Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
Fotografen, es war daher nichts Ungewöhnliches, wenn jemand mit einer Serie aufsehenerregender und potentiell peinlicher Schnappschüsse dieser oder jener öffentlichen Person - etwa von einem Mitglied der königlichen Familie in einer unköniglichen Pose oder von einem Politiker, der irgendeinen würdelosen Rabatz veranstaltete - hier erschien. Aber Leute, die ihre Bilder an den Mann bringen wollten, verhandelten gewöhnlich nicht mit dem Chefredakteur der Zeitung. Sie bekamen ihn meist gar nicht zu Gesicht und verhökerten ihr Zeug an den Bildredakteur oder einen seiner Assistenten.
    Was bedeutete es also, daß Luxford die Rothaarige höchstpersönlich in sein Büro geführt hatte? Nein, er hatte sie nicht hineingeführt, er hatte sie praktisch hineingestoßen und dafür gesorgt, daß niemand eine Chance hatte, mit ihr zu reden. Und genauso war er mit dem feindseligen Kerl verfahren. Wer war der nun wieder?
    Da er es gewesen war, der die Rothaarige mit einem sauberen Schlag auf die Matte geschickt hatte, konnte Rodney nur vermuten, daß er mit allen Mitteln eine Veröffentlichung ihrer Fotos verhindern wollte. Was wiederum nahelegte, daß er eine bekannte Persönlichkeit war. Aber wer? Er sah gar nicht danach aus. Er sah eher wie ein rechter Niemand aus. Das konnte eigentlich nur heißen, daß er auf den Fotos mit einem Jemand abgebildet war, dessen Ruf und Ehre er schützen wollte.
    Ein erquicklicher Gedanke, das. Vielleicht waren die Zeiten der Ritterlichkeit doch noch nicht vorbei. Dann mußte man sich allerdings fragen, wie der feindselige Kerl dazu kam, eine Frau niederzuschlagen. Von Rechts wegen hätte er Luxford niederschlagen müssen.
    Rodney hatte den guten Den seit seinem heimlichen Stelldichein bei Harrod's im Auge behalten. Er war am vergangenen Abend in der Redaktion geblieben und hatte Luxfords Nerven damit strapaziert, daß er ungefähr jede Stunde bei ihm ins Büro geschaut und sich besorgt erkundigt hatte, wann denn die morgige Ausgabe in Druck gehen würde. Zweimal sagte ihm Luxford, er solle nach Hause gehen, aber Rodney blieb, alle Antennen ausgefahren, um dahinterzukommen, warum Luxford die Drucklegung bis zur letzten Minute hinausschob. Es war schließlich seine Pflicht, sich um die Dinge zu kümmern. Wenn Luxford langsam, aber sicher durchdrehte - und es hatte ganz den Anschein -, mußte doch jemand dasein, der die Scherben zusammenfegte, wenn alles in die Brüche ging.
    Rodney sagte sich, der Aufschub könne nur mit dem Rendezvous bei Harrod's zu tun haben. Er mußte es zunächst völlig falsch verstanden haben. Seine ursprüngliche Vermutung, daß Luxford mit dieser Frau herumbumste, hatte er fallenlassen, als Luxford unmittelbar nach dem Stelldichein angeordnet hatte, mit dem Druck noch zu warten.
    Das Treffen konnte nur mit einer Story zu tun haben. Das ergab - mal abgesehen von dem Moment flüchtiger körperlicher Berührung im Restaurant - auch viel mehr Sinn als eine außereheliche Affäre. Luxford konnte schließlich jederzeit - morgens, mittags, abends - mit der fabelhaften Fiona seine Lust ausleben. Die Frau in Harrod's war nicht übel gewesen, aber im Vergleich zu der Glamour-Gattin war sie eine Maus.
    Außerdem gehörte sie der Regierung an; das machte es noch wahrscheinlicher, daß sie eine Geschichte zu erzählen hatte. Wenn das zutraf, mußte es eine echte Bombe sein, irgendwas über die obersten Chargen, den Schatzkanzler, den Innenminister, vielleicht sogar den Premierminister persönlich. Und die größte Sprengkraft hatten im allgemeinen die Storys, bei denen es um den Beischlaf hoher Staatsbeamter mit Damen des niederen Volkes ging, vor allem, wenn geheime Informationen über die nationale Sicherheit Teil des Vor- oder Nachspiels waren. Ganz logisch eigentlich, daß eine weibliche Angehörige der Regierung, deren feministisches Blut über die kaltblütige Ausbeutung ihrer Schwestern in Wallung geraten war, beschlossen hatte, Alarm zu schlagen. Wenn sie im Begriff war, eine wichtige Persönlichkeit bloßzustellen, wenn sie ihre Sicherheit und Anonymität gewahrt wissen wollte und noch dazu die Möglichkeit hatte, den Leiter einer Zeitung anzusprechen, warum die Story dann nicht direkt in seine Hände legen?
    Klar. Klar. Hatte nicht Luxford wie ein Wilder auf der Tastatur seines Computers herumgehackt, als Rodney gestern von Harrod's zurückgekommen war? Und weshalb hätte er die Drucklegung der Zeitung hinausschieben sollen, wenn nicht, um auf eine Bestätigung seiner

Weitere Kostenlose Bücher