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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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der Deborah regelmäßig wechselnde Beispiele ihrer Arbeit aufzuhängen pflegte. Luxford war ein äußerst fit wirkender Mann mittleren Alters von relativ bescheidener Statur. Der elegante blaue Blazer, die Seidenkrawatte und die beigefarbene Hose schienen ihn als Dandy auszuweisen, das Gesicht jedoch zeigte einen Ausdruck feinen Mißtrauens, in das sich in diesem Moment ein gerüttelt Maß an Ungläubigkeit mischte. St. James kannte den Ursprung dieser Ungläubigkeit, sie begegnete ihm immer wieder, und doch sah er sie nie ohne ein momentanes Gefühl der Niedergeschlagenheit. Dennis Luxford wollte Hilfe irgendeiner Art, aber er glaubte nicht, daß er sie von jemandem, der augenscheinlich ein Krüppel war, bekommen würde. St. James hätte am liebsten gesagt: »Es ist nur das Bein, Mr. Luxford.
    Mein Verstand funktioniert tadellos.« Statt dessen wartete er darauf, daß der andere das Gespräch eröffnete, während Helen und Deborah auf dem Sofa und auf dem Sitzkissen Platz nahmen.
    Luxford schien nicht erfreut darüber, daß die beiden Frauen offensichtlich vorhatten, sich hier für die Dauer des Gesprächs häuslich niederzulassen. Er sagte: »Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit, die streng vertraulich behandelt werden muß. Ich bin nicht bereit -«
    David St. James unterbrach ihn. »Das sind die drei Menschen in ganz England, von denen du am wenigsten befürchten mußt, daß sie deine Geschichte an die Medien verkaufen, Dennis. Ich vermute, sie wissen nicht einmal, wer du bist.« Und dann zu den anderen: »Wißt ihr es? Schon gut. Ich seh's euch an, daß ihr keine Ahnung habt.«
    Dann erklärte er. Er und Luxford, sagte er, hatten zusammen an der Universität Lancaster studiert, waren im Debattierklub hitzige Gegner gewesen und hatten nach dem Examen gemeinsam gefeiert. Sie waren nach Abschluß des Studiums miteinander in Verbindung geblieben, jeder hatte mit Interesse die erfolgreiche Karriere des anderen verfolgt. »Dennis schreibt«, fuhr David fort. »Und er schreibt verdammt gut, wenn ihr's genau wissen wollt.« Eigentlich war er nach London gekommen, um sich einen Platz in der schöngeistigen Literatur zu erobern, wie David berichtete, aber irgendwie war er an den Journalismus geraten und dabei geblieben. Er hatte als politischer Korrespondent für den Guardian angefangen. Heute war er Chefredakteur.
    »Des Guardian?« fragte Simon.
    »Der Source.« Luxford sagte es mit herausforderndem Blick. Beim Guardian anzufangen und bei der Source zu enden konnte vielleicht nicht gerade als himmelstürmender Aufstieg betrachtet werden, doch Luxford war offensichtlich nicht in Stimmung, sich kritisieren zu lassen.
    David schien den Blick gar nicht zu bemerken. Mit einer Kopfbewegung in Luxfords Richtung sagte er: »Er hat die Source vor sechs Monaten übernommen, Simon, nachdem er den Globe zur Nummer eins gemacht hatte. Er war der jüngste Chefredakteur in der Geschichte der Fleet Street, als er den Globe leitete, und der erfolgreichste. Und der ist er immer noch. Sogar die Sunday Times hat das zugegeben. Sie hat in ihrem Magazin einen großen Artikel über ihn gebracht. Wann war das, Dennis?«
    Luxford überhörte die Frage. Er schien sich unter Davids Lobgesängen zu winden. Einen Moment strich er nachdenklich über seine überlangen Koteletten. »Nein«, sagte er schließlich zu David. »Das hat keinen Sinn so. Es ist viel zu riskant. Ich hätte nicht herkommen sollen.«
    Deborah machte Anstalten aufzustehen. »Wir gehen«, sagte sie. »Helen, kommst du?«
    Doch St. James, der den Journalisten aufmerksam musterte, fühlte sich durch irgend etwas an ihm - vielleicht die Gewandtheit, mit der er die Situation manipulierte? - getrieben zu sagen: »Helen Clyde ist meine Mitarbeiterin, Mr. Luxford. Wenn Sie meine Hilfe brauchen, werden Sie um die ihre nicht herumkommen, selbst wenn es im Moment nicht so aussieht. Und meine Frau nimmt an all meiner Arbeit Anteil.«
    »Das war's dann«, sagte Luxford und wandte sich schon zum Gehen.
    David St. James hielt ihn zurück. »Irgend jemandem mußt du vertrauen«, sagte er und wandte sich wieder an seinen Bruder. »Das Problem ist, daß hier eine Tory-Karriere auf dem Spiel steht.«
    »Das müßte Sie doch eigentlich freuen«, sagte St. James zu Luxford. »Die Source hat aus ihrer politischen Linie nie ein Geheimnis gemacht.«
    »Hier handelt es sich um eine besondere Karriere«, erklärte David. »Erzähl es ihm, Dennis. Er kann dir helfen. Entweder du hältst dich

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