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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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weiterarbeiten. Er schlug einen Akkord an, ließ dann jedoch die Hände in den Schoß sinken.
    »Sie sind wegen Lottie hier, nicht wahr?« sagte er. »Ich habe es fast erwartet. Ich habe mir schon gedacht, daß es bei dem einen Mann, der letzte Woche hier war, nicht bleiben würde, wenn sie nicht wiederauftauchen sollte.«
    »Haben Sie denn erwartet, daß sie wiederauftauchen würde?«
    »Ja, eigentlich schon. Sie hat immer gern Dummheiten gemacht. Als sie mir gesagt haben, daß sie verschwunden ist -«
    »Sie?«
    »Der Mann, der letzten Mittwoch abend hier war. Er war in Begleitung einer Frau.«
    »Mr. St. James?«
    »Ich kann mich an den Namen nicht erinnern. Die beiden waren im Auftrag von Eve Bowen hier. Sie haben Lottie gesucht.« Er trank einen Schluck von seinem Wasser. »Als ich den Bericht in der Zeitung sah - ich meine, was Lottie zugestoßen ist -, habe ich mir gleich gedacht, daß früher oder später jemand bei mir aufkreuzen würde. Darum sind Sie doch hier, oder nicht?« Er stellte die Frage beiläufig, aber sein Gesicht wirkte leicht besorgt, als erhoffte er sich von ihnen eher Beschwichtigung denn Aufklärung.
    Einer direkten Antwort ausweichend, sagte Lynley: »Um welche Zeit ist Charlotte Bowen am Mittwochabend hier weggegangen?«
    »Um welche Zeit?« Chambers sah auf seine Uhr, die mit einer Schnur an seinem mageren Handgelenk befestigt war. Daneben trug er ein geflochtenes Lederarmband. »Um kurz nach fünf, würde ich sagen. Wie üblich blieb sie noch ein bißchen, um zu plaudern, aber ich habe sie bald nach ihrer Stunde heimgeschickt.«
    »War jemand unten auf der Straße, als sie ging?«
    »Mir ist nicht aufgefallen, daß sich da jemand herumgetrieben hat, wenn Sie das meinen sollten.«
    »Es war also niemand draußen, der sie hier weggehen sah.«
    Chambers hob langsam die Füße unter seinem Stuhl hoch.
    »Worauf wollen Sie hinaus?« fragte er.
    »Sie haben eben gesagt, es sei niemand auf der Straße gewesen, als Charlotte um kurz nach fünf hier wegging. Ist das richtig?«
    »Ja, das habe ich gesagt.«
    »Daraus folgt, daß niemand auf der Straße war, der Ihre Behauptung, daß sie Ihr Haus überhaupt verlassen hat, bestätigen oder widerlegen kann.«
    Seine Zunge schnellte vor und glitt über seine Lippen. Als er wieder zu sprechen begann, färbte der Akzent seiner Heimatstadt Belfast seine hastig und mit wachsender Beunruhigung gesprochenen Worte. »Was soll das eigentlich heißen?«
    »Kennen Sie Charlottes Mutter?«
    »Natürlich kenne ich sie.«
    »Dann wissen Sie auch, daß sie Parlamentsmitglied ist, richtig? Und außerdem Staatssekretärin im Innenministerium.«
    »Ja, sicher. Aber ich verstehe nicht, was das -«
    »Sie hätten sich nur die Mühe zu machen brauchen, sich über ihre politischen Ansichten zu informieren - und eine große Mühe wäre das wahrhaftig nicht gewesen, da Sie ja zu ihrem Wahlbezirk gehören -, und Sie hätten in Erfahrung bringen können, welchen Standpunkt sie bei gewissen kontroversen Fragen vertritt.«
    »Ich habe mit Politik nichts am Hut«, entgegnete Chambers sofort, aber die absolute Reglosigkeit seines Körpers - jeden Nerv schien er angespannt zu haben, um sich nur ja nicht zu verraten - widersprach seinen Worten.
    Lynley war sich der Tatsache bewußt, daß allein seine Anwesenheit in Chambers' Haus für diesen, den katholischen Iren, ein Alptraum sein mußte. Die Gespenster der »Birmingham Six« und der »Guildford Four« drängten sich in dem kleinen Zimmer, in dem die Luft zum Atmen schon aufgrund der bedrohlichen Anwesenheit Lynleys und Nkatas knapp wurde, die beide Engländer waren, beide Protestanten, beide gut über einen Meter achtzig groß, beide im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte - und beide Polizeibeamte. Lynley spürte die Furcht des Iren.
    »Wir haben uns mit der nordirischen Polizei unterhalten, Mr. Chambers«, sagte er.
    Chambers erwiderte nichts. Er rieb einen Fuß am anderen und versteckte seine Hände unter seinen Achselhöhlen. Sonst jedoch blieb er ganz ruhig. »Das muß eine unheimlich langweilige Unterhaltung gewesen sein.«
    »Den Leuten zufolge sind Sie ein Rowdy. Nicht direkt ein IRA-Anhänger, aber doch einer, den man im Auge behalten muß. Was glauben Sie, wie die auf diesen Gedanken kommen?«
    »Wenn Sie wissen wollen, ob ich auf selten der Sinn Fein stehe, dann ja, das tue ich«, entgegnete Chambers. »Aber das trifft auf die halbe Bevölkerung von Kilburn zu, warum fahren Sie also nicht rüber und machen denen

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