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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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»schnellen« Neutronen die Hüllen angreifen und eine »schnelle Spaltungsreaktion« auslösen, wodurch sich die drinnen von Plutonium, Tritium und Lithiumdeuterid freigesetzte Energie verdoppeln würde.
    Das war der elegante Teil, dachten die Ingenieure, besonders diejenigen, die nicht viel von Kernphysik verstanden und den Vorgang erst während ihrer Arbeit begriffen hatten. Das U-238 , so dicht und hart und schwierig zu bearbeiten, war ein äußerst hitzebeständiges Material. Die Amerikaner verstärkten damit sogar die Außenwände ihrer Panzer, weil es einer von außen einwirkenden Energie so gut widerstand. Wenn die Hülle mit 27000 Stundenkilometern durch die Atmosphäre raste, würde die Luftreibung die meisten Materialien zerstören, dieses aber nicht, zumindest nicht in den wenigen Sekunden, die es dauerte, und am Ende des Prozesses würde das Material zu einem Teil der Bombe selbst werden. Elegant, dachten die Ingenieure, das Lieblingswort ihres Berufsstandes verwendend, und das war die Zeit und die Mühe wert. Nach der Fertigstellung wurden die Hüllen auf einem Rollwagen in den Lagerraum geschafft. Nur drei waren noch in Arbeit. Dieser Teil des Projekts hinkte zwei Wochen hinter dem Zeitplan her, sehr zum allgemeinen Verdruß.
    Jetzt begann die Zerspanung an Hülle Nummer acht. Wenn die Bombe detonierte, würde das Uran 238, aus dem sie bestand, auch den meisten Fallout erzeugen. Aber das war Physik und nicht ihre Sache.
    Es war eigentlich Zufall, und vielleicht lag es an der frühen Stunde. Ryan traf kurz nach sieben beim Weißen Haus ein, zwanzig Minuten früher als sonst, weil die ganze Fahrt auf der U.S. Route 50 ungewöhnlich reibungslos verlaufen war. So war er nicht dazu gekommen, seine Akten zu studieren, und er klemmte sie unter den Arm, als er den Westeingang betrat. Jack mußte, obwohl er Nationaler Sicherheitsberater war, nach wie vor durch den Metalldetektor, und dabei stieß er mit jemand zusammen. Der besagte Jemand händigte gerade seine Dienstpistole einem uniformierten SecretService-Agenten aus.
    »Ihr Kerle traut dem Bureau wohl noch immer nicht, was?« fragte eine vertraute Stimme den diensthabenden Beamten in Zivil.
»Besonders dem Bureau nicht!« kam es gutgelaunt zurück.
»Und ich kann es ihnen auch nicht verdenken«, fügte Ryan hinzu. »Gucken Sie auch in seinen Schuhen nach, Mike.«
Murray drehte sich um, nachdem er das magnetische Portal passiert hatte. »Ich brauche das Hilfsgerät nicht mehr.« Der Deputy Assistant Director deutete auf die Papiere unter Jacks Arm. »Geht man etwa so mit Geheimdokumenten um?«
Murray mußte immer witzeln. Es lag einfach in seiner Natur, einen alten Freund aufzuziehen. Jetzt bemerkte Ryan, daß auch der Justizminister gerade gekommen war und sich leicht gereizt umblickte. Wieso war ein Kabinettsmitglied zu so früher Stunde hier? Ware es ein Problem der nationalen Sicherheit gewesen, hätte Ryan Bescheid gewußt, und Strafrechtsangelegenheiten waren selten von solcher Bedeutung, daß der Präsident vor der gewohnten Zeit - acht Uhr - in seinem Amtszimmer erschien. Und wieso war Murray bei ihm? Helen D'Agustino wartete in respektvoller Entfernung, um die Herren persönlich über die oberen Korridore zu eskortieren. Das ganze zufällige Zusammentreffen weckte Ryans Neugier.
»Der Boß wartet«, sagte Murray mit gedämpfter Stimme, als Antwort auf Jacks neugierigen Blick.
»Könnten Sie auf dem Rückweg bei mir vorbeikommen? Ich wollte Sie sowieso schon anrufen.«
»Natürlich.« Damit stapfte Murray davon, ohne sich wie sonst üblich höflich nach Cathy und den Kindern erkundigt zu haben.
Ryan passierte den Detektor, wandte sich nach links und ging die Treppe hinauf zu seinem Eckbüro, wo die morgendliche Aktenlektüre auf ihn wartete. Sie war rasch erledigt, und Ryan machte sich an seine täglichen Routinearbeiten, als seine Sekretärin Murray in sein Amtszimmer ließ. Er kam gleich zur Sache.
»Merkwürdig, daß der Justizminister so früh kommt, Dan. Muß ich von der Sache wissen?«
Murray schüttelte den Kopf. »Noch nicht, tut mir leid.«
»Okay«, erwiderte Ryan und wählte eine andere Formulierung. »Sollte ich von der Sache wissen?«
»Wahrscheinlich schon, aber der Boß wünscht vertrauliche Behandlung, und es hat nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun. Weshalb wollten Sie mich sprechen?«
Ryan zögerte mit der Antwort und ließ sich die Sache noch einmal kurz durch den Kopf gehen. Dann verwarf er seine Bedenken. Er wußte, daß

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