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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in die Gefahr bringen, von Pauken und Trompeten vollständig ruiniert zu werden, während unser Herrgott da draußen im Rauschen des Urwaldes und in den geheimnisvollen Stimmen der Wildnis jedem, der einen Sinn dafür hat, ein Konzert bietet, gegen welches eure Geigen und Trommeln nicht aufkommen können? Soll ich mich in ein Theater setzen, meine Nase in die dort herrschenden Moschus- und Patschilidüfte stecken und mir ein Stück vorspielen lassen, welches meine Gesundheit untergräbt, weil ich mich darüber entweder krank lachen oder krank ärgern muß? Soll ich mir eine Wohnung mieten, in welcher kein Wind wehen und kein Regentropfen fallen darf? Soll ich mich in ein Bett legen, über welchem es keinen freien Himmel, keine Sterne und keine Wolken gibt, und wo ich mich so in die Federn wickle, daß ich mir selbst wie ein halber Vogel vorkomme? Nein! Geht mir mit Eurem Osten und seinen Genüssen! Die einzigen und wahren Genüsse finde ich im wilden Westen, und für die hat man nichts zu bezahlen. Darum braucht man dort weder Gold noch Geld, und Ihr könnt Euch denken, wie ärgerlich es ist, ein reicher Kerl zu sein, dem sein Reichtum aber nicht den geringsten Genuß oder Nutzen bringt. Da haben wir denn nachgedacht, was wir mit unserem Geld, welches wir nicht brauchen, machen sollen. Wir haben uns darüber monatelang den Kopf zerbrochen, bis Pitt Holbers endlich auf einer sehr guten, auf einen vortrefflichen Gedanken gekommen ist. Nicht wahr, Pitt, altes Coon?“
    „Hm, wenn du wirklich denkst, daß er vortrefflich ist, so will ich dir beistimmen. Du meinst doch meine alte Tante?“
    „Ob sie eine Tante ist oder nicht, das bleibt sich gleich; aber dieser Gedanke wird ausgeführt. Pitt Holbers hat nämlich schon als Kind seine Eltern verloren und wurde von einer alten Tante erzogen, der er aber davongelaufen ist, weil die Methode, mit der sie ihn erzog, für ihn sehr schmerzlich war. Es gibt, wie ihr alle zugeben werdet, Mesch'schurs, Gefühle, die man sich nicht abgewöhnen kann, besonders wenn sie von Tag zu Tag mit Hilfe von Stockhieben und Backpfeifen immer wieder von neuem aufgefrischt werden. Solche schmerzlichen Gefühle waren es, denen sich Pitt Holbers durch die Flucht entzog. Er hielt nämlich in seiner jugendlichen Weisheit die Erziehungsmethode der alten Tante für zudringlicher, als sie in Beziehung auf gewisse, sehr empfindliche Körperteile eigentlich zu sein brauchte. Jetzt aber ist ihm der Verstand gekommen, und er hat eingesehen, daß er eigentlich noch viel mehr Hiebe hätte bekommen sollen. Die gute Tante erscheint ihm jetzt nicht mehr in der Gestalt eines alten Drachens, sondern als eine liebevolle Fee, die seinen äußeren Menschen mit dem Stock frottierte, um seinen inneren glücklich zu machen. Diese Überzeugung hat in ihm das Gefühl der Dankbarkeit hervorgerufen und zugleich die Idee erweckt, nachzuforschen, ob die Tante noch am Leben ist. Ist sie tot, so leben wahrscheinlich Nachkommen von ihr, denn sie hatte neben dem Neffen selbst auch Kinder, welche ganz nach derselben Methode erzogen wurden und darum ganz gewiß verdienen, jetzt glückliche Menschen geworden zu sein. Zu diesem Glück wollen wir ihnen verhelfen. Die Tante soll, wenn wir sie finden, unser Geld bekommen, auch das meinige, denn ich brauche es nicht, und es ist ganz egal, ob sie meine oder seine Tante ist. Nun wißt ihr also, Mesch'schurs, warum ihr uns hier an der Grenze des Ostens seht. Wir wollen die gute Fee von Pitt Holbers aufsuchen, und weil man vor den Augen eines solchen Wesens unmöglich so erscheinen darf, wie wir im Urwald herumlaufen, haben wir unsere geflickten Leggins und Jagdröcke abgeworfen und uns diese schönen grünen Anzüge zugelegt, weil sie uns an die Farbe der Prärie und der grünenden Buschwoods erinnern.“
    „Und wenn Ihr nun die Tante nicht findet, Sir?“ fragte Treskow.
    „So suchen wir ihre Kinder und geben ihnen das Geld.“
    „Und wenn nun die auch tot sind?“
    „Tot? Unsinn! Die leben noch! Kinder, welche nach einer solchen Methode erzogen werden, die haben ein zähes Leben und sterben nicht so leicht.“
    „So habt Ihr wohl Euer Geld mit?“
    „Yes.“
    „Aber doch wohl gut verwahrt, Mr. Hammerdull? Ich frage das nämlich, weil ich weiß, daß es Westmänner gibt, welche in Beziehung auf das Geld eine oft geradezu naive Arglosigkeit zeigen.“
    „Ob arglos oder nicht, das bleibt sich gleich; wir haben es so gut verwahrt, daß es auch dem pfiffigsten Spitzbuben unmöglich

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