08 - Im Angesicht des Feindes
Brustwarze hatte und einen mit schwarzem Netz drapierten Kinderwagen vor sich herschob, nicht zu überfahren.
»Robin Payne. Erinnern Sie sich? Das ist der Constable, mit dem ich zusammenarbeite. Ich wohne bei seiner -«
»Ach ja, richtig. Der Robin.« Er hatte sich nicht erinnert. Er war viel zu sehr mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt gewesen, um sich zu erinnern. Aber jetzt fiel es ihm ein. Und als er diese Beschwingtheit in Barbara Havers' Ton hörte, fragte er sich, was da außer der Identität eines Killers noch in Wiltshire entdeckt wurde.
Sie berichtete weiter, sie habe die Windmühle vorläufig den Kollegen von der Spurensicherung überlassen. Sie selbst werde dorthin zurückkehren, sobald sie gegessen habe. Sie habe noch nichts gegessen, weil sie so spät nach Hause gekommen sei, und sie habe in der vorigen Nacht so wenig Schlaf bekommen, daß sie finde, sie habe es sich verdient, mal ein bißchen länger zu schlafen, und ...
»Havers«, unterbrach Lynley sie, »nur weiter so. Sie machen das ganz großartig.«
Er wünschte, er hätte das gleiche von sich sagen können.
In New Scotland Yard teilte Dorothea Harriman ihm im Vorübergehen großzügigerweise mit, daß der Assistant Commissioner im Haus unterwegs sei, und meinte, Inspector Lynley täte vielleicht gut daran, auf Tauchstation zu gehen, bis Hillier zu seiner Beschäftigung etwas unterkäme, was ihn eine Weile vom Fall Bowen ablenken würde. Lynley fragte neugierig: »Sie wissen, woran ich arbeite, Dee? Ich dachte, die Sache sei streng geheim.« Worauf sie mit heiterer Gelassenheit antwortete: »In der Damentoilette ist nichts geheim, Inspector.«
Na großartig, dachte er.
Auf seinem Schreibtisch stapelten sich Berge von Papieren. Unter den Akten, Berichten, Faxen und Telefonzetteln war auch die Source von diesem Morgen. Beigeheftet war eine Notiz in Winston Nkatas mikroskopisch kleiner Handschrift. Lynley setzte seine Brille auf, um sie zu lesen: »Na, ist das ein Kracher?« Er entfernte die Notiz und sah sich die erste Seite des Blattes an. Soweit er sehen konnte, hatte Dennis Luxford die Anweisungen des Entführers bis ins kleinste befolgt. Er hatte beim Abfassen des Artikels weder sich noch Eve Bowen geschont. Er hatte die relevanten Daten und zeitlichen Zusammenhänge eingefügt. Und er hatte auf seine Verbindung zur Entführung und Ermordung von Eve Bowens Tochter hingewiesen. Er schrieb, er trage die Verantwortung für Charlottes Tod, da er es bis zu diesem Moment abgelehnt hatte, die Wahrheit zu offenbaren; er erwähnte jedoch nicht, was ihn dazu veranlaßt hatte, die Geschichte jetzt doch zu erzählen: die Entführung seines Sohnes. Er tat alles menschenmögliche, um das Leben des Jungen nicht zu gefährden. So schien es jedenfalls.
Nach diesem Artikel würden sich die Medien zweifellos wie die Aasgeier auf Eve Bowen stürzen. Gewiß, er rückte auch Luxford ins Rampenlicht, aber das Interesse der Boulevardblätter an ihm würde minimal sein im Vergleich zu ihrer Begierde, über Eve Bowen herzufallen. Diese Überlegung - was Eve Bowen bevorstand und wie richtig sie vorausgesagt hatte, was auf sie zukommen würde - beunruhigte Lynley. Er legte die Zeitung weg und machte sich daran, die restlichen Papiere auf seinem Schreibtisch durchzusehen.
Er überflog den Obduktionsbefund, den Barbara Havers ihm aus Wiltshire gefaxt hatte. Er las, was er schon wußte: Das Kind war nicht infolge eines Unglücksfalls ertrunken.
Es war, bevor der Täter es ertränkt hatte, betäubt worden, weil es ohne Gegenwehr hatte sterben sollen. Das Mittel, mit dem es betäubt worden war, war ein Benzodiazepinderivat namens Diazepam. Verkauft wurde es unter dem Namen Valium. Ein verschreibungspflichtiges Medikament, das manchmal als Sedativum, manchmal als Schlafmittel verwendet wurde. Wenn genug davon in die Blutbahn gelangte, führte es zu Bewußtlosigkeit.
Lynley hob den Namen des Mittels durch Unterstreichung hervor und legte das Fax zur Seite. Valium, dachte er und suchte in den Papieren, die er vor sich liegen hatte, den Laborbefund, den er am Vortag nach der Durchsuchung des leeren Hauses in der George Street angefordert hatte. Er fand ihn zusammen mit einem Vermerk, der besagte, er möge jemanden mit Namen Figaro beim SO7 anrufen, dem gerichtswissenschaftlichen Institut, das auf der anderen Seite der Themse lag. Während er die Nummer eintippte, las er den beigefügten Bericht des chemischen Labors. Man hatte die Analyse des kleinen
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