Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
aus«, bemerkte der leitende Techniker, und
    alle stimmten ihm zu.
»Auch die Trajektorie«, sagte ein anderer, nachdem er Reichweite und
Flugbahn verfolgt hatte.
»Brennschluß der zweiten Stufe und Trennung, Transportstufe und
Nutzlast sind jetzt frei ... zündet noch mal für eine kleine Korrektur-toll!« Der Bildschirm wurde weiß.
    »Signal verloren, Telemetriesignal verloren!« rief jemand im Kontrollraum. Der japanische Oberingenieur knurrte etwas, das nach einer
Verwünschung des NASA-Vertreters klang, dessen Blick auf dem
graphischen Display ruhte. Signalverlust nur wenige Sekunden nach der
Zündung der Transportstufe. Das konnte nur eines bedeuten.
»Das ist uns mehr als einmal passiert«, sagte der Amerikaner
verständnisvoll. Das Problem war, daß Raketentreibstoffe, besonders die
Flüssigtreibstoffe, die stets für die letzte Stufe benutzt wurden,
hochexplosiv waren. Was konnte schiefgehen? NASA und US-Militär
hatten in über vierzig Jahren jeden erdenklichen Unfall erlebt. Der Oberingenieur war, anders als der Flugkontrolloffizier, nicht aus der
Fassung geraten, und der Amerikaner, der neben ihm saß, hielt das seiner
Professionalität zugute, was auch zutraf. Der Amerikaner wußte allerdings
nicht, daß er es mit einem Waffeningenieur zu tun hatte. Bislang war
wirklich alles nach Plan verlaufen. Man hatte die Treibstoffbehälter der
Transportstufe mit hochexplosiven Stoffen beladen und sie unmittelbar nach
der Abtrennung der Nutzlast gesprengt.
Die Nutzlast war ein kegelförmiges Objekt, an der Basis 180 Zentimeter
breit und 206 Zentimeter lang. Es bestand aus Uran 238, eine Tatsache, die
den NASA-Vertreter überrascht und beunruhigt hätte. Dieses dichte und
sehr harte Metall war außerdem sehr feuerfest, konnte also große Hitze
aushalten. Auch bei den Nutzlasten vieler amerikanischer Raumfahrzeuge
wurde dieses Material verwandt; allerdings nur bei denen, die nicht der
National Aeronautics and Space Administration gehörten. Objekte von sehr
ähnlicher Form und Größe saßen vielmehr auf den wenigen verbleibenden atombestückten strategischen Waffen, die die Vereinigten Staaten aufgrund eines Abkommens mit Rußland verschrotteten. Vor über dreißig Jahren hatte ein Ingenieur bei AVCO darauf hingewiesen, daß U-238 ein ausgezeichnetes Material sei, das der Hitze beim Wiedereintreten einer ballistischen Rakete in die Erdatmosphäre widerstehen und zugleich die dritte Stufe einer thermonuklearen Waffe bilden könne; lag es da nicht nahe, die Raketenhülle zum Bestandteil der Bombe zu machen? An solchen Ideen hatten Ingenieure schon immer Gefallen gefunden, man hatte die Idee getestet und für gut befunden, und seit den sechziger Jahren war sie zum
Standardelement des strategischen Arsenals der Amerikaner geworden. Die Nutzlast, die jetzt Teil des H-11 Boosters gewesen war, war eine
exakte Nachbildung eines atomaren Sprengkopfes, und während Amber
Ball und andere Bodenstationen die Überreste der Transportstufe
beobachteten, fiel dieser Urankegel zur Erde zurück. Für die
amerikanischen Kameras war er uninteressant, denn es handelte sich ja nur
um eine Testnutzlast, die nicht die nötige Geschwindigkeit erreicht hatte,
um die Erde zu umkreisen.
Was die Amerikaner ebenfalls nicht wußten, war, daß MS Takuyo, auf
halber Strecke zwischen der Osterinsel und Peru liegend, sich nicht, wie
man annahm, der Fischereiforschung widmete. Zwei Kilometer östlich von
der Takuyo lag ein Gummifloß, auf dem sich ein GPS-Ortungsgerät und ein
Funkgerät befanden. Das Schiff besaß kein Radar, mit dem sich ein
ankommendes ballistisches Ziel verfolgen ließ, doch in der anbrechenden
Dämmerung machte die sinkende Rakete sich von allein bemerkbar;
weißglühend von der Luftreibung, kam sie herunter wie ein Meteor, wobei
sie eine Feuerschleppe hinter sich herzog und die zusätzlich auf der
Laufbrücke aufgestellten Wachen überraschte, denen man zwar vorher
gesagt hatte, was sie erwartete, die aber trotzdem beeindruckt waren. Die
Blicke folgten ihr, während sie rasch niederging und nur zweihundert Meter
vom Floß entfernt versank. Bei nachträglichen Berechnungen zeigte sich,
daß sie den programmierten Einschlagpunkt um nur 260 Meter verfehlte.
Das war nicht perfekt und zur Enttäuschung einiger eine ganze
Größenordnung schlechter als die neuesten Raketen der Amerikaner, aber
für einen Test reichte es aus. Was noch besser war: Der Test war vor aller
Welt durchgeführt worden und dennoch unbemerkt geblieben. Kurz

Weitere Kostenlose Bücher