08 - Ehrenschuld
Radarwarnsystem spielte ein bißchen verrückt. Der Bildschirm war voll roter und gelber Felder, und eine Frauenstimme sagte ihm, er sei geortet worden, aber in diesem Fall wußte er es besser als der Computer, dachte Richter. Es war schon gut zu sehen, daß die verdammten Dinger auch nicht immer alles richtig machten.
Allein der Flug war schwierig genug, und obwohl die Apache für diesen Einsatz wendiger gewesen wäre, war es doch besser, die RAH-66 zu haben. Sein Körper zeigte keine Anzeichen von Spannung. Jahrelanges Training hatte ihn dazu befähigt, es sich in seinem gepanzerten Sitz bequem zu machen, sein rechter Unterarm ruhte auf dem dafür vorgesehenen Platz, während seine Hand den seitlich angebrachten Steuerknüppel bediente. Er drehte den Kopf regelmäßig nach allen Seiten, und seine Augen verglichen ganz automatisch den echten Horizont mit dem, den der Sensor in der Nase des Hubschraubers ausmachte. Die Skyline von Tokio war geradezu perfekt für das, was er vorhatte. Die zahlreichen Gebäude mußten für das Radarflugzeug, dem er sich näherte, jede Menge verwirrender Signale erzeugen, und das beste Computersystem kam gegen ein solches Durcheinander nicht an. Noch besser: Es gab ihm die Zeit, seinen Job richtig zu machen.
Der Tonegawa würde ihm für den größten Teil des Weges als Orientierung dienen. An der Südseite des Flusses liefen Gleise entlang, und auf diesen Gleisen fuhr der Zug nach Choshi mit einer Geschwindigkeit von über hundert Stundenkilometern. Er wählte eine Position genau darüber. Mit einem Auge beobachtete er den Zug, während er mit dem anderen auf dem Bildschirm des Radarwarnsystems ein sich bewegendes Signal verfolgte. Er hielt sich hundert Fuß über den Oberleitungsmasten, immer über dem letzten Waggon des Zuges, und paßte seine Geschwindigkeit ganz genau an.
»Das ist ja merkwürdig.« Der Operator der Kami zwei bemerkte ein Echo, das von den Computersystemen verstärkt wurde und sich immer näher an die Position seines Flugzeuges heranarbeitete. Er rief den Senior Controller über die Sprechanlage. »Möglicherweise Eindringling im Tiefflug«, berichtete er. Er übermittelte den Kontakt zum Crew Commander für einen Überkreuzvergleich.
»Das ist ein Zug«, erwiderte der Mann sofort; er glich die Positionsangabe mit einer Landkarte ab. Das war das Problem, wenn man mit diesen verdammten Dingern zu weit unten über Land flog. Die Standardklassifizierungssoftware stammte ursprünglich von den Amerikanern. Sie war zwar modifiziert worden, aber nicht in allen Details. Das Luftradar konnte alles verfolgen, was sich bewegte, aber es gab weltweit nicht so viel Computerkapazität, wie benötigt würde, um alle Kontakte von Autos, Lastwagen und allem anderen zu klassifizieren und darzustellen, was auf den Straßen unter einem Aufklärungsflugzeug unterwegs war. Um das Durcheinander auf den Schirmen in Grenzen zu halten, wurde alles, was langsamer war als hundertfünfzig Stundenkilometer, vom Computer herausgefiltert. Über Land genügte jedoch selbst das nicht, jedenfalls nicht in dem Land mit den besten Zügen der Welt. Nur um ganz sicherzugehen, beobachtete der Offizier das Echo für ein paar Sekunden. Ja, es folgte der Hauptlinie von Tokio nach Choshi. Es konnte unmöglich ein Jet sein. Rein theoretisch könnte es ein Hubschrauber sein, aber aus dem schwachen Echo zu schließen, war das bloß Streuung vom Metalldach des Zuges und wahrscheinlich auch noch die Reflexion der Oberleitungsmasten.
»Stellen Sie Ihren MTI-Filter auf zweihundert ein«, befahl er seinen Leuten. Dazu brauchten sie drei Sekunden, und schon verschwand das wandernde Echo entlang des Tonegawa genauso wie zwei andere, deutlichere Bodenkontakte. Sie hatten wirklich etwas Besseres zu tun, da Kami zwei gerade die Datenausbeute von Kami vier und sechs für einen Überkreuzvergleich übernahm, um ihn anschließend zum Hauptquartier der Luftabwehr außerhalb von Tokio zu übertragen. Die Amerikaner würden die japanische Abwehr wahrscheinlich erneut testen und vermutlich wieder mit ihren verbesserten F-22 versuchen, die Kamis auszutricksen. Dieses Mal würde der Empfang weniger freundlich ausfallen. Acht F-15EagleAbfangjäger waren in der Luft, jeweils vier unter dem Kommando einer E767. Wenn die amerikanischen Jäger näher kämen, würden sie dafür bezahlen.
Er mußte ein einziges Mal offenen Funkverkehr riskieren, und der Gedanke machte ihn nervös, obwohl er einen chiffrierten Zerhackerkanal
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