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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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eines der besten Einsatzteams der Agency entpuppt. Er
schaute hinüber zu Chavez. Der Junge hatte sich in fünf Jahren gewaltig
gemacht. Er hatte seinen Collegeabschluß und stand kurz vor der
Magisterprüfung, immerhin über internationale Beziehungen. Dings Beruf
hätte seinen Lehrern vermutlich das Herz stillstehen lassen, denn es gehörte
nicht zu ihrer Vorstellung vom transnationalen Verkehr, andere Nationen zu
vögeln -eine scherzhafte Formulierung, auf die Domingo Chavez gekommen war, während er in der afrikanischen Sandwüste für eines seiner Seminare ein historisches Lehrbuch las. Er mußte noch lernen, seine Gefühle zu verbergen. Chavez hatte noch immer etwas von der Leidenschaftlichkeit, die seinem Herkunftsvolk eigen war, obwohl Clark sich fragte, wieviel davon auf der Farm und anderswo nur gespielt war. In jeder Organisation brauchte der einzelne seinen »internen Ruf«. John besaß einen. Man sprach flüsternd über ihn in der törichten Annahme, die Spitznamen und Gerüchte würden ihm nicht zu Ohren kommen. Und Ding
wollte auch einen haben. Na ja, das war normal.
»Fotos?« fragte Chavez leise und nahm sie dann von Mrs. Foley
entgegen. Es waren sechs. Ding betrachtete sie und reichte sie an seinen
älteren Kollegen weiter. Die Stimme des Jüngeren klang beherrscht, doch
sein Gesicht drückte Abscheu aus.
»Was ist, wenn Nomuri ein Gesicht und eine Adresse ausfindig macht?«
fragte Ding.
»Dann setzen Sie sich mit ihr in Verbindung und fragen sie, ob sie gern
einen Gratisflug nach Hause hätte«, erwiderte die DDO, ohne zu erwähnen,
daß es anschließend eine ausführliche Befragung geben würde. In Wahrheit
gab es bei der CIA nichts umsonst.
»Deckidentität?« fragte John.
»Haben wir noch nicht entschieden. Bevor Sie rüberfliegen, müssen wir
noch an Ihren Sprachkenntnissen feilen.«
»Monterey?« Chavez lächelte. Das war eine der angenehmsten
Gegenden von Amerika, besonders um diese Jahreszeit.
»Zwei Wochen totale Immersion. Sie fliegen heute abend rüber.
Unterrichten wird Sie ein Mensch namens Ljalin, Oleg Jurjewitsch. Ein
ehemaliger KGB-Major, der vor einiger Zeit rübergekommen ist. Er hat
drüben ein Netz geführt, es hieß THISTLE . Er hat die Information geliefert,
die Sie und Ding genutzt haben, um das Verkehrsflugzeug zu
verwanzen ...«
»Toll!« stieß Chavez hervor. »Ohne ihn ...«
Mrs. Foley nickte zufrieden darüber, daß Ding den vollen
Zusammenhang so schnell erfaßt hatte. »Stimmt. Er hat ein sehr schönes
Haus mit Blick aufs Meer. Außerdem ist er ein verdammt guter
Sprachlehrer. Vermutlich, weil er es selber lernen mußte.« Für die CIA war
es ein vorteilhaftes Geschäft geworden. Nach den abschließenden
Vernehmungen hatte er eine fruchtbare Tätigkeit an der Sprachenschule der
Streitkräfte aufgenommen, wo das Pentagon sein Gehalt bezahlte. »Bis Sie imstande sind, in der Landessprache ein Essen zu bestellen und nach der Toilette zu fragen, werden wir die Frage Ihrer Deckidentitäten jedenfalls
geklärt haben.«
Clark verstand den Wink, daß es an der Zeit sei zu gehen, und erhob
sich mit einem Lächeln. »Also wieder an die Arbeit.«
»Auf zur Verteidigung Amerikas«, bemerkte Ding lächelnd, als er die
Fotos auf Mrs. Foleys Schreibtisch legte. Er war sicher, daß es im Grunde
eine Sache der Vergangenheit war, sein Land verteidigen zu müssen. Clark
hörte die Bemerkung und hielt sie ebenfalls für einen Witz, bis plötzlich
Erinnerungen hochkamen, die das Lächeln aus seinem Gesicht vertrieben.
    Es war nicht ihre Schuld. Es lag einfach an den objektiven Verhältnissen. Mit einer Bevölkerungszahl, die viermal so groß war wie die der Vereinigten Staaten, und nur einem Drittel des Lebensraums mußten sie etwas tun. Die Menschen brauchten Arbeit, brauchten Erzeugnisse, brauchten eine Chance, das zu bekommen, was sich jeder in der Welt wünschte. Sie konnten es auf den Fernsehbildschirmen sehen, die es offenbar auch dort gab, wo es keine Arbeit gab, und nachdem sie es gesehen hatten, forderten sie eine Chance, es zu besitzen. So einfach war das. Zu neunhundert Millionen Menschen konnte man nicht »nein« sagen.
    Jedenfalls nicht, wenn man selbst einer von ihnen war. Vizeadmiral V. K. Chandraskatta setzte sich auf seinen Ledersessel auf der Kommandobrücke des Flugzeugträgers Viraat. Seine Pflicht war, so lautete sein Diensteid, die Befehle seiner Regierung auszuführen, doch darüber hinaus hatte er seinem Volk zu dienen. Er brauchte nur einen Blick über seine eigene

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