08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
zusammen.“
Renata lächelte, ihre hellgrünen Augen blitzten, als sie ihren Ledermantel zuknöpfte, um die Dolche und den Pistolengürtel zu verbergen, die sie über ihrer Drillichhose trug. „Na dann los! Gehen wir mit netten alten Damen Tee trinken.“
Auch Jenna hielt es für angeraten, den Reißverschluss ihres Mantels zuzuziehen, denn Brock hatte darauf bestanden, dass sie das Hauptquartier nicht ohne Waffe verließ. Es fühlte sich seltsam an, wieder eine zu tragen, aber völlig anders als damals in Alaska.
Alles an ihr fühlte sich jetzt anders an.
Sie hatte sich verändert, und sie mochte die Person, zu der sie gerade wurde.
Und was noch wichtiger war, sie lernte gerade, der Person zu vergeben, die sie in Alaska gewesen war.
Einen Teil von sich hatte sie in Harmony zurückgelassen, einen Teil, den sie nie zurückbekommen würde. Aber als sie jetzt mit Renata, Dylan und Alex in die warme kleine Bibliothek trat, konnte sie sich nicht vorstellen, wieder zum Leben der Frau zurückzukehren, die sie einst gewesen war. Jetzt hatte sie hier ihre Freunde und wichtige Arbeit, die getan werden musste.
Und das Beste von allem, sie hatte Brock.
Dieser Gedanke war es, der sie zum Lächeln brachte, als Dylan mit ihnen zu einer gebrechlichen alten Frau hinüberging, die ruhig auf einem Sofa mit Rosenmuster am offenen Kamin der Bibliothek saß. Trübe blaue Augen blinzelten ein paarmal unter flauschigen weißen Löckchen, und in dem faltigen Gesicht, das jetzt zu den Frauen des Ordens hinaufblickte, konnte Jenna immer noch die freundliche Nonne von dem Foto des Mädchenheims erkennen.
„Schwester Margaret?“, fragte Dylan und hielt ihr die Hand hin. „Ich bin Sharon Alexanders Tochter Dylan. Und das sind meine Freundinnen.“
„Ach wie schön!“, rief die reizende alte Nonne aus. „Man hat mir gesagt, dass ich heute Besuch zum Tee bekomme. Bitte setzt euch doch, Kinder. Ich kriege ja so selten Besuch.“
Dylan setzte sich neben die Schwester auf das Sofa, Jenna und Alex in die beiden abgewetzten Lehnsessel um den Couchtisch. Renata positionierte sich mit dem Rücken zur Wand, die Augen zur Tür gerichtet – als ausgebildete Kriegerin war sie immer auf der Hut.
Selbst wenn die einzigen Personen im Raum außer ihnen und Schwester Margaret ein paar weißhaarige alte Damen waren, die hinter ihren Gehhilfen hertatterten und außer ihren Rosenkränzen auch Notrufknöpfe um den Hals trugen.
Jenna lauschte müßig, als Dylan zuerst etwas Small Talk mit Schwester Margaret machte und dann direkt zum Zweck ihres Besuches kam. Sie zog einige Skizzen heraus und versuchte verzweifelt, dem nachlassenden Gedächtnis der alten Nonne auf die Sprünge zu helfen. Viel nützte es nicht.
„Und Sie erinnern sich wirklich nicht daran, dass von diesen Mädchen welche bei Ihnen im Heim waren?“ Dylan legte einige weitere Skizzen vor der alten Frau auf den Tisch. Die Schwester spähte auf die handgezeichneten Gesichter, aber in ihren freundlichen blauen Augen blitzte kein Wiedererkennen auf. „Bitte versuchen Sie’s doch, Schwester Margaret! Alles, woran Sie sich erinnern, könnte uns wirklich weiterhelfen.“
„Tut mir leid, mein Liebes. Ich fürchte, mein Gedächtnis ist nicht mehr, was es einmal war.“ Sie führte ihre Teetasse zum Mund und nahm einen Schluck. „Aber wisst ihr, ich war noch nie gut mit Namen und Gesichtern. Ich schätze, Gott hat es für gut gehalten, mich anderweitig zu segnen.“
Jenna sah Dylans Enttäuschung, als sie sich zögerlich daranmachte, ihre Materialien wieder einzusammeln. „Das macht ja nichts, Schwester Margaret. Es ist nett, dass wir Sie besuchen durften.“
„Ach du liebes bisschen“, platzte sie heraus und stellte ihre Tasse auf die Untertasse zurück. „Was bin ich doch für eine Gastgeberin! Ich habe ja ganz vergessen, euch Mädels Tee zu machen!“
Dylan griff nach ihrer Ledertasche. „Das ist nicht nötig. Wir sollten Sie nicht länger aufhalten.“
„Unsinn! Ihr seid doch zum Tee gekommen.“
Als sie vom Sofa aufstand und in die kleine Teeküche der Bibliothek hinüberschlurfte, warf Dylan Jenna und den anderen einen entschuldigenden Blick zu. Als die Schwester im Nebenraum herumrumorte, den Wasserkessel aufsetzte und mit Tassen klapperte, fegte Dylan die Skizzen und Fotos zusammen, stopfte alles in die Ledertasche zurück und stellte sie neben sich auf den Boden.
Einige Minuten später drang Schwester Margarets dünne Stimme zu ihnen herüber. „Konnte Schwester
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