08 - Ehrenschuld
nicht lange überleben konnte. Er schob den Gedanken, so gut es ging, beiseite, lehnte sich in seinem Sitz zurück und konzentrierte sich aufs Fliegen, während der Bordschütze hinter ihm die Instrumente verfolgte.
»Noch alles okay, Sandy.« Der Bildschirm des Radarwarnsystems war immer noch komplett schwarz, als sie ostwärts nach Honshu abdrehten.
»Roger.« Ihnen folgten in jeweils fünfzehn Kilometer Abstand zwei weitere Comanche-Hubschrauber.
Auch wenn sie klein und ein reiner Hubschrauber war, handelte es sich bei der RAH-66A doch um das ausgefeilteste Fluggerät der Welt. In seinem zerlegbaren Flugwerk waren zwei der leistungsstärksten Computer untergebracht, die je in die Luft gegangen waren, und einer davon war nur ein Reservecomputer für den Fall, daß der erste defekt sein sollte. Ihre grundsätzliche Aufgabe bestand darin, die Radarerfassung aufzuzeichnen, die sie durchdringen mußten, und damit den relativen Radarquerschnitt ihres Flugwerks gegen die bekannten oder vermuteten Fähigkeiten der Elektronenaugen hochzurechnen, die jetzt das Gebiet absicherten. Je dichter sie an das japanische Festland herankamen, desto größer wurden auf den Bildschirmen die gelben Felder, die eine mögliche Erfassung anzeigten, und die roten, bei denen man von einer sicheren Erfassung ausgehen mußte.
»Phase zwei«, sagte der Mann vom Air Combat Command ruhig an Bord der AWACS.
Die F-22-Jäger hatten alle Radarstörer an Bord, um ihre Tarnmöglichkeiten zu verbessern, und auf Befehl wurden sie eingeschaltet.
»Nicht besonders klug«, dachte der japanische Controller. Gut. Sie sollen wissen, daß wir sie aufspüren können. Plötzlich tauchten auf seinem Schirm eine Fülle von Flecken, Blitzen und Streifen auf, was hieß, daß der Elektronensmog der amerikanischen Jäger seinen Empfang durcheinanderbrachte. Er hatte zwei Möglichkeiten, damit fertig zu werden. Zuerst erhöhte er die Leistung; das würde die meisten der amerikanischen Experimente durchkreuzen. Als nächstes ließ er das Radargerät mit einem Zufallsgenerator die Frequenzen wechseln. Die erste Maßnahme brachte mehr Erfolg als die zweite, konnte er erkennen, da die amerikanischen Jäger ebenfalls flexibel in der Frequenzwahl waren. Das Problem war nur, daß er nun bei voller Leistung des Gerätes auch Vögel und Luftströme erfaßte und es immer schwieriger wurde, die richtigen Ziele fest zu erfassen, bis er schließlich einen weiteren Knopf drückte, wodurch die Radarstöremissionen herausgefiltert wurden, die stärker waren als die eigentlichen Ortungsechos. Mit dieser zusätzlichen Überprüfung bekam er wieder festen Kontakt mit beiden Zielpaaren. Das Ganze hatte nur zehn Sekunden gedauert, und das war schnell genug. Nur, um den Amerikanern zu zeigen, daß sie ihn nicht hatten überlisten können, drehte er das Gerät voll auf, schaltete kurz auf Feuerleitmodus und sendete ein so starkes Signal an alle vier amerikanischen Jäger, daß es Schaden an ihren Instrumenten anrichten konnte, falls deren Elektronik nicht ausreichend abgesichert war. Das wäre ein interessanter Absturz, dachte er und erinnerte sich daran, daß einmal zwei deutsche Tornados zerstört worden waren, weil sie zu dicht an einem FM-Sendeturm vorbeigeflogen waren. Zu seiner Enttäuschung drehten die Amerikaner einfach ab.
»Jemand hat im Norden gerade ein paar Riesenstörgeräte losgelassen.« »Gut. Gerade zur rechten Zeit«, erwiderte Richter. Ein rascher Blick auf
den Schirm des Radarwarnsystems sagte ihm nämlich, daß er gleich in
einen gelben Sektor einfliegen würde. Er hatte das Bedürfnis, sich mit der
Hand über das Gesicht zu fahren, aber beide Hände waren jetzt beschäftigt.
Die Überprüfung der Tankanzeige ergab, daß seine Zusatztanks so gut wie
leer waren. »Stoße die Halterungen ab.«
»Roger - das hilft bestimmt.«
Richter entfernte die Sicherheitskappe über dem Abwurfknopf. Diesen
Knopf gab es bei den älteren Comanche-Modellen noch nicht, aber
irgendwann war doch mal jemand so schlau gewesen, darauf zu kommen,
daß die Kiste in der Lage sein sollte, beim Fliegen nicht-tarnbare Teile
loszuwerden. Richter verlangsamte die Geschwindigkeit etwas und drückte
auf den Schalter, der die Absprengkapseln zündete. Halterung und Tanks
versanken im Japanischen Meer.
»Abtrennung erfolgreich«, bestätigte der Hintermann. Sobald Tank und
Halterung abgetrennt waren, veränderte sich der Schirm des
Radarwarnsystems. Der Computer analysierte ständig, wie gut getarnt
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