08 - Old Surehand II
Quadratzoll der Umgegend ab, wurden aber getäuscht, da die Spur der Mexikaner weiter führte. Daß diese seitwärts einen Bogen geschlagen hatten und zurückgeritten waren, das wußten sie nicht. Sie ritten vorüber und verschwanden hinter den Steinen.
Nach einigen Minuten hörte man erneutes Pferdegetrappel. Die übrigen kamen. Sie ritten unbesorgt heran, da sie ihre Kundschafter vor sich wußten. Als der letzte von ihnen in der Schlucht erschienen war, streckte der Apache sein Gewehr vor.
„Feuer!“ kommandierte der Deutsche.
Die Büchsen krachten, die des Deutschen und des Apachen zweimal, ebenso viele Feinde stürzten von den Pferden. Die andern stockten einige Augenblicke. Sie wußten nicht, sollten sie fliehen oder den verborgenen Feind angreifen. Sie blickten rings umher und gewahrten endlich den Pulverdampf oben auf der Höhe.
„Nlate tki – dort sind sie!“ rief einer, mit der Hand empor deutend.
So kurz diese Pause war, die Unentschlossenheit der Wilden hatte den Weißen Zeit gegeben, schnell wieder zu laden. Ihre Schüsse krachten von neuem, und die Zahl der Gefallenen verdoppelte sich. Nun gab es für die wenigen Verschonten kein Halten mehr. Sie rissen die Pferde herum und flohen in gestreckten Galopp davon.
„Der Komantsche ist ein Feigling!“ meinte der Apache stolz.
Er stieg langsam die Stellung nieder, um sich die Skalpe der vier von ihm erschossenen Feinde zu holen. Auch die anderen folgten, um sich der Waffen und reiterlosen Pferde zu bemächtigen. Nach einem Aufenthalt von einer Viertelstunde konnte der Weg wieder fortgesetzt werden.
„Nun werden wir für alle Zeiten sicher sein“, meinte Emma.
„Glauben Sie das nicht, Señorita!“ sagte Helmers.
„Nicht? Ich dachte, die Lehre, die wir ihnen gegeben haben, sei hart genug!“
„Gerade deshalb werden sie auf Rache sinnen. Sehen Sie, daß der Apache da links hinüber blickt?“
„Ja. Was will er?“
„Dorthin führt die Fährte der beiden Späher, welche geflohen sind. Sie werden die Übriggebliebenen treffen und uns folgen, bis sie wissen, wo wir sind und wo wir bleiben. Dann kehren sie um und holen genug Krieger, um die Hacienda zu überfallen.“
„O, die Hacienda ist fest. Sie ist eine kleine Festung.“
„Ich kenne diese Art von Meiereien oder Gutshöfen. Sie sind aus Stein gebaut und gewöhnlich mit Palisaden umgeben. Was aber hilft das gegen einen Feind, der unvermutet kommt?“
„Wir werden wachen.“
„Tun Sie das!“
„Und Sie mit. Ich will doch hoffen, daß Sie unser Gast sein werden!“
„Ich muß sehen, was ‚Bärenherz‘ sagt. Von ihm kann ich mich nicht trennen.“
„Er wird bleiben!“
„Er ist ein Freund der Freiheit. Er hält es in einem Gebäude nie längere Zeit aus.“
Es ging in munterer Schnelligkeit vorwärts, bis sie einen breiten Wasserlauf erreichten. Der Apache folgte demselben, bis das Flüßchen einen Bogen bildete. Hier hielt er an.
„Hier sicher?“ fragte er Helmers in seiner kurzen Weise.
Der Gefragte musterte mit prüfendem Blick die Umgebung und nickte dann zustimmend.
„Hier ist's gut“, sagte er. „Von drei Seiten schützt uns der Fluß, und die vierte können wir recht gut bewachen. Steigen wir also ab!“
Sie sprangen alle von den Pferden und richteten das Lager vor. Innerhalb des Dreiviertelkreises, den der Fluß bildete, und hart am Ufer desselben kamen die Pferde zu stehen; dann kam das Feuer, um das sich die Gesellschaft lagerte, und die vierte, die Landseite, wurde von Büschen abgeschlossen, in die sich eine Wache legte.
Helmers richtete für Emma aus Zweigen und Laub ein weiches Lager vor; ‚Bärenherz‘ tat dasselbe mit der Indianerin. Es war dies von Seiten des Apachen eine ganz und gar ungewöhnliche Auszeichnung, denn kein Wilder läßt sich herbei, eine Handreichung zu leisten, welche die Frau oder das Mädchen selbst tun könnte.
Nachdem man die Ereignisse des Tages ausführlich besprochen hatte, wozu jedoch der Apache kein Wort sagte, legte man sich zur Ruhe. Es war Anordnung getroffen, daß jeder drei Viertelstunden wachen sollte. ‚Bärenherz‘ und Helmers hatten die letzten Wachen übernommen, da die Zeit kurz vor Beginn des Tages die gefährlichste ist, weil da die Wilden ihre Angriffe am liebsten zu unternehmen pflegen.
Doch verging die Nacht ohne Störung. Am Morgen brach man mit erneuten Kräften auf. Während des Weiterrittes ließen sich die Komantschen nicht wieder sehen; man kam nach und nach in kultivierte Gegenden und
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