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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Kommandobrücke zu werfen, um das zu erkennen: Stabsoffiziere und Matrosen, besonders die letzteren, die besten, die sein Land hervorbringen konnte. Sie waren vorwiegend Signalgasten und Verwaltungsunteroffiziere, die ihr Leben auf dem Subkontinent hinter sich gelassen hatten, um diese neue Aufgabe zu übernehmen, und die sich die größte Mühe gaben, sich darin zu bewähren, denn so mager auch der Sold war, war er doch den wirtschaftlichen Risiken vorzuziehen, die sie in einem Land eingingen, dessen Arbeitslosenquote zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Prozent lag. Nur um sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen, hatte sein Land sage und schreibe fünfundzwanzig Jahre benötigt. Und dann auch noch aufgrund einer gewissen Mildtätigkeit, als Ergebnis der westlichen Agrarwissenschaft, deren Erfolg vielen schwer auf der Seele lag, so als ob sein Land, uralt und gebildet, sein Schicksal nicht allein meistern könnte. Auch erfolgreiche Mildtätigkeit konnte eine Last auf der nationalen Seele sein.
    Und was nun? Die Wirtschaft seines Landes kam endlich wieder in Schwung, aber sie stieß auch an Grenzen. Indien brauchte zusätzliche Ressourcen, vor allem aber brauchte es Raum, von dem es wenig hatte. Im Norden seines Landes erhob sich die unwirtlichste Gebirgskette der Welt. Im Osten lag Bangladesch, das noch größere Probleme hatte als Indien. Im Westen lag Pakistan, gleichfalls übervölkert und ein religiöser Erbfeind, gegen den man kaum Krieg führen konnte ohne die unerwünschte Folge, daß die Ölversorgung seines Landes durch die moslemischen Staaten am Persischen Golf unterbrochen wurde.
    So ein Pech, dachte der Admiral, griff nach seinem Fernglas und musterte seine Flotte, weil er im Augenblick sonst nichts zu tun hatte. Wenn sie nichts unternahmen, konnte sein Land nicht viel mehr erhoffen als Stillstand. Anders sah es dagegen aus, wenn sie sich nach außen wenden und energisch um zusätzlichen Raum kämpfen würden. Doch das wurde seinem Land von der »neuen Weltordnung« verwehrt. Indien wurde der Eintritt in den Wettlauf um Größe von genau jenen Ländern versagt, die daran teilgenommen und ihn dann für beendet erklärt hatten, um nicht von anderen eingeholt zu werden.
    Den Beweis hatte er direkt vor Augen. Seine Marine war eine der mächtigsten der Welt, sie war unter ruinösem Aufwand gebaut, bemannt und ausgebildet worden, sie befuhr eines der sieben Weltmeere, den einzigen Ozean, der nach einem Land benannt war, und doch war sie nur die zweitbeste, war sie einem Bruchteil der amerikanischen Marine untergeordnet. Das tat weh. Amerika schrieb seinem Land vor, was es durfte und was es nicht durfte. Amerika, mit einer Geschichte von gerade mal zweihundert Jahren. Emporkömmlinge. Hatten sie etwa gegen Alexander von Makedonien oder den großen Khan gekämpft? Als die Europäer auf »Entdeckungsreisen« gingen, war es ihr Ziel gewesen, sein Land zu erreichen, und jene Landmasse, die sie dabei zufällig entdeckt hatten, verweigerte jetzt dem uralten Heimatland des Admirals Größe und Macht und Gerechtigkeit. Ein bitteres Los, das er hinter einer Maske von professioneller Gleichgültigkeit verbarg, während seine Stabsoffiziere geschäftig hin und her eilten.
    »Radarkontakt, Peilung 135, Entfernung zweihundert Kilometer«, verkündete eine Stimme. »Kurs auf uns, Geschwindigkeit fünfhundert Knoten.«
    Der Admiral drehte sich zu seinem Flotteneinsatzoffizier um und nickte. Captain Mehta nahm einen Hörer ab und sprach hinein. Seine Flotte befand sich abseits der üblichen Handelsschiffahrts- und Flugrouten, und ihm war aufgrund des Timings klar, um was es sich bei den anfliegenden Maschinen handelte. Vier amerikanische Jäger, F-18E Hornets von einem der amerikanischen Flugzeugträger südöstlich von ihm. Sie kamen täglich, morgens und nachmittags und manchmal mitten in der Nacht, um ihn wissen zu lassen, daß die Amerikaner seinen Standort kannten, und ihn daran zu erinnern, daß er ihren Standort nicht kannte und nicht kennen konnte.
    Kurz darauf hörte er das Startgeräusch von zweien seiner Harrier. Gute Flugzeuge, teure Flugzeuge, aber den anfliegenden Amerikanern nicht gewachsen. Er hatte heute vier hinaufgeschickt, zwei von Viraat und zwei von Vikrant, um die vermutlich vier amerikanischen Hornets abzufangen, und die Piloten würden zum Zeichen ihrer freundlichen Absichten winken und nicken, aber es würde auf beiden Seiten eine Lüge sein.
    »Wir könnten unsere SAM-Systeme abfeuern, um ihnen

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