08 - Ehrenschuld
oberen Treppenabsatz, stieß die Tür auf und tauchte auf den Boden hinab, Pistole im Anschlag und auf das Ziel fixiert. Ding sprang hinter ihn, blieb stehen und hielt seine eigene Waffe im Anschlag.
Der Wächter vor der Tür hatte in die andere Richtung geschaut, als die Tür aufging. Automatisch drehte er sich herum und sah einen großen Mann auf dem Boden liegen, der eine Waffe auf ihn gerichtet hatte. Instinktiv griff er nach seiner Waffe und heftete dabei den Blick fest auf die potentiellen Ziele. Da war noch ein zweiter Mann, der etwas in der Hand hatte, das ...
Auf diese Entfernung wirkte die Lichtkanone schon beinahe wie ein körperlicher Angriff. Die drei Millionen Lux verwandelten die gesamte Welt in eine Sonne, und der Energieüberschuß drang über den Trigeminus, den fünften Hirnnerv, in das zentrale Nervensystem des Mannes ein (der Nerv lief vom Augenhintergrund an der Schädelbasis entlang) und verbreitete sich so über das gesamte Nervennetz, das die willkürlichen Muskeln steuerte. Wie in Afrika hatten sie es darauf abgesehen, das Nervensystem des Wachpostens völlig zu überlasten. Wie eine Stoffpuppe fiel er zu Boden; seine zuckende rechte Hand hielt immer noch die Pistole. Die Lichtintensität war so hoch, daß Chavez von der Reflexion der weißen Wände einen Moment geblendet war, aber Clark hatte daran gedacht, die Augen zu schließen, und rannte auf die Doppeltür zu, die er mit der Schulter aufdrückte.
Ein Mann war da; er sprang gerade von einem Stuhl vor dem Fernseher hoch, und auf seinem Gesicht spiegelten sich Überraschung und Entsetzen über das unerwartete Eindringen. Keine Zeit für Gnade. Clark brachte die Waffe mit beiden Händen in Anschlag und feuerte zweimal. Beide Schüsse trafen den Mann in die Stirn. John spürte Dings Hand auf der Schulter, das Zeichen, daß er nun rechts den Flur hinunterlaufen und in jeden Raum schauen konnte. Die Küche, dachte er. Es ist immer jemand in der ...
Da war auch jemand. Der Mann war fast so groß wie er, und er hatte die Waffe schon in der Hand, als er, einen Namen und eine Frage brüllend, auf den Flur kam, der zum Eingangsbereich der Wohnung führte. Aber auch er war etwas zu langsam und hatte die Waffe nicht im Anschlag, als er auf einen Gegner traf, der bereit war. Das war das letzte, was er zu sehen bekam. Clark brauchte noch eine halbe Minute, um den Rest der Luxuswohnung zu überprüfen, aber alle Räume waren leer.
»Jewgenij Pawlowitsch?« rief er.
»Wanja, hier entlang!«
Clark lief wieder nach links und warf dabei rasch einen Blick auf die beiden Männer, die er getötet hatte - nur, um ganz sicherzugehen. Er wußte, daß er sich an diese Leichen erinnern würde, genau wie an all die anderen, wußte, daß sie zu ihm zurückkommen würden und er versuchen würde, ihren Tod zu rechtfertigen, wie er es immer tat.
Koga, erstaunlich blaß, saß einfach da, als Chavez/Tschechow den Raum überprüfte. Der Kerl vor dem Fernseher hatte es nicht einmal geschafft, seine Pistole aus dem Schulterhalfter zu ziehen möglicherweise eine Idee, die er aus einem Film hatte, dachte Clark. Diese Dinger waren so gut wie nutzlos, wenn man seine Waffe schnell brauchte.
»Links alles klar«, sagte Chavez und dachte daran, russisch zu sprechen.
»Rechts alles klar.« Clark zwang sich zur Ruhe, betrachtete den Mann vor dem Fernseher und fragte sich, welcher von denen, die sie getötet hatten, wohl für den Tod von Kim Norton verantwortlich war. Der vor der Tür draußen vermutlich nicht.
»Wer sind Sie?« wollte Koga mit einer Mischung aus Schock und Zorn wissen. Er erinnerte sich nicht daran, daß er die beiden schon einmal getroffen hatte. Clark holte tief Luft, bevor er antwortete.
»Koga-san, wir kommen, um Sie hier herauszuholen.«
»Sie haben sie getötet!« Mit zitternder Hand zeigte er auf die Leichen.
»Darüber können wir vielleicht später reden. Begleiten Sie uns bitte? Sie haben nichts von uns zu befürchten, Sir.«
Koga war kein Unmensch. Clark bewunderte, daß er am Tod der Männer Anteil nahm, obwohl sie ganz offensichtlich keine Freunde gewesen waren. Aber nun war es allerhöchste Zeit, ihn hier hinauszuschaffen.
»Wer von denen ist Kaneda?« fragte Chavez. Der frühere Ministerpräsident zeigte auf den Mann vor dem Fernseher. Ding ging für einen letzten Blick hinüber, bevor er Clark anschaute. In seinen Augen lag ein Ausdruck, den vermutlich außer ihnen beiden niemand verstehen konnte.
»Wanja, Zeit zu verschwinden.«
Sein
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