08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
gerichtet – die Lakaiin, deren tote Augen durch sie hindurchsahen, als wären sie gar nicht da.
Als wären sie nichts und bedeuteten nichts.
Zumindest nicht für diese Frau, das wusste Jenna ohne Frage.
Zwei massige Männer waren hinter Schwester Grace getreten. Sie hatten sich in den Schatten der Eingangshalle versteckt und waren von der Nonne hereingerufen worden, noch bevor Jenna und Renata ihre Waffen gehoben hatten, um zu schießen. Die Augen der Männer hatten denselben kalten Starrblick wie die Nonne. Jeder von ihnen hielt eine riesige Pistole – eine war auf Renata gerichtet, die andere auf Jenna.
Die Pattsituation spielte sich in wachsamem Schweigen ab, das sich immer weiter in die Länge zog, und derweil überlegte sie fieberhaft, wie sie einen oder beide Männer außer Gefecht setzen konnte, ohne dabei Alex oder Dylan in Gefahr zu bringen. Aber verdammt, es ging nicht, nicht einmal, wenn sie sich auf ihr Implantat verließ, das offenbar ihre Reaktionsfähigkeit beschleunigt hatte. Das Risiko für ihre Freundinnen war zu groß, um es zu versuchen.
Und dann noch mehr schlechte Neuigkeiten.
Irgendwo von links kam nun ein weiterer Lakai und drückte ihr die kalte Mündung eines Revolvers an den Kopf.
Die Nonne lächelte ihr falsches Lächeln. „Ich muss euch Damen bitten, eure Waffen fallen zu lassen.“
Renata rührte sich nicht vom Fleck, und auch Jenna nicht, obwohl sich jetzt mit einem metallischen Klicken die Trommel drehte und der Lakai eine Patrone in die Kammer beförderte.
„Wie lange arbeiten Sie schon für Dragos?“, fragte Renata die Geistsklavin. „Er ist Ihr Meister, nicht wahr?“
Schwester Grace blinzelte ungerührt. „Zum letzten Mal, Liebes: Lass deine Waffe fallen! Der Teppich, auf dem ihr steht, ist seit über zweihundert Jahren im Besitz meiner Familie. Es wäre ein Jammer, ihn zu ruinieren, wenn Arthur oder Patrick hier dir ein Loch in die Brust pusten.“
Jennas eigene Brust zog sich zusammen beim Gedanken, dass ihre Freundinnen von diesen Lakaienarschlöchern verletzt wurden. Sie wartete in angespanntem, entsetztem Schweigen und sah zu, wie Renatas schlanke Armmuskeln etwas von ihrer Spannung verloren. Jenna dachte schon, sie würde gehorchen, aber der subtile Seitenblick, den Renata ihr zuwarf, besagte genau das Gegenteil.
Jenna beantwortete ihn ihrerseits mit einer kaum wahrnehmbaren Augenbewegung. Sie würde nur eine einzige Chance haben. Ein Sekundenbruchteil, und entweder es klappte, oder sie würde schlagartig alles verlieren.
Renata stieß einen resigniert klingenden Seufzer aus.
Sie begann, ihre Waffe zu senken …
Und als sie es tat, konzentrierte sich Jenna auf all die Geschwindigkeit, die sie den Muskeln und Sehnen ihres menschlichen Körpers abringen konnte. Mit blendender Schnelligkeit wirbelte sie herum und brach dem Lakaien, der sie mit der Waffe bedrohte, das Handgelenk. Er schrie auf vor Schmerz, und nun brach im ganzen Raum Chaos aus.
Was dann geschah, schien für Jenna in Zeitlupe abzulaufen, aber es konnten nur Sekundenbruchteile sein: Sie senkte ihre Pistole auf den gestürzten Lakaien und schoss ihm zweimal in den Kopf. Inzwischen hatte Renata einen der beiden hinter der Nonne erledigt. Als dem zweiten Lakaien eine Blutfontäne aus der Brust schoss und er zu Boden fiel, drehte sich Schwester Grace um und wollte auf die Diele zurennen.
Jenna hatte sie eingeholt, noch bevor sie den zweiten Schritt getan hatte.
Sie sprang über die Lakaiin und schnitt ihr den Weg ab. Dann riss sie die Hände hoch zu der Frau und stieß diese um. Das grauhaarige Monster wurde hoch in die Luft gewirbelt und krachte auf den Boden des Salons, gerade als Renata dem letzten Mann eine Kugel verpasste und er zuckend und blutend auf Schwester Grace’ Familienerbstück verendete.
Jenna stapfte zu der falschen Nonne hinüber, die eben hektisch versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, und zerrte sie hoch auf das zierliche seidengepolsterte Sofa am Fenster. „Los, rede, du Miststück! Wie lange dienst du Dragos? Hast du ihm schon gehört, als du in seiner Stiftung für Straßenkids gearbeitet hast?“
Die Lakaiin grinste mit blutverschmierten Zähnen und schüttelte den Kopf. „Aus mir kriegt ihr nichts heraus. Ihr macht mir keine Angst. Ich fürchte den Tod nicht.“
Als sie redete, donnerten von irgendwo unter dem Haus schwere Schritte nach oben, zwei weitere Lakaien kamen die Kellertreppe heraufgerannt. Die Tür zur Diele flog mit einem Knall auf, als sie
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