot, ein Haus in Florida, noch eins auf den Jungferninseln, eines in Aspen ... dann und wann bis acht schlafen, Golf spielen. Es war eine mächtig lockende Zukunftsvision.
Aber warum nicht jetzt?
Mein Gott, was hatte er getan? Morgen früh würde er aufwachen und nicht wissen, was er mit sich anfangen sollte. War es möglich, einfach so abzuschalten?
Dafür ist es jetzt ein bißchen zu spät, George, sagte er sich und griff nach dem Glas Moet, das man ihm reichte, und nahm den obligatorischen Schluck. Er hob sein Glas, um einen Toast auf Yamata auszubringen, denn auch das war obligatorisch. Und nun sah er das erwartete Lächeln, aber jetzt überraschte es ihn. Es war das Lächeln eines Siegers. Wieso das? fragte sich Winston, Er hatte einen Spitzenpreis bezahlt. Es war kein Geschäft, bei dem einer »gewonnen« und der andere »verloren« hatte. Winston zog sein Geld heraus, Yamata steckte sein Geld hinein. Und trotzdem dieses Lächeln. Es war ein Mißklang, um so mehr, als er es nicht verstand. Seine Gedanken rasten, während der Schaumwein ihm die Kehle hinunterrann. Wäre es doch nur ein freundliches, wohlwollendes Lächeln gewesen, aber nein. Ihre Augen trafen sich über zwölf Meter hinweg in einem Blick, den niemand mitbekam, und obwohl keine Schlacht geschlagen und keine Sieger ausgemacht worden waren, war es ein böser Krieg, der hier ausgefochten wurde.
Warum? Instinkte. Winston gab ohne Zögern seinem Instinkt nach. Yamata hatte etwas - etwas Gefährliches an sich. War er einer von denen, die alles als Kampf auffaßten? So war Winston auch einmal gewesen, aber er hatte es hinter sich gelassen. Konkurrenz war immer rauh, aber zivilisiert. Auch an der Wall Street konkurrierte jeder gegen jeden, um Sicherheit, um guten Rat, um Konsens, und es war eine rauhe, aber gutartige Konkurrenz, solange alle dieselben Regeln befolgten.
Aber das ist nicht Ihr Spiel, stimmt's'? wollte er fragen, zu spät.
Winston probierte es mit einem anderen Trick, denn das Spiel, das so unverhofft begonnen hatte, interessierte ihn. Er hob sein Glas zu einem stummen Toast auf seinen Nachfolger, während die übrigen Anwesenden miteinander plauderten. Yamata erwiderte die Geste, und sein Gesichtsausdruck wurde noch arroganter und drückte Verachtung für die Dummheit des Mannes aus, der gerade an ihn verkauft hatte.
Du hast deine Gefühle bisher so gut versteckt, warum jetzt nicht? Du glaubst, der Größte zu sein, weil du ein Ding gedreht hast, von dem ich keine Ahnung habe. Was ist das?
Winston wendete seinen Blick ab und schaute aus dem Fenster auf das spiegelglatte Wasser des Hafens. Plötzlich langweilte ihn das Spiel, er hatte kein Interesse mehr an einer Konkurrenz, worin auch immer sie bestand, die der kleine Bastard gewonnen zu haben glaubte. Verdammt, sagte er s ich, ich bin hier jetzt raus. Ich habe nichts verloren. Ich habe meine Freiheit gewonnen. Ich habe mein Geld. Ich habe alles. Okay, du kannst den Laden jetzt übernehmen und dein Geld verdienen, du kannst in jedem Club und jedem Restaurant der Stadt einen r eservierten Tisch haben, wann immer du hier bist, und dir sagen, wie wichtig du bist, und wenn du denkst, das sei ein Sieg, sei's drum. Aber es ist kein Sieg über irgendjemand, dachte Winston.
Es war doch zu dumm. Winston hatte alles erfaßt, wie es bei ihm üblich war, hatte die wichtigen Dinge identifiziert. Aber zum ersten Mal hatte er sie nicht zu dem richtigen Szenario zusammengefügt. Es war nicht seine Schuld. Er hatte sein eigenes Spiel vollkommen verstanden; er hatte bloß angenommen - zu Unrecht -, daß

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