08 - Im Angesicht des Feindes
Wie ich Evelyn bereits gestern nachmittag erklärte, habe ich keinerlei Grund, unsere gemeinsame Vergangenheit vor der Öffentlichkeit auszubreiten. Ich habe eine Frau und einen Sohn, die von Charlottes Existenz nichts wissen, und ich möchte gern, daß es so bleibt, egal, was Sie und Ihre Frau denken. Wenn Sie und Evelyn regelmäßiger miteinander sprächen, wüßten Sie vielleicht -«
Stone packte noch fester zu und riß Luxford herum.
Deborah sah, wie sich Luxfords Augen verengten. »Es geht hier nicht um Eve. Ziehen Sie Eve da nicht mit hinein.«
»Sie steckt doch schon mittendrin«, entgegnete Luxford.
»Wir sprechen schließlich von ihrer Tochter.«
»Und Ihrer.« Die Worte klangen wie eine Verwünschung. Stone ließ Luxfords Arm los, und der Redakteur ging um ihn herum zu seinem Schreibtisch. »Was ist das für ein Mensch, der ein Kind zeugt und sich dann einfach aus dem Staub macht, hm, Luxford? Was ist das für ein Mensch, der nicht bereit ist, die Verantwortung für seine Vergangenheit zu übernehmen?«
Luxford drückte auf einen Knopf an seinem Computerbildschirm und nahm ein Bündel Papiere zur Hand. Nachdem er sie durchgesehen hatte, legte er sie zur Seite und nahm sich die Korrespondenz vor. Er ergriff einen gefütterten braunen Umschlag, der unter den Briefen lag, und sah dann auf. »Ihnen geht es um die Vergangenheit, nicht wahr?« fragte er Stone. »Und überhaupt nicht um die Gegenwart.«
»Sie dreckiger Hurenbock -«
»Genau«, sagte Luxford. »Das ist der springende Punkt. Sagen Sie mir, Mr. Stone, worum geht es Ihnen in diesem Moment? Um Charlottes Verschwinden oder um die Tatsache, daß ich mit ihrer Mutter geschlafen habe?«
Stone stürzte vor. Deborah ebenfalls, selbst verblüfft über ihre blitzschnelle Reaktion. Stone erreichte den Schreibtisch und warf sich vorwärts, um Luxford zu packen. Deborah hängte sich an seinen linken Arm und riß ihn zurück.
Stone, der offensichtlich ihre Anwesenheit ganz vergessen hatte, wirbelte herum. Seine Faust war geballt. Sein Arm war angewinkelt. Er holte aus. Deborah wollte wegspringen, doch sie war nicht flink genug. Der Schlag traf sie seitlich am Kopf, und sie ging zu Boden.
Durch das Dröhnen in ihren Ohren hörte sie Fluchen. Dann Luxfords scharfe Stimme: »Schicken Sie sofort einen der Sicherheitsleute herauf. Sofort. Auf der Stelle.«
Sie sah Füße und Hosenbeine und hörte Stone sagen: »Um Gottes willen. Scheiße. Scheiße.«
Sie spürte eine Hand an ihrem Rücken und eine an ihrem Arm. Sie sagte: »Nein, nein, es ist schon gut. Wirklich. Ich bin ... es ist nichts ...«
Die Tür flog auf. »Den?« rief ein Mann. »Den? Lieber Himmel, kann ich was -«
»Verschwinden Sie!«
Die Tür flog wieder zu.
Deborah richtete sich auf. Sie sah, daß es Stone war, der ihr half. Sein Gesicht war aschfahl. Er sagte: »Mein Gott, das tut mir leid. Das wollte ich nicht. Das wollte ich wirklich nicht ... Um Himmels willen, was ist denn los?«
»Gehen Sie weg«, herrschte Luxford ihn an. »Verdammt noch mal, ich hab' gesagt, Sie sollen weggehen.« Er half Deborah auf die Füße, führte sie zum Sofa und kauerte vor ihr nieder, um sich ihr Gesicht anzusehen. »So was nennt man tätlichen Angriff«, sagte er zu Stone gewandt.
Deborah hob eine Hand, um die Worte abzuwehren. »Nein, nein. Bitte. Ich war ... ich bin dazwischengeraten. Er wußte offensichtlich nicht ...«
»Er weiß offensichtlich überhaupt nichts«, blaffte Luxford.
»Kommen Sie, lassen Sie sich ansehen. Haben Sie sich den Kopf angeschlagen?« Er schob seine Finger in ihre Haare und tastete behutsam ihren Kopf ab. »Tut es irgendwo weh?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie war vor allem erschrocken, auch wenn sie wahrscheinlich später Schmerzen bekommen würde. Und das Aufhebens um sie war ihr peinlich. Sie haßte es, im Mittelpunkt zu stehen - mit dem Hintergrund zu verschmelzen lag eher auf ihrer Linie -, und ihre unüberlegte Reaktion auf Stones plötzlichen Angriff hatte sie genau dahin geführt, wo sie nicht sein wollte. Sie nutzte den Moment, um zu sagen, was sie zu sagen hatte, da sie nicht glaubte, daß Alexander Stone innerhalb von fünf Minuten zweimal durchdrehen würde. »Ich bin eigentlich nur gekommen, weil ich eine Schriftprobe von Ihnen haben wollte«, erklärte sie Luxford.
»Eine Probe Ihrer Druckschrift. Es ist eine reine Formalität, aber mein Mann möchte ... er möchte sie sich nur einmal ansehen.«
Luxford nickte kurz. Er schien nicht im geringsten
Weitere Kostenlose Bücher