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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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informieren, was wir wissen. Viel ist es nicht, aber wir haben immerhin einige Fotos.«
»Wieso sind Sie so gut informiert?«
»Stationschef von Seattle ist Chuck O'Keefe. Ich habe mal unter ihm gearbeitet. Er meinte, ich sollte mit Bill Shaw drüber sprechen, und Bill war einverstanden, daß wir uns diskret umschauen, aber es kam nichts heraus, und Chuck hat auch so alle Hände voll zu tun.«
»Ich rede mal mit Mary Pat darüber. Und die andere Sache?«
»Tut mir leid, Junge, aber danach müssen Sie den Boß fragen.«
Scheiße! dachte Ryan, als Murray gegangen war. Immer diese Geheimniskrämerei!

6 / Einblicke, Ausblicke
    In Japan zu operieren war in vielerlei Hinsicht sehr schwierig. Das Rassische spielte natürlich eine Rolle. Japan war ethnisch nicht homogen; die Ainu waren die ursprünglichen Bewohner der Inseln, lebten aber überwiegend auf Hokkaido, der nördlichsten Hauptinsel. Man bezeichnete sie immer noch als Eingeborene, und es waren eindeutig rassistische Schranken, die sie von der japanischen Mehrheitsgesellschaft trennten. Japan hatte außerdem eine Minderheit von koreanischer Abstammung, deren Vorfahren um die Jahrhundertwende als billige Arbeitskräfte ins Land geholt worden waren, so wie sich Amerika an der Atlantik- und der Pazifikküste Einwanderer geholt hatte. Doch im Unterschied zu Amerika hatte Japan seinen Einwanderern Bürgerrechte verweigert, solange sie nicht eine durch und durch japanische Identität annahmen; das war um so merkwürdiger, als die Japaner selbst bloß ein Ableger der Koreaner waren, eine durch DNA-Forschung bewiesene Tatsache, die aber bequemerweise von den besseren Kreisen der japanischen Gesellschaft mit einiger Entrüstung abgestritten wurde. Alle Ausländer waren für sie gaijin, ein Wort, das wie die meisten japanischen Wörter mehrere Nebenbedeutungen hatte. Meistens wurde es verharmlosend mit »Ausländer« übersetzt, hatte aber auch die Bedeutung »Barbar« mit all den Schmähungen, die darin steckten, seit die Griechen das Wort geprägt hatten, dachte Chet Nomuri. Der Witz war, daß er als amerikanischer Bürger trotz rein japanischer Abstammung selber ein gaijin war, und obwohl er mit einem stummen Groll gegen die rassistische Politik der amerikanischen Regierung aufgewachsen war, die seiner Familie einmal wirklichen Schaden zugefügt hatte, brauchte er doch nur eine Woche im Land seiner Vorfahren zu weilen, um sich nach Südkalifornien zurückzusehnen, wo das Leben unkompliziert und einfach war.
    Für Chester Nomuri war es eine sonderbare Erfahrung, hier zu leben und zu »arbeiten«. Man hatte ihn sorgfältig geprüft und befragt, bevor man ihm die Operation SANDALWOOD übertragen hatte. Bald nach Abschluß seines Studiums an der UCLA war er zur Agency gegangen, ohne daß er sich der Motive recht entsinnen konnte, abgesehen von einem vagen Verlangen nach Abenteuern und einer Tradition seiner Familie, in den Staatsdienst zu gehen, und dann hatte er zu seiner Überraschung festgestellt, daß ihm die Tätigkeit Spaß machte. Sie hatte viel mit Polizeiarbeit zu tun, und Nomuri war ein Fan von Fernsehkrimis und Kriminalromanen. Außerdem war sie verdammt interessant. Jeden Tag lernte er etwas dazu. Es war wie lebendiger Geschichtsunterricht. Doch die wichtigste Lektion, die er gelernt hatte, war vielleicht die, daß sein Urgroßvater ein weiser und scharfsichtiger Mann gewesen war. Nomuri sah durchaus die Mängel Amerikas, und doch lebte er lieber dort als in irgendeinem der Länder, die er besucht hatte, und mit dieser Erkenntnis hatte sich ein gewisser Stolz auf seine Tätigkeit eingestellt, auch wenn er sich immer noch nicht ganz darüber im klaren war, was er eigentlich zu tun hatte. Das wußte natürlich auch seine Agency nicht, und das war etwas, was Nomuri nie richtig kapiert hatte, obwohl man es ihm auf der Farm so erklärt hatte. War das überhaupt vorstellbar? Es mußte ein Insiderwitz sein.
    Gleichzeitig - er war zu jung und unerfahren, um diesen Dualismus richtig zu erfassen - war es einfach, in Japan zu operieren. Das galt besonders für den Pendlerzug.
    Es jagte ihm einen Schauder über den Rücken, wie voll es hier war. Er war nicht eingestellt auf ein Land, in dem die Bevölkerungsdichte engen Kontakt mit allen möglichen Fremden erzwang, und bald wurde ihm klar, daß es einfach ein Nebenprodukt davon war, wenn die Leute so viel Wert auf persönliche Hygiene und manierliches Betragen legten. Es kam so oft vor, daß man andere streifte, sie

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