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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wiederholte seine Frage.
    „Frag', sooft du willst; eine Antwort bekommst du nicht“, erklärte sie.
    „Ganz nach Belieben!“ lächelte er. „Ein großer Teil ist natürlich fort; die Frau de Voulettre hat jedenfalls kostspielige Bedürfnisse gehabt; das übrige aber ist hier an Bord, ich kenne dich.“
    „Such es!“
    „Das werde ich tun. Und finde ich nichts, so gibt es Mittel, dich zum Sprechen zu bringen. Jean!“
    „Kapitän?“
    „Das Frauenzimmer bleibt gefesselt wie bisher und erhält ihren Platz in meiner eignen Koje. Ihr Wärter bin nur ich; kein andrer hat bei ihr Zutritt, auch du nicht, und wer den kleinsten Versuch macht, mit ihr zu verkehren, bekommt die Kugel. Übrigens darf außer dir kein andrer wissen, wo sie sich befindet. – Jetzt bring die frühere Mannschaft des ‚l'Horrible‘ einzeln an Deck. Ich werde sehen, was aus den Leuten zu machen ist!“
    Jean ging. Sanders zog seine Gefangene in die Nebenkoje und verdoppelte hier ihre Fesseln. Er wußte, daß er die Wahrheit gesagt habe: sie hatte keine Macht mehr über ihn. – – –
    Sam Fire-gun hatte sich nach den abgehenden Passagierschiffen erkundigt; es ging heute keins in See, auch morgen nicht. Bei dieser Gelegenheit hörte er den Namen des ‚l'Horrible‘ nennen. Er wußte, daß dies das Schiff des ‚Schwarzen Kapitäns‘ gewesen war, und nahm an, daß dieser, also Sanders, wohl auch erfahren habe, daß der ‚l'Horrible‘ hier im Hafen liege. Gewiß übte das eine starke Anziehungskraft auf ihn aus, und so stellte sich Sam Fire-gun so auf, daß er jeden Menschen sehen konnte, der auf dieses Schiff ging oder von ihm kam.
    Es war Abend geworden; es wurde zehn Uhr und noch später. Sam Fire-gun ging immer noch am Quai auf und ab, um sich keines der abstoßenden Boote entgehen zu lassen. Diese Aufgabe war für eine einzelne Person eine schwierige, wo nicht unmögliche, und in Wirklichkeit wurde auch gar mancher Kahn vom Lande gerudert, ohne daß der aufmerksame Trapper die rechte Zeit fand, den oder die Insassen desselben zu mustern. Es herrschte ringsum tiefe Dunkelheit, welche die Straßenlaternen und Schiffslichter nur spärlich zu durchdringen vermochten, und Fire-gun stand am Ufer, um von dem anhaltenden Patrouillengang ein wenig zu verschnaufen, als grad zu seinen Füßen der Führer eines unbesetzten Bootes bei den zu dem Wasser führenden Stufen anlangte.
    „Good evening, Mann, wo kommt Ihr her?“ fragte er ihn.
    „Von draußen.“
    „Von welchem Schiff?“
    „Von keinem.“
    „Von keinem? Wart Ihr allein spazieren?“
    „Fällt mir nicht ein!“ antwortete der Schiffer, neben ihm stehenbleibend und seine vom Ruder angegriffenen Arme dehnend.
    Der Trapper wurde aufmerksam.
    „So habt ihr jemand gefahren?“
    „Wird wohl nicht anders sein, Master.“
    „Aber bei keinem Schiff angelegt und kommt leer zurück. Habt ihr ihn ersäuft?“
    Der Schiffer lachte.
    „So ähnlich. Aber wartet noch einige Stunden mit Euren Fragen, dann will ich sie Euch beantworten.“
    „Warum denn nicht eher?“
    „Weil ich nicht darf.“
    „Und warum dürft Ihr nicht?“
    „Weil ich's versprochen hab'.“
    Der Mann schien Wohlgefallen daran zu finden, sich nach etwas fragen zu lassen, worüber er nicht bereit war, Auskunft zu erteilen. Der Jäger aber wurde von einem unbestimmten Gefühl getrieben, weiter zu forschen:
    „Und warum habt Ihr dies versprochen?“
    „Weil, weil – hört, Mann, Ihr fragt verteufelt dringlich – weil sich ein jeder gern ein Trinkgeld geben läßt.“
    „Ah so! Also eines Trinkgeldes wegen dürft Ihr nicht sagen, wen Ihr gefahren habt??“
    „So ist's.“
    „Und Ihr werdet es dennoch sagen, wenn ich Euch ein besseres Trinkgeld gebe?“
    Der Schiffer warf einen ungläubigen Blick auf das zerfetzte, lederne Habit des anderen.
    „Ein besseres? Wird Euch schwer werden!“
    „Wieviel bekamt Ihr?“
    „Meinen Lohn und einen Dollar obendrein.“
    „Bloß?“
    „Was, bloß? Euch fallen wohl die Dollars durch den zerrissenen Jagdrock in die Tasche?“
    „Dollars? Nein. Geld habe ich nicht, aber Gold.“
    „Wirklich? Das ist ja noch besser als Geld!“
    Der Fischer wußte aus Erfahrung, daß mancher abgerissene Mineur mehr bei sich trug, als hundert Stutzer miteinander besitzen.
    „Meint Ihr? Da seht Euch einmal dies Nugget an!“
    Sam Fire-gun trat unter eine Laterne und zeigte dem Fischer ein Stück Waschgold, welches er aus der Tasche gezogen hatte.
    „Alle Teufel, Master, das Stück ist

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