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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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möglich vom ungesunden Einfluß polizeilicher Anwesenheit befreien wollte, zur prompten Identifizierung des Mannes veranlaßt. »Das ist doch der alte Jack Beard«, hatte er gesagt und berichtet, was er über Jacks tägliche Gewohnheiten wußte. Sie bestanden offenbar darin, daß er in Mülltonnen nach ausrangierten Gegenständen suchte, die sich noch verhökern ließen, und seine Mahlzeiten in städtischen Suppenküchen und ähnlichen Einrichtungen einnahm.
    Als sich Jack Beard im Vernehmungsraum der Polizeidienststelle Lynley gegenübersah, erklärte er sofort: »Ich hab' niemandem was getan. Was soll das Ganze also? Wer sind Sie überhaupt, Sie feiner Pinkel? Ich brauch' erst mal 'ne Zigarette.«
    Nkata schwatzte dem diensthabenden Sergeant drei Zigaretten ab und gab eine dem Penner. Zwischen einen schorfigen Zeigefinger und einen Daumen mit schwarzem Nagel geklemmt, hielt Jack sie an den Mund, als hätte er Angst, man könnte sie ihm wieder wegnehmen, und paffte gierig. Unter zottigen Strähnen fettigen grauen Haars hervor musterte er Lynley und Nkata mißtrauisch.
    »Ich hab' für Königin und Vaterland gekämpft«, sagte er.
    »Das können Sie bestimmt nicht von sich behaupten. Also, was wollen Sie von mir?«
    »Wie wir gehört haben, durchsuchen Sie regelmäßig Mülltonnen«, sagte Lynley.
    »Alles, was in Mülltonnen liegt, ist weggeschmissenes Zeug. Was ich da finde, darf ich behalten. Ich hab' jedenfalls noch nichts davon gehört, daß es verboten ist. Und ich mach' das jetzt schon seit zwölf Jahren. Ich hab' mir nie was zuschulden kommen lassen. Ich hab' nie was andres genommen als das Zeug, wo in den Mülltonnen ist.«
    »Darum geht es auch gar nicht. Niemand behauptet, Sie hätten sich etwas zuschulden kommen lassen, Jack.«
    Der Blick des Mannes flog zwischen den Polizeibeamten hin und her. »Worum geht's dann? Ich hab' 'ne Menge zu tun. Ich muß meine tägliche Tour machen.«
    »Führt Ihre tägliche Tour Sie auch nach Marylebone?«
    Nkata schlug sein Notizbuch auf. Jacks Gesicht wurde sofort argwöhnisch. Er paffte an seiner Zigarette wie eine Dampflok.
    »Und wenn? Soviel ich weiß, kann ich in Mülltonnen schauen, wo ich will. Zeigen Sie mir mal das Gesetz, wo's mir verbietet.«
    »Kommen Sie auch in den Cross Keys Close?« fragte Lynley.
    »Inspizieren Sie dort auch die Mülltonnen?«
    »Cross Keys was? Hab' ich nie gehört. Kenn' ich nicht.«
    Nkata entfaltete eine Kopie der Zeichnung, die von Jack Beard angefertigt worden war. Er legte sie ausgebreitet vor den Mann auf den Tisch. »Im Cross Keys Close«, erklärte er, »wohnt ein Schriftsteller, der uns erzählt hat, daß Sie dort waren, Jack. Am letzten Mittwoch, hat er gesagt. Sie haben dort die Mülltonnen durchsucht. Er hat Sie so gut gesehen, daß er Sie unserem Zeichner genau beschreiben konnte. Na, sieht das aus wie Sie, Jack? Was meinen Sie?«
    »Ich kenn' die Gegend nicht. Ehrlich. Ich hab' nie was von Cross Keys gehört. Ich hab' nichts getan. Sie müssen mich hier rauslassen.«
    Lynley sah die Verwirrung im Gesicht des alten Mannes. Er hatte unverkennbar Angst. »Jack«, sagte er, »Sie haben nichts zu fürchten. Es geht hier nicht um etwas, was Sie getan haben. Am letzten Mittwoch ist in der Gegend von Cross Keys Close ein kleines Mädchen entführt worden. Nicht lange nachdem Sie dort waren. Wir möchten -«
    »Ich hab' niemand entführt!« Jack drückte seine Zigarette auf der Tischplatte aus. Er riß den Filter von einer zweiten Zigarette ab und steckte sie an. Er schluckte, und seine Augen - krankhaft gelb, wo sie hätten weiß sein sollen - wurden plötzlich feucht. »Ich hab' meine Zeit abgesessen«, sagte er. »Fünf Jahre hab' ich gesessen. Seitdem bin ich sauber.«
    »Sie waren im Gefängnis?«
    »Wegen Einbruch. Fünf Jahre hab' ich gekriegt. Aber ich hab' meine Lektion gelernt. Ich war danach nie wieder im Knast. Aber mein Hirn funktioniert nicht richtig, und ich vergess' immer alles, drum hab' ich nie viel gearbeitet. Und jetzt mach' ich die Mülltonnen. Das ist das einzige, was ich tu.«
    Lynley ließ sich durch den Kopf gehen, was er gesagt hatte, und fand den springenden Punkt. Er sagte zu Nkata: »Constable, erklären Sie Jack bitte, was und wo Cross Keys Close ist.«
    Nkata hatte das Problem offenbar auch erkannt. Er nahm die Zeichnung wieder an sich, und während er sie einsteckte, sagte er: »Der Cross Keys Close ist eine Gasse in einem ganzen Gewirr solcher kleiner Straßen. Sie ist vielleicht zehn Meter von der

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