08 - Ehrenschuld
hier eintreten sehen, niemals zusammen, aber auch nie mehr als einige Minuten nacheinander, weil es unziemlich gewesen wäre, wenn der eine den anderen allzu lange hätte warten lassen. Yamata ging immer als erster, und Goto blieb immer länger, mindestens eine Stunde, aber nie mehr als zwei. Eine geschäftliche Unterredung mit anschließendem Unterhaltungsteil, dachte Nomuri sich, und an den anderen Abenden eben nur die Unterhaltung. Wenn Goto herauskam und auf das wartende Auto zuging, sah man schon, wie in einer Filmposse, daß er sehr mit sich zufrieden war. Sein Fahrer wußte auf jeden Fall Bescheid - die geöffnete Tür, eine Verbeugung, dann das schelmische Grinsen auf seinem Gesicht, wenn er um das Auto herumging zur Fahrertür. Ein ums andere Mal war Nomuri Gotos Wagen unauffällig und vorsichtig gefolgt, zweimal hatte er ihn im Verkehrsgewühl aus den Augen verloren, aber die beiden letzten Male war er dem Mann bis zu seinem Haus gefolgt, und er war überzeugt, daß Goto nach seinen Treffen immer wieder zu diesem Ort zurückkehrte. Na gut. Jetzt saß er in seinem Wagen, trank Tee und dachte an den anderen Teil seiner Mission. Es dauerte vierzig Minuten.
Es war Kimberly Norton. Nomuri hatte gute Augen, und die Straßenlampen reichten aus, um ein paar schnelle Fotos zu schießen, bevor er den Wagen verließ. Er folgte ihr auf der anderen Straßenseite, immer bemüht, nicht direkt hinüberzuschauen, sondern sie im Augenwinkel zu behalten. Wie man jemanden beschattet, ohne selbst bemerkt zu werden, hatte er auf der Farm gelernt. Es war nicht besonders schwer, und diese Zielperson machte es ihm leicht. Für eine Amerikanerin war sie zwar nicht besonders groß, aber hier stach sie heraus, auch durch ihre hellen Haare. In Los Angeles wäre sie nicht aufgefallen, dachte Nomuri, ein hübsches Mädchen in einem Meer von hübschen Mädchen. Ihr Verhalten war unauffällig - das Mädchen paßte sich den hiesigen Normen an, zeigte eine gewisse Zurückhaltung, ließ Männern den Vortritt; in Amerika wurde das Gegenteil erwartet. Einen gewissen Unterschied machte ihre westliche Kleidung schon, doch auf der Straße gingen viele Japaner westlich gekleidet; die traditionelle Tracht war hier, wie Nomuri überrascht feststellte, in der Minderheit. Sie bog rechts ab, Nomuri folgte ihr im Abstand von fünfzig bis sechzig Metern, als wäre er ein gottverdammter Privatschnüffler. Worum ging es überhaupt bei diesem Auftrag, fragte sich der CIA-Agent.
»Als Russen?« fragte Ding.
»Als freie Journalisten sogar. Kannst du Steno?« fragte Clark, während
er das Fernschreiben überflog. Mary Pat wurde wieder mal von ihren
geistreichen Einfällen heimgesucht, aber um ehrlich zu sein, waren sie sehr
gut. Er hatte schon lange vermutet, daß die Agency einen Mann in der
Nachrichtenagentur Interfax in Moskau hatte. Die CIA war vielleicht sogar
an der Gründung des Ladens beteiligt, denn oft kamen von dort die ersten
und die besten politischen Informationen aus Moskau. Doch dies war seines
Wissens das erste Mal, daß die Agency ihn für eine Legende benutzte. Noch
interessanter wurde es auf der zweiten Seite des Einsatzbefehls. Clark
reichte ihn Ljalin kommentarlos.
»Wurde aber auch verdammt Zeit«, grinste der gebürtige Russe. »Sicher
wollt ihr Namen, Adressen und Telefonnummern haben, stimmt's?« »Könnte nicht schaden, Oleg Juriewitsch.«
»Heißt das, daß wir jetzt richtig in die Spionage einsteigen?« fragte
Chavez. Das war für ihn etwas ganz Neues. Meistens hatten Clark und er
paramilitärische Einsätze gehabt, die für reguläre Agenten zu gefährlich
oder zu ausgefallen waren.
»Bei mir ist es auch schon eine Weile her, Ding. Oleg, in welcher
Sprache haben Sie Ihre Leute eigentlich kontaktiert?«
»Immer in Englisch«, antwortete Ljalin. »Keiner wußte, daß ich
Japanisch kann. So habe ich manches aufgeschnappt. Sie dachten, ich
verstünde sie sowieso nicht.«
Clever, dachte Clark, sich einfach dumm zu stellen und so zu tun, als ob
man nichts kapiert. Nur würde es für ihn und Ding leider zutreffen. Aber
ihre eigentliche Aufgabe war ja auch nicht, den Meisterspion zu spielen,
und für das, was sie machen sollten, waren sie ausreichend vorbereitet,
dachte John. Am Dienstag würden sie nach Korea fliegen.
In einem weiteren Fall von Behördenkooperation brachte ein UHiHHubschrauber der Nationalgarde von Tennessee Rebecca Upton, drei Männer und die Benzintanks zum Oak Ridge National Laboratory. Die Tanks waren in
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