08 - Old Surehand II
seines dadurch eingetretenen Übermuts die Unklugheit, zu ihr zu sagen: „Soeben habe ich Arbellez gesagt, daß ich abreise.“
„Wohin?“ fragte sie.
„Nach Mexiko.“
„Und der Schatz?“
„Den hole ich mir natürlich vorher. Ich habe eine ganze Menge von Arrieros mit Maultieren bereitgehalten, mit denen ich jetzt nach dem Berg El Reparo reite, um die Schätze aufzuladen. Von dort aus geht es sofort nach Mexiko.“
„Wann kommst du wieder?“
„Nie.“
„Nie?“ fragte sie erstaunt. „So wirst du mich von hier abholen lassen?“
„Nein.“
„Auch nicht? So soll ich dich in der Hauptstadt aufsuchen?“
„Das müßte ich mir sehr verbitten. Hast du denn wirklich geglaubt, Gräfin von Rodriganda werden zu können? Hast du mich wirklich für so albern, für so wahnsinnig gehalten, daß ich eine Indianerin, eine Rote, zu meiner Frau mache?“
Sie sah ihn erschrocken an und fragte stammelnd: „So – so – hast du – mich betrogen?“
„Das ist ein Ausdruck, den ich ernstlich zurückweisen muß. Ein Graf betrügt nie; ich habe dich nur ein wenig überlistet. Der Schatz ist mein, und wenn du einen Mann haben willst, so suche ihn dir unter deinesgleichen!“
Nach diesen in höhnisch stolzem Ton gesprochenen Worten entfernte er sich. Karja stand eine ganze Weile starr und stumm und wankte dann ganz fassungslos nach ihrem Zimmer. Es dauerte lange, lange, ehe sie richtig zu denken vermochte. Er hatte sie betrogen und war jetzt fort, um die Schätze zu holen! Er durfte sie nicht bekommen, nein, nein, nein! Sie mußte ihn hindern; aber wie? Der richtige Weg war, ihrem Bruder alles zu gestehen; der mußte sofort nach dem Berg aufbrechen und den Raub unmöglich machen. So schwer ihr dieses Geständnis werden mußte, sie zögerte nicht. Der Graf war ein Betrüger, ein Halunke; er hatte ihr durch Lügen das Geheimnis entlockt; es mußte aber gerettet und gewahrt bleiben, und das war durch seinen Tod möglich. Ja, sterben mußte er! Jetzt war sie nur noch Indianerin, eine betrogene Indianerin, die ihr Herz für ewig zum Schweigen bringt und nun weiter nichts als nur die Rache kennt. Sie sprang blitzenden Auges von ihrem Sitz auf und eilte fort, um den Bruder zu suchen. Sie lief durch den Hof in den Garten, hinaus auf die Weide; sie suchte in allen Räumen des Hauses, die ihm zugänglich waren – vergebens. Da wurde ihr himmelangst, und sie kehrte in den Speisesaal zurück, wo Arbellez mit Emma und dem Apachen saß. Auf ihre erregte Frage bekam sie von dem Haziendero die Antwort: „Ich weiß nicht, wo er ist. Aber was hast du, was ist mit dir? Du bist ja ganz außer dir!“
„Es steht ein Unglück bevor, ein großes Unglück! Mein Bruder muß augenblicklich fort.“
„Wohin?“
„Nach El Reparo!“
„Warum?“
„Der Graf ist hin, um zu stehlen!“
„Zu stehlen?“ fragte da Emma betroffen. „Etwa den Königsschatz?“
„Ja“, antwortete Karja, ohne daran zu denken, daß sie damit ihr Geheimnis verriet.
„O Gott, das gibt allerdings ein Unglück, denn dein Bruder ist mit Señor Helmers auch hin! Er will ihm den Königsschatz zeigen und hat es ihm erlaubt, es mir zu sagen.“
„Mein Himmel! Da wird es Mord und Totschlag geben!“ rief Arbellez.
Es gab eine Aufregung, bei welcher nur der Apache kalt blieb. Er besann sich auf seinen heutigen Ritt und sagte: „Ich habe heut Männer mit Säcken und Kisten gesehen. Sollte das mit dem Schatz zusammenhängen? Vielleicht sollen sie ihn für den Grafen fortschaffen! Woher aber kennt er das Geheimnis des Schatzes?“
„Ich habe es ihm verraten“, gestand Karja in ihrer Angst. „Waren es viele Männer, die du gesehen hast?“
„Ja.“
„Wieviel?“
„Zweimal fünf und acht.“
„Waren sie bewaffnet?“
„Sehr gut. Und sie hatten von den Waffen Gebrauch gemacht, denn zwei von ihnen waren erschossen.“
„O, das ist Gefahr, das ist Gefahr!“ rief da die Indianerin. „Der Graf, der Lügner, der Verräter, will den Schatz der Könige stehlen. Er wird Señor Helmers und meinen Bruder dort finden und töten. Señor Arbellez, blast in das Nothorn. Laßt Eure Vaqueros und Ciboleros kommen. Sie müssen nach der Höhle des Schatzes, um die zwei zu retten!“
Jetzt gab es ein Wirrwarr von Fragen und Antworten, bei dem wieder nur der Apache seine Ruhe behauptete. Er hörte die einzelnen Fragen und Entgegnungen und sagte dann: „Wer weiß, wo die Höhle liegt?“
„Ich“, antwortete Karja. „Ich werde Euch führen!“
„Kann
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