08 - Ehrenschuld
Sie jetzt nachdenken. Mein Job ist es, Ihnen und allen anderen Menschen in diesem Land diese Rechte zu gewährleisten. Entweder Sie helfen uns, oder Sie lassen es sein. Wenn Sie uns helfen, können wir unsere Arbeit leichter, billiger und mit weniger Blutvergießen machen. Wenn nicht, werden wahrscheinlich noch mehr Leute verletzt.«
»Ich bezweifle, daß Madison und der Rest jemals beabsichtigten, daß die amerikanische Presse in Kriegszeiten den Feind unterstützt«, sagte die Dame aus dem Ministerium.
»Das würden wir nie tun«, protestierte der Mann vom Sender NBC. »Aber etwas in die entgegengesetzte Richtung zu unternehmen ...«
»Meine Damen und Herren, ich habe keine Zeit für eine Abhandlung über Verfassungsrecht. Das hier ist buchstäblich eine Sache auf Leben und Tod. Ihre Regierung bittet Sie um Hilfe. Wenn Sie dieser Bitte nicht Folge leisten, werden Sie dem amerikanischen Volk früher oder später erklären müssen, warum sie das nicht getan haben.« Jack fragte sich, ob ihnen schon jemals zuvor so gedroht worden war. Er fand, er spielte fair, obwohl er nicht glaubte, daß sie das genauso sehen würden. Es war Zeit für den Ölzweig. »Ich werde die Verantwortung dafür übernehmen. Wenn Sie uns helfen, wird es niemand je von mir erfahren.«
»Kommen Sie mir bloß nicht so. Es wird bestimmt herauskommen«, protestierte jemand von CNN.
»Dann werden Sie dem amerikanischen Volk erklären müssen, daß Sie wie Patrioten gehandelt haben.«
»So habe ich das nicht gemeint, Dr. Ryan!«
»Aber ich«, lächelte Jack. »Denken Sie darüber nach. Was kann Ihnen schon passieren? Außerdem, wie soll es herauskommen? Wer sonst sollte darüber berichten?«
Die Journalisten waren zynisch genug - beinahe eine Grundvoraussetzung für ihren Beruf-, das Komische daran zu erkennen, aber es waren Ryans vorherige Worte, die sie überzeugt hatten. Sie befanden sich in einer ausgewachsenen beruflichen Zwickmühle, und die natürliche Reaktion darauf war, auszuweichen und die Sache aus einer anderen Perspektive zu betrachten. In diesem Fall aus der geschäftlichen. Fehlende Handlungsbereitschaft, ihr Land zu unterstützen, sosehr sie auch Prinzipien und professionelle Ethik zitieren mochten - nun, die Fernsehzuschauer waren von solch hochfliegenden Idealen bei weitem nicht so beeindruckt, wie sie sollten. Und außerdem verlangte Ryan gar nicht so viel. Nur diese eine Sache, und wenn sie es schlau anstellten, würde es vielleicht niemandem auffallen.
Die Nachrichtendirektoren der Sender hätten es vorgezogen, den Raum zu verlassen und die Frage unter sich zu diskutieren, aber niemand bot ihnen eine solche Möglichkeit an, und keiner von ihnen wagte, darum zu bitten. Also sahen sie sich an, und alle fünf nickten.
Dafür werden Sie eines Tages bezahlen, las Ryan in ihren Augen. Das war etwas, womit er sich abfinden konnte, dachte er.
»Vielen Dank.« Als sie den Raum verließen, ging Ryan zum Arbeitszimmer des Präsidenten.
»Wir haben es geschafft«, teilte er ihm mit. »Es tut mir leid, daß ich Sie dabei nicht unterstützen konnte.« »Es ist Wahljahr«, räumte Jack ein. Bis zur Wahlversammlung und Ernennung der Kandidaten in lowa waren es noch zwei Wochen. Dann folgte New Hampshire, und obwohl Durling keine Opposition in seiner Partei befürchten mußte, wäre er im großen und ganzen lieber irgendwo anders gewesen. Er konnte es sich außerdem nicht leisten, die Medien gegen sich aufzubringen. Aber genau deshalb hatte er ja einen Nationalen Sicherheitsberater. Ernannte Beamte waren immer entbehrlich. »Wenn das alles vorbei ist ...«
»Spielen wir wieder Golf? Ich brauche etwas Übung.« Das war noch etwas, was er an ihm mochte, sagte sich Durling. Ryan machte immer noch hin und wieder einen Scherz, obwohl die Ringe unter Ryans Augen doppelt so groß waren wie die unter seinen eigenen. Noch ein Grund, Bob Fowler für seinen gegenteiligen Rat zu danken, und vielleicht ein Grund, Ryans politische Zugehörigkeit zu bedauern.
»Er möchte helfen«, sagte Kimura.
»Der beste Weg dazu«, erwiderte Clark, »ist, sich ganz normal zu
verhalten. Er ist ein ehrenwerter Mann. Ihr Land braucht eine Stimme der
Mäßigung.« Es waren nicht genau die Anweisungen, die er erwartet hatte.
Er hoffte nur, daß sie in Washington wußten, was zum Teufel sie taten. Die
Anweisungen kamen aus Ryans Büro. Das war ein Trost, wenn auch nur ein
schwacher. Wenigstens war sein angeworbener Agent erleichtert. »Vielen Dank. Ich möchte nicht riskieren,
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