Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
beinahe kreischend.
    „Sanders!“ nickte dieser mit ruhigem, überlegenen Lächeln.
    „Nicht möglich! Sein Geist – sein – sein –“
    „Papperlapapp! Glaubt der Segelmeister des ‚l'Horrible‘ an Geister?“
    „Aber wie – wo – wann – wie kommst du nach Francisco und wie hier an Bord?“
    „Das Wie werde ich dir später erklären; das Warum aber weißt du wohl?“
    „Nichts, gar nichts weiß ich!“
    „Auch von meiner Kasse weißt du nichts, die verschwunden war, als du es vorzogst, mich als elendes Wrack in New York liegen zu lassen?“
    „Nichts.“
    „So! Leider bin ich in der glücklichen Lage, mit vollständigen Beweisen vor dir zu stehen. Aber zunächst wollen wir dem Augenblick Rechnung tragen. Du hast den ‚l'Horrible‘ entführt.“
    Sie schwieg.
    „Und dir dazu Leute angeworben –“
    Sie schwieg auch jetzt.
    „Denen du versprachst, daß der ‚Schwarze Kapitän‘ die Führung übernehmen werde.“
    Sie rang sichtlich noch unter dem Schreck, den ihr sein Erscheinen verursacht hatte.
    „Um dir Gelegenheit zu geben, dein Wort zu halten, bin ich schon vor euch an das Schiff geschwommen und habe mich an den Sorglienen und Puttingen versteckt, bis ich es an der Zeit fand, mich dir vorzustellen. Du bist wahrhaftig ein ganz verteufeltes Frauenzimmer, wenn auch der rote Agent ein wenig häßlicher sah, als Frau de Voulettre; und weil du seine Sache so gut gemacht hast, werde ich dir, allerdings nur für einstweilen und bis wir abgerechnet haben, deine frühere Stellung als Segelmeister wieder einräumen. Tu' also immerhin den Bart herab; er ist dir lästig und den ‚Schwarzen‘ kannst du ja doch nicht imitieren.“
    Er hatte in einem ruhigen, überlegenen Ton gesprochen, der ihr das Blut in die Wangen trieb und ihre Augen katzenartig erfunkeln ließ.
    „Segelmeister, ich? Und wenn ich dich nun nicht kenne?“ zischte sie.
    „So kennt mich der lange Tom und Jean Letrier. Sie hängen beide mehr an mir, als an dem grausamen Panther, der sich ‚Miß Admiral‘ nannte.“
    „Jean Letrier? Wo ist er?“
    „Hier an Bord. Er kam mit mir und spricht oben mit dem langen Tom, um ihm zu sagen, daß ich wirklich anwesend bin.“
    „Es wird dir und ihm nichts helfen“, raunte sie ihm grimmig entgegen. „Der ‚l'Horrible‘ ist ein Piratenschiff und ich bin sein Kapitän. Wer ohne meine Erlaubnis seine Planken betritt, der büßt es mit dem Tod!“
    Sie riß den Revolver von der Seite und schlug auf ihn ein. Ein blitzschneller Schlag seines Armes schleuderte ihr die Waffe aus der Hand; dann faßte er sie bei den Schultern und drückte ihre schlanke geschmeidige Gestalt an die Wand, als sei sie daran genagelt.
    „‚Miß Admiral‘, hör', was ich dir ein für allemal sage! Ich werde mit dir abrechnen und hätte dich trotzdem bis auf weiteres in deiner einstigen Stellung als zweiter Offizier gelassen. Doch du hast meinen Tod gewollt, und mein Leben stand in Gefahr, solang ich dir vertraute. Ich bin Kapitän meines Schiffes, und du – du wirst unschädlich gemacht!“
    Ein fürchterlicher Schlag seiner geballten Faust traf ihren Schädel, so daß sie, wie vom Blitz erschlagen, augenblicklich leblos zusammenbrach. Er fesselte sie mit denselben Stricken, mit denen ihr Koffer eingeschnürt gewesen war, und stieg dann nach oben.
    Der Morgen war jetzt vollständig hereingebrochen, so daß man mit einem Blick die Situation zu übersehen vermochte. Die Mannen hatten sich alle am Deck versammelt und einen Kreis um den langen Tom und Letrier gebildet, welche ihnen zu erzählen schienen. Da fiel der Blick des letzteren auf Sanders. Er sprang vor, schwenkte den Südwester und schrie:
    „Da ist er, ihr Leute. Vivat, der ‚Schwarze Kapitän‘!“
    Die Hüte flogen in die Luft; der Ruf wurde von jeder Kehle wiederholt.
    Sanders winkte ihnen gnädig zu und trat mit stolzem Schritt in ihre Mitte. In kurzer Zeit war allen der Eid abgenommen und jeder erhielt ein hoch bemessenes Seegeld. Die Waffen und Wachen wurden verteilt, die Schiffsordnung einstweilen mündlich bestimmt, und als das alles in Ordnung war, begab sich der Kapitän mit Letrier wieder in seine Kajüte, um nach der ‚Miß Admiral‘ zu sehen.
    Die Besinnung war ihr wiedergekehrt, doch schloß sie sofort die Augen, als sie ihn eintreten sah. Er bog sich über sie und fragte:
    „Wo ist das Geld, welches du mir raubtest?“
    Ihre Lider öffneten sich; ein haßerfüllter Strahl schoß zwischen ihnen hervor auf den Fragenden.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher