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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Berg El Reparo vor sich, dessen schroffer Hang zumeist mit Eisenbäumen bestanden war. Ganz am Fuß desselben trat ein Wasser aus dem Felsen, welches sofort wenigstens drei Fuß breit und vier Fuß tief war.
    „Dies ist der Eingang?“ fragte er.
    „Ja“, antwortete ‚Büffelstirn‘. „Aber noch treten wir nicht hinein. Wir wollen erst die Pferde verstecken. Der Besitzer eines Schatzes muß vorsichtig sein.“
    Sie führten die Pferde längs des Berges hin, bis der Indianer ein Gebüsch auseinanderbog. Hinter demselben befand sich eine enge, niedrige Schlucht, wo die Tiere Platz fanden. Dann kehrten sie an den Bach zurück, wo sie nach Indianerart ihre Spuren verwischten, bis sie an den Felsen gelangten, aus dessen Öffnung das Wasser floß.
    „Nun komm!“ sagte ‚Büffelstirn‘. – Mit diesen Worten stieg er in das Wasser, zwischen dessen Oberfläche und dem Felsen ein Fuß tief Raum war, so daß man mit dem Kopf hindurchgelangen konnte. Die Kleider wurden freilich naß. Sie kamen nun in einen dunklen Raum, dessen Luft trotz des Baches außerordentlich trocken war.
    „Reiche mir deine Hand!“ sagte der Indianer. Er führte ihn aus dem Wasser heraus auf das Trockene und befühlte dann seinen Puls.
    „Dein Herz ist stark“, sagte er. „Ich darf die Fackel anbrennen.“ Er ging einige Schritte von Helmers fort. Ein matter, phosphorischer Blitz durchzuckte den Raum, ein lautes Prasseln ertönte, und dann flammte eine Fackel auf. Aber, was ging nun vor! Nicht die eine, sondern tausende von Fackeln schienen zu brennen. Als befände sich der Deutsche inmitten einer ungeheuren, Gold und Demant blitzenden Sonne, so strahlten Millionen von Lichtern und Reflexen in sein geblendetes Auge, und in dieses unendliche Schimmern, Schillern und Brillieren hinein erklangen die Worte des Indianers: „Das ist die Höhle des Königsschatzes! Sei stark, und halte deine Seele fest!“
    Es verging eine geraume Zeit, ehe der Deutsche seine Augen an diese Pracht gewöhnen konnte. Die Höhle bildete ein sehr hohes Viereck von vielleicht sechzig Schritten in der Länge und Breite, durch welches der mit Steinplatten bedeckte Bach floß. Sie war vom Boden an bis hinauf an die gewölbte Decke angefüllt mit Kostbarkeiten, deren Glanz allerdings die Sinne auch des nüchternsten Menschen verwirren konnte.
    Da gab es Götterbilder, welche mit den kostbarsten Edelsteinen geschmückt waren, besonders die Bilder des Luftgottes Quetzalcoatl, des Schöpfers Tetzkatlipoka, des Kriegsgottes Huitzilopochtli und seiner Gemahlin Teoyaniqui, nebst seines Bruders Tlakahuepankuexkotzin, der Wassergöttin Chalchiukueja, des Feuergottes Ixcozauhqui und des Weingottes Cenzontotochtin. Hunderte von Hausgötterfiguren standen auf Wandbrettern; sie waren entweder aus edlen Metallen getrieben oder in Kristall geschliffen. Dazwischen standen goldene Kriegspanzer von ungeheurem Wert, goldene und silberne Gefäße, Schmucksachen in Demant, Smaragden, Rubinen und Edelsteinen. Opfermesser, deren Griffe, die funkelnden Steine nicht gerechnet, nur einen Altertumswert nach Hunderttausenden hatten, Schilde von starken Tierhäuten, mit massiven Goldplatten besetzt. Von dem Mittelpunkt der Decke hing gleich einem Lüster eine Königskrone; sie hatte die Gestalt einer Mütze, war aus massivem Golddraht und ganz ausschließlich mit Diamanten besetzt. Ferner sah man da ganze Säcke voll Goldsand und Goldstaub, Kisten, die mit Nuggets angefüllt waren, welche die Größe einer Erbse bis zu der eines Hühnereies hatten. Man sah ganze Haufen gediegenes Silber, gleich in großen Stücken aus zu Tage getretenen Adern gebrochen. Auf köstlichen Tischen standen leuchtende Modelle der Tempel von Mexiko, Cholula und Teotihuakan, der prachtvollen Mosaiken von Muscheln, Gold und Silber, Edelsteinen und Perlen gar nicht zu denken, welche am Boden und in den Ecken lagen.
    Der Anblick dieser Reichtümer brachte auf den Deutschen einen wahrhaft berauschenden Eindruck hervor. Es war ihm, als sei er ein Märchenprinz aus ‚Tausend und eine Nacht‘. Er gab sich Mühe, ruhig zu bleiben, aber es gelang ihm nicht. Er fühlte das Blut an seinen Schläfen pochen, und es war ihm, als ob große Feuer- und leuchtende Demanträder vor seinen Augen wirbelten. Es kam eine Art von Rausch über ihn, und in demselben sah er ein, daß solche Reichtümer eine Macht ausüben, ein wahnsinniges Verlangen erwecken können, welches selbst vor dem fürchterlichsten Verbrechen nicht zurückschrecken

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